Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
Vom Netzwerk:
rangierte seine eigene Meinung, die erdverbundener war und lautete, dass »der beste Wein letztendlich derjenige ist, der einem schmeckt«.

    1982er Figeac, 110 Flaschen. Sam versuchte, sich das traditionsreiche Weingut bildlich vorzustellen, während er die Flaschen überprüfte und verpackte: Steinsäulen am Eingang, die Allee mit dem altem Baumbestand, die Kiesauffahrt. Sophie hatte ihm erzählt, dass der Großvater des derzeitigen Besitzers Figeac als Feriendomizil betrachtet hatte, nur selten aus Paris angereist kam und das Château für den Rest des Jahres zu schließen pflegte. Eine solche Verschwendung überstieg Sams Vorstellungsvermögen. Kopfschüttelnd nahm er sich den nächsten leeren Karton vor. Er fand, dass diese Tätigkeit dem Verpacken von Goldbarren glich. Wie hoch mochte der Wert der bisher entnommenen Flaschen sein? Eine Million Dollar? Zwei?
    1970er Petrus, 48 Flaschen, 5 Magnum. Wie in der Los Angeles Times beschrieben, dachte Sam, als er die erste Magnum in ihr Kartonnest legte. War das die Flasche, die Danny auf dem Foto in den Armen gewiegt hatte? Wer hatte Reboul auf den Artikel aufmerksam gemacht? Wer hatte den Coup geplant, und wer hatte ihn ausgeführt? Wer immer der Drahtzieher und seine Komplizen sein mochten, aus professioneller Sicht war ihnen allem Anschein nach kein einziger Fehler unterlaufen. Selbst Bookman hatte zugegeben, der Raub sei nahezu das perfekteste Verbrechen in seiner gesamten beruflichen Laufbahn gewesen. Eigentlich schade, dass es keine Möglichkeit gab, sich irgendwann einmal mit Reboul zusammenzusetzen, ein Glas miteinander zu trinken und Aufschluss über die fehlenden Bausteine des Puzzles zu gewinnen, dachte Sam.
    1983er Margaux, 140 Flaschen . Eine weitere Frage ging ihm durch den Kopf: Wen hatte Roth mit dem Kauf seiner Raritäten beauftragt? Zweifellos jemanden, der etwas von seinem Metier verstand. In der Sammlung befand sich keine
einzige fragwürdige Flasche. Der gesamte Bestand bestach durch seine herausragende Qualität. Im Verlauf der Recherchen, die Sam vor seiner Abreise aus L.A. durchgeführt hatte, hatte er über die Wertsteigerung der 1980er-Jahrgänge des Bordeaux premier cru gestaunt . Zwischen 2001 und 2006 waren die Preise, die Liebhaber für den Margaux zahlten, beispielsweise um 58 Prozent gestiegen, und beim Lafite um sage und schreibe 123 Prozent. Kein Wunder, dass Roth an die Decke ging. Weiß Gott, was es ihn jetzt kosten würde, seinen Keller wieder aufzufüllen.
    Die Kartons wurden schwerer und schwerer, die Fahrten im Golfmobil brachten seinem schmerzenden Rücken nur mehr kurze Augenblicke der Erleichterung. Sam sehnte sich nach einer Massage und einem Drink.
    1975er Yquem, 36 Flaschen. Die letzten drei Kartons und ein Wein, der das Beste (oder Schlechteste) in den Weinautoren zum Vorschein brachte, die ihre Lebensaufgabe darin sahen, das Unbeschreibliche zu beschreiben. »Rund, reich und üppig« oder »Grandios und sinnlich« … Solche Redewendungen, die den Wein in die Nähe der barocken Formen von Rubens-Frauen rückten, hatte Sam schon oft vernommen. Mit einem Gefühl großer Befriedigung lud er den letzten Karton ins Golfmobil und fuhr zu den übrigen Kartons hinüber, die draußen vor der Kellertür aufgestapelt waren.
    Er hatte es fast geschafft. Bis zu diesem Zeitpunkt war alles glattgegangen, für Sams Gefühl fast schon ein wenig zu glatt. Innerlich wappnete er sich gegen mögliche böse Überraschungen im letzten Moment, als er das Licht löschte. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit, so behutsam und zögerlich, als rechne er damit, auf der anderen Seite einen Polizisten zu erblicken. Doch er sah niemanden in der Dunkelheit. Die
Nachtluft war kühl und frisch nach der feuchten Luft im Keller, und er atmete sie tief ein, während er die Zufahrt entlangspähte. Er konnte die Silhouette des Eingangstores ausmachen, das sich dunkel gegen das Licht des Boulevards abzeichnete. Wo blieb Philippe? Sam schaute auf die Uhr: 3.15. Marseille schien zu schlafen. Philippe müsste doch schon hier sein. Wenn ich jetzt hier allein mit den Weinkisten bleibe, sagte sich Sam, kann ich mich gleich auf einen längeren Gefängnisaufenthalt gefasst machen. Endlich erblickte er einen schwachen Lichtschimmer. Ein Auto fuhr den Hügel hinauf.

22. Kapitel
    D as Handyklingeln scheuchte Philippe auf, der in seinem weißen Lieferwagen vor sich hin döste, und er gähnte, als er sich mit verschlafener Stimme meldete.
    »Nur keine Müdigkeit

Weitere Kostenlose Bücher