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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
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geradezu in seinen Ohren. Sollte er es vielleicht mit einer Ausrede versuchen? »Ich wollte nur mal eine Testfahrt für das Buch machen… um zu wissen, wie der Weinlift genau funktioniert.« Lächerlich. Jetzt musste Vial schon vor dem Aufzug stehen. Sam fühlte sein Herz schneller schlagen. Da entfernten sich die Schritte, und Sam riss sich zusammen, damit er vor Erleichterung nicht allzu laut ausatmete. Er ließ
dem Kellermeister ein paar Minuten Zeit, um die Treppe hinauf- und ins Haus zu gelangen. Inzwischen machten sich ein leichter Anfall von Klaustrophobie und ein beginnender Krampf im Bein bemerkbar. Die Muskulatur seines Oberschenkels fühlte sich an, als sei sie zum Zerreißen gespannt, und er war sicher, dass ein Holzsplitter in seiner Kehrseite steckte. Aber er hatte es geschafft. Der Keller gehörte ihm für die Nacht, und die Stunden physischer Schwerstarbeit, die vor ihm lagen, würden nach dem Martyrium im Speiseaufzug eine Erleichterung sein.
    Das Seil des Flaschenzugs knirschte ein letztes Mal, als er sich aus dem Aufzug hievte; dann stand er in der Dunkelheit und reckte und streckte sich, um die Steifheit aus seinen Gliedern zu vertreiben. Obwohl die Gefahr, entdeckt zu werden, minimal war, hatte er beschlossen, noch einige Stunden zu warten, bevor er das Kellerlicht einschaltete und mit der Arbeit begann. Zu dem Zeitpunkt würde fast jeder Einwohner von Marseille das geheiligte Ritual des Abendmahls vollziehen.
    Vom dürftigen Strahl der Taschenlampe geleitet, bahnte er sich seinen Weg zum anderen Ende des Kellers, wo er alles so vorfand, wie er es in Erinnerung hatte. Das Golfmobil stand an seinem Platz neben der Tür, und die leeren Kartons von der Domaine Reboul waren in der Ecke aufgestapelt. Sie mussten durch unmarkierte Kartons ersetzt werden, doch dafür blieb später noch genügend Zeit. Er ging in Vials Büro, setzte sich auf Vials Stuhl und legte die Füße auf Vials Schreibtisch. Philippe war gleich nach dem ersten Läuten am Telefon.
    »Alles in Butter«, sagte Sam.
    »Sind Sie im Keller?«
    »Bin ich. Ich warte noch ein paar Stunden, dann fange ich
an, den Wein einzupacken. Lassen Sie uns noch einmal kurz den Ablauf durchsprechen.«
    » Bon. Wenn der gesamte Wein verpackt ist, rufen Sie mich an. Ich stehe mit dem Lieferwagen im Alten Hafen. Zu dieser nachtschlafenden Zeit brauche ich drei Minuten bis zum Palais.«
    »Gut. Ich werde dafür sorgen, dass das Eingangstor offen ist. Denken Sie daran, das Licht auszuschalten, bevor Sie in die Auffahrt einbiegen. Ich möchte nicht, dass irgendjemand im Haus die Scheinwerfer sieht. Nehmen Sie die linke Abzweigung von der Hauptzufahrt. Ich gebe Ihnen mit der Taschenlampe Blinkzeichen, um Sie in den Lieferantenbereich zu lotsen. Die Kisten stehen draußen vor dem Keller, aufgestapelt. Sie in den Lieferwagen zu verfrachten dauert fünf Minuten, höchstens. Und dann nichts wie weg.«
    »Alles roger.«
    »Alles wer?«
    »Das ist Soldatenjargon und heißt ›Instruktionen verstanden‹ oder ›Alles paletti‹. Habe ich in einer Fernsehshow gesehen.«
    Sam verdrehte in der Dunkelheit die Augen. Er hatte Philippes Vorliebe für alles Militärische vergessen. »Ach, noch etwas. Wie lange dauert die Fahrt zu unserem Zielort?«
    »Ein Lieferwagen ist kein Rennauto, aber wir werden einen großen Teil der Strecke auf der autoroute zurücklegen. Ich denke, wir werden eineinhalb Stunden brauchen, nicht viel länger.«
    »Gut. Dann wäre ja alles klar. Bis später.«
    Sams Zuversicht wuchs, weil das Ende des Abenteuers in Sicht war. Natürlich konnte etwas schiefgehen; immerhin war er jetzt beinahe vollständig von der Außenwelt abgeschottet. Der Keller besaß keine Fenster, sodass kein Lichtschimmer
nach außen drang, der ihn verraten könnte. Dank des schalldichten Raumes, der massiven Mauern und Decken und vor allem wegen der meterhohen Erdschicht über ihm bestand keine Gefahr, dass man ihn hörte. Und das Beste war: Das Alarmsystem, das er bei seinen früheren Besuchen in Augenschein genommen hatte, wurde nur aktiviert, wenn jemand einzubrechen versuchte, nicht aber, wenn jemand das Anwesen verließ. Das bedeutete, dass bei zwei Weinkellern – dem von Reboul und dem von Roth – die elektronischen Schutzmaßnahmen unzulänglich waren. Das sollte er später mal Elena berichten. Sie würde ihre helle Freude daran haben, Roth die Leviten wegen seiner nachlässigen Sicherheitsvorkehrungen zu lesen.
    Elena beschäftigte auf angenehme Weise seine

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