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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Was?«
    »Sie arbeitet mit uns zusammen, Herr Yanaqué«, bestätigte Hauptmann Silva. »Ihre Aussage war ausschlaggebend, so konnten wir dieses Spinnenkomplott aufdecken. Was Ihnen der Sergeant gesagt hat, stimmt. Am Anfang, als sie sich mit Miguel einließ, wusste sie nicht, dass er Ihr Sohn war. Als sie eserfuhr, versuchte sie ihn loszuwerden, aber es war zu spät. Weil Miguel sie erpresst hat.«
    »Weil er ihr drohte, Ihnen die ganze Sache zu erzählen, Herr Yanaqué, damit Sie sie töten oder zumindest verprügeln«, erklärte der Sergeant.
    »Und sie ohne einen Centavo vor die Tür jagen, das vor allem«, schloss der Hauptmann an. »Aber wie gesagt, Don Felícito, Miguel hat einen fürchterlichen Rochus auf Sie, er hasst Sie. Er sagt, weil Sie ihn und nicht seinen Bruder Tiburcio zum Militärdienst gezwungen haben. Aber da ist noch mehr, habe ich im Verdacht. Vielleicht rührt es von früher her, aus der Kindheit. Sie werden es wissen.«
    »Auch er muss geahnt haben, dass er nicht mein Sohn ist, Adelaida«, sprach Felícito weiter. Er nippte an dem frischen Glas Wasser, das die Santera ihm gebracht hatte. »Beim Blick in den Spiegel wird er begriffen haben, dass er mein Blut nicht hat und niemals haben konnte. Und so wird er angefangen haben mich zu hassen, was sonst. Merkwürdig, dass er es immer vor mir verborgen hat. Oder wie siehst du das?«
    »Wie ich das sehe?«, rief die Santera. »Das ist doch sonnenklar, Felícito, das sieht doch ein Blinder. Sie ist ein junges Mädchen und du ein alter Knacker. Dachtest du, Mabel wäre dir treu bis in den Tod? Wo du auch noch Frau und Familie hast und sie genau weiß, dass sie nie etwas anderes wäre als deine Geliebte. So ist das Leben, Felícito, du hättest es wissen müssen. Du kommst von ganz unten und weißt, was es heißt zu leiden, so wie ich und all die anderen armen Schlucker in Piura.«
    »Die Entführung war jedenfalls nie eine Entführung, sondern reine Show«, sagte der Hauptmann. »Um Sie bei Ihren Gefühlen zu packen, Don Felícito.«
    »Ich wusste es, Adelaida. Ich habe mir nie etwas vorgemacht. Warum, glaubst du, habe ich immer weggeschaut, wollte nicht mitbekommen, was Mabel tat? Aber mit meinem eigenen Sohn, das hätte ich nie gedacht!«
    »Also doch dein Sohn?«, fragte die Santera belustigt. »Ist doch egal, mit wem sie ins Bett gegangen ist, Felícito. Wasmacht das jetzt noch. Denk nicht weiter daran, mein Lieber. Schließ das Kapitel ab, vergiss es, es ist vorbei. Das ist das Beste, hör auf mich.«
    »Weißt du, wovor ich jetzt wirklich Angst habe, Adelaida?« Felícito musste sich schütteln. Das Glas war wieder leer. »Vor dem Skandal. Es wird dir albern vorkommen, aber der Gedanke quält mich am meisten. Morgen wird in den Zeitungen von nichts anderem die Rede sein, im Radio, im Fernsehen. Und dann die Meute der Journalisten. Und wieder wird mein Leben zum Zirkus. Die Verfolgung durch die Presse, die Neugier der Leute auf der Straße, im Büro. Ich habe weder Geduld noch Lust, das noch einmal zu ertragen, Adelaida. Nicht mehr.«
    »Der Herr ist eingeschlafen, Hauptmann«, flüsterte Lituma und deutete auf Felícito Yanaqué, der die Augen geschlossen hatte und den Kopf hängen ließ.
    »Sieht so aus, ja«, sagte der Offizier. »Die Nachricht hat ihm den Rest gegeben. Der Sohn, die Geliebte. Und zum Schaden auch noch den Spott. Wer will es ihm verdenken.«
    Felícito hörte sie, aber er nahm sie nicht wahr. Er wollte die Augen nicht aufschlagen, nicht einmal kurz, duselte vor sich hin, vernahm den Lärm und das Treiben auf der Avenida. Wäre das alles nicht passiert, säße er jetzt im Büro von Transportes Narihualá, würde sehen, wie die Busse und Wagen des Morgens kamen und fuhren, würde die Fahrgastlisten des Tages durchgehen und mit denen vom Vortag vergleichen, der Señora Josefita Briefe diktieren, Überweisungen ausstellen oder Schecks einreichen, bald zum Mittagessen nach Hause gehen. Seine Traurigkeit war so groß, dass er von Kopf bis Fuß zitterte wie im Fieber. Nie wieder würde sein Leben zu diesem ruhigen Rhythmus von früher zurückfinden, noch konnte er je wieder ein namenloser Passant sein. Auf der Straße würde man ihn erkennen, und beim Betreten eines Kinos oder eines Restaurants gäbe es ein Raunen, unverschämte Blicke, Getuschel, Finger, die auf ihn zeigten. Heute Abend noch, spätestens morgen wäre die Nachricht öffentlich, dann kannte sie ganz Piura. Und die Hölle war wieder da.
    »Hat Ihnen das Nickerchen

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