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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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nicht. Nur langes Schweigen und dann wieder Schreie, immer matter. Die Frau gab nach, so klang es. Sie hatte Besuch empfangen, und wie es schien, vögelte der Besucher sie. Candelario Velando wusste sofort, dass es nicht der Herr Felícito Yanaqué war. Hatte die Señora also noch einen Liebhaber? Irgendwann war alles still im Haus.
    Candelario zog sich in die Ecke zurück, wo er eingeschlafen war. Er setzte sich wieder an die Wand, zündete sich eine Zigarette an und wartete. Diesmal nickte er nicht ein, blieb konzentriert. Er war sich sicher, dass der Besucher jeden Moment auftauchte. Und tatsächlich, nach einer Weile erschien er, und dabei war er so vorsichtig, dass es ihn verriet: Er machte die Tür nur einen Spalt auf, steckte den Kopf hinaus, schaute nach links und nach rechts, und im Glauben, niemand sähe ihn, lief er los. Candelario sah ihn in voller Größe, und aufgrund der Figur und der Bewegungen war klar, dass es nicht der alte Knirps von Transportes Narihualá sein konnte. Es war ein junger Mann. Sein Gesicht erkannte er nicht, es war zu dunkel. Als er sah, wie er in Richtung Hängebrücke ging, folgte er ihm. Er lief leise, versuchte nicht aufzufallen, immer in einiger Entfernung, aber ohne ihn aus den Augen zu lassen. Als sie die Brücke überquerten, kam er etwas näher heran, denn dort waren Nachtschwärmer, und er konnte sich unter sie mischen. Dannsah er, wie der Mann an der Plaza de Armas um die Ecke bog und in der Bar des Hotels Los Portales verschwand. Er wartete einen Moment und ging ebenfalls hinein. Der Mann stand an der Theke – jung, hellhäutig, so ein Schönling, mit einer Haartolle wie Elvis Presley – und kippte etwas in einem Zug, was ein Fläschchen Pisco sein musste. Da erkannte er ihn. Er hatte ihn gesehen, als er für seine Aussage aufs Revier an der Avenida Sánchez Cerro kam.
    »Bist du sicher, dass er es war, Candelario?«, fragte Sergeant Lituma und schaute skeptisch.
    »Es war Miguel, hundertprozentig«, sagte Hauptmann Silva nur knapp und hob die Tasse Kaffee wieder an den Mund. Ihm schien nicht wohl in seiner Haut zu sein. »Ja, Herr Yanaqué. Es tut mir sehr leid. Aber es war Miguel.«
    »Mein Sohn Miguel?« Don Felícito blinzelte ununterbrochen, ein Händchen fuhr durch die Luft, er war mit einem Schlag blass geworden. »Um Mitternacht? Bei Mabel?«
    »Sie haben sich richtig gestritten«, erklärte der Guardia Candelario Velando dem Sergeanten Lituma. »Haben sich beschimpft, mit Wörtern wie Nutte, Arschloch und Schlimmerem. Danach war es lange still. Und ich habe mir vorgestellt, was Sie jetzt auch denken, dass sie sich wieder vertragen haben und ins Bett gegangen sind, und wozu sonst, wenn nicht um zu bumsen. Das habe ich natürlich weder gehört noch gesehen. Das ist nur eine Vermutung.«
    »Erzähl mir solche Dinge besser nicht«, sagte Adelaida betreten und schaute zu Boden. Ihre Wimpern waren lang, seidig und traurig. Sie gab Felícito einen liebevollen Klaps aufs Knie. »Es sei denn, du glaubst, dass es dir guttut. Wie du magst, Felícito. Was immer du sagst. Nicht umsonst bin ich deine Freundin, che guá .«
    »Eine Vermutung, die zeigt, wie verdorben deine Birne ist, Candelario.« Lituma lächelte. »Nun denn, Junge. Glückwunsch. Da Hintern dabei sind, wird deine Geschichte dem Hauptmann gefallen.«
    »Es war das Ende eines Fadens, endlich. Wir konnten daranziehen und das Knäuel entwirren. Ich hatte schon etwas gerochen, als ich Mabel nach der Entführung vernahm. Sie hat sich in Widersprüche verwickelt, konnte sich nicht gut verstellen. So war es, Herr Yanaqué«, sagte der Kommissar. »Glauben Sie nicht, für uns wäre es einfach. Ich meine, Ihnen diese fürchterliche Nachricht zu überbringen. Ich weiß, für Sie ist es wie ein Dolch in den Rücken. Aber es ist unsere Pflicht, Sie werden entschuldigen.«
    Er schwieg, weil Don Felícito die Hand gehoben hatte, eine schmächtige Faust.
    »Könnte es nicht sein, dass es doch ein Irrtum ist?«, murmelte er, und seine Stimme klang jetzt hohl, ein fernes Flehen. »Nicht vielleicht doch?«
    »Nein«, sagte Hauptmann Silva nur knapp. »Es ist restlos bewiesen. Señora Mabel und Ihr Sohn Miguel betrügen Sie schon seit einer ganzen Zeit, Don Felícito. Damit fängt auch die Geschichte mit der Spinne an. Wir bedauern es zutiefst, Herr Yanaqué.«
    »Schuld ist Ihr Sohn Miguel, mehr als die Señora Mabel«, mischte Lituma sich ein und ruderte gleich zurück: »Bitte um Entschuldigung, ich wollte nicht

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