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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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bedeute, daß die Art der Tötung nicht auf die familiären, sondern viel eher auf die geschäftlichen Aktivitäten des Opfers verweisen sollte. Der Mann sei ja glücklicherweise alles andere als der koschere Typ.
    »Solche Leute«, wendete Anna ein, »werden von Profis umgebracht.«
    »Sie sind ein Profi. Vergessen?«
    »Ach je. Ein Profi also, ohne noch einen einzigen Auftrag erfüllt zu haben.«
    »Das stört nicht, glauben Sie mir. Profi ist man von Anfang an oder niemals.«
    »Ich frage mich, ob Sie mir eine Falle stellen.«
    »Das wäre möglich. Diese Befürchtung kann ich Ihnen nicht nehmen. Fallen werden gestellt, ununterbrochen, selbst von den nettesten Leuten.«
    »Sie sind nicht nett.«
    »Was wiederum für mich spricht. Also, Anna, wären Sie bereit, diese Sache zu erledigen?«
    »Sie meinen, diesen Menschen zu erledigen.«
    »Wie auch immer Sie es ausdrücken möchten.«
    »Der Betrag muß stimmen. Ein Betrag, den ich dann als Eigenkapital bezeichnen kann, ohne daß man mich auslacht.«
    »Ich werde mit unserer Auftraggeberin sprechen und ihr erklären, worum es geht und wie sehr Ihnen dieses Haus am Herzen liegt.«
    »Ist das klug, einer Klientin gegenüber so offen zu sein? Ihr die Möglichkeit zu geben, Stricke zu drehen?«
    »Meine Arbeitsweise ist ein wenig unkonventionell, das ist richtig. Aber von Stricken droht keine Gefahr, wirklich nicht. Ich werde unserer Dame einfach nur beschreiben, wie sehr ihr eigenes Glück von dem Ihren abhängt. Wie sehr zwei Frauen, die sich nicht kennen und auch nicht kennenlernen werden, durch den Tod eines Dritten sinnvoll – ich betone das! –, sinnvoll miteinander verbunden sind. Kein Glück ohne das Glück des anderen. Das ist hart, aber kein bißchen unrichtig. Und es ist wesentlich, zwischen einer simplen Bezahlung und einer Ermöglichung von Glück zu unterscheiden. Sie wollen dieses Haus? Sie sollen es bekommen. Das muß man der Auftraggeberin begreiflich machen.«
    »Sie könnte auf einem anderen Killer bestehen.«
    »Sie müssen sich das merken, Anna, daß ich es bin, der die Konditionen vorgibt. Ein Kunde im üblichen Sinn, mit Ansprüchen und Anmaßungen, existiert nicht. Unser Unternehmen ist das kundenunfreundlichste, das sich denken läßt. Aber unsere Kunden wissen das und erkennen den Sinn.«
    »Schön, wenn das der Fall ist. Und wie geht es weiter?«
    »Ich melde mich«, sagte Smolek und erhob sich. Er wirkte ausgesprochen fröhlich, alberte noch ein wenig mit Carl herum und verließ sodann den Platz, wobei sein Gang wie die Vorausschau auf ein höheres Alter wirkte. Gar nicht so sehr gebeugt, jedoch stark verzögert, als stapfe er durch Schnee.

5 Finanzierungsmodelle
    Nur zwei Wochen später stand Anna Gemini jenem von seiner Gattin wenig geliebten Geschäftsmann gegenüber, der zwischen dem Dubiosen und dem Hochoffiziellen derart hin und her pendelte, daß ihm selbst ganz schwindelig wurde und er nur noch schwer das eine vom anderen zu unterscheiden wußte. Was er freilich meinte sehr gut auseinanderhalten zu können, war eine Gefahr von einer Nicht-Gefahr. Und daß es sich um letzteres handelte, davon war er überzeugt, als er Anna Gemini begegnete. Obwohl er sie noch nie zuvor gesehen hatte, diese Frau, die ihm da zulächelte. Und zwar in einer Weise zulächelte, wie man das von in jeder Hinsicht ausgehungerten Blondinen kennt, zu kennen meint.
    Die beiden standen alleine in dem schmalen Gang, der das Restaurant mit einem Konferenzsaal verband. Das wurde übrigens zum weiteren Prinzip Anna Geminis, nämlich öffentliche Orte privaten vorzuziehen, so wie sie grundlegend auf eine größere Distanz zwischen sich und dem Opfer verzichtete. Die Vorteile, die sich aus der Entfernung ergaben, wurden wesentlich eingeschränkt von der Möglichkeit, das Ziel zu verfehlen. Im Gegensatz dazu, wenn man dem Ziel direkt gegenüberstand. Und das tat Anna Gemini nun eindeutig, als sie diesen Mann, der sich für unwiderstehlich hielt, in einen kleinen Nebenraum bugsierte, und zwar derart, daß der Mann meinte, er selbst sei es gewesen, der da bugsiert hatte. Er kam ihr so nahe – wobei er seinen Mund wie ein Schwalbennest auf den ihren preßte –, daß Anna Mühe hatte, die Pistole aus ihrer Tasche zu ziehen und zwischen sich und ihr Gegenüber zu befördern. Ja, sie sagte sogar »Pardon!« und mußte den Kerl ein wenig von sich schieben, um überhaupt den mit einem Schalldämpfer ausgestatteten Lauf der Waffe in eine vernünftige Position manövrieren zu

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