Ein diskreter Held
gutgetan, Don Felícito?«, fragte Hauptmann Silva und klapste ihm liebevoll auf den Arm.
»Ich bin eingeschlafen, tut mir leid«, sagte er und riss die Augen auf. »Entschuldigen Sie bitte. Das alles ist zu viel auf einmal.«
»Sicher, sicher«, beruhigte ihn der Offizier. »Sollen wir jetzt weitermachen oder lieber später, Don Felícito?«
»Jetzt«, murmelte er nur. In den Minuten, die er mit geschlossenen Augen dagesessen hatte, hatte sich das kleine Lokal gefüllt, vor allem mit Männern. Sie rauchten, bestellten Sandwichs, Cola oder Bier, einen Espresso. Der Hauptmann sprach leiser, damit der Nachbartisch ihn nicht hörte.
»Miguel und Mabel wurden gestern Abend festgenommen, der Untersuchungsrichter ist auf dem Laufenden. Für heute Nachmittag um sechs haben wir die Presse aufs Revier eingeladen. Ich glaube nicht, dass Sie bei diesem Auftritt dabei sein möchten, oder, Don Felícito?«
»Auf keinen Fall«, rief er entsetzt. »Natürlich nicht!«
»Das ist auch nicht nötig«, sagte der Hauptmann. »Aber machen Sie sich bereit. Die Journalisten werden Ihnen die Bude einrennen.«
»Hat Miguel es zugegeben?«, fragte Felícito.
»Am Anfang hat er alles abgestritten, aber als er erfuhr, dass Mabel ihn verraten hatte und Zeuge der Anklage sein würde, musste er die Wirklichkeit akzeptieren. Wie ich schon sagte, ihre Aussage ist vernichtend.«
»Dank der Señora Mabel hat er am Ende alles gestanden«, fügte Sergeant Lituma hinzu. »Sie hat uns die Arbeit erleichtert. Wir schreiben gerade den Bericht. Spätestens morgen hat ihn der Untersuchungsrichter auf dem Tisch.«
»Muss ich ihn sehen?« Felícito sprach so leise, dass die Polizisten sich vorbeugen mussten. »Ich meine Miguel.«
»Beim Prozess sicher«, sagte der Hauptmann. »Sie werden der Hauptzeuge sein. Sie sind das Opfer, das dürfen Sie nicht vergessen.«
»Und vor dem Prozess?«
»Kann sein, dass der Untersuchungsrichter oder der Staatsanwalt einen gemeinsamen Termin anordnet«, erklärte der Hauptmann. »In diesem Falle ja. Für uns ist es nicht nötig, denn Miguel hat, wie Lituma bereits sagte, alle Vorwürfe zugegeben. Genauso könnte es sein, dass sein Anwalt eine andere Strategie verfolgt, alles abstreitet und vorbringt, sein Geständnis sei nichtig, da rechtswidrig herbeigeführt. Was soll ich sagen, das übliche Spiel. Aber ich glaube nicht, dass er davonkommt. Solange Mabel mit der Justiz zusammenarbeitet, sieht es schwarz für ihn aus.«
»Wie hoch wird die Strafe sein?«, fragte Felícito.
»Kommt auf seinen Anwalt an und wie viel er für die Verteidigung ausgeben kann.« Der Kommissar zog eine skeptische Miene. »Sicher nicht hoch. Außer dem kleinen Brand in Ihrer Firma hat es keine weitere Gewalt gegeben. Die Erpressung, die vorgetäuschte Entführung und die Verabredung zu einer Straftat sind unter diesen Umständen keine allzu schweren Delikte. Denn konkret ist nichts daraus geworden, es war nur fingiert. Im besten Falle zwei oder drei Jährchen, mehr möchte ich bezweifeln. Und wenn man bedenkt, dass er Ersttäter ist, ohne Vorstrafen, dann muss er vielleicht nicht mal ins Gefängnis.«
»Und für sie?«, fragte er weiter und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Da sie mit der Justiz zusammenarbeitet, wird die Strafe nur gering ausfallen, Don Felícito. Vielleicht wird sie ganz freigesprochen. Alles in allem ist sie auch ein Opfer dieses hellen Knaben gewesen. Das könnte ihr Anwalt vorbringen, nicht ohne Grund.«
»Kannst du das glauben, Adelaida?«, seufzte Felícito Yanaqué. »Wochenlang haben sie mich in Angst und Schrecken gehalten, haben mir das Büro an der Avenida Sánchez Cerro niedergebrannt, die Verluste sind gewaltig, denn aus Angst, die Erpresser könnten einen meiner Busse in die Luft jagen, sind viele Fahrgäste ausgeblieben. Und dann gehen die beiden womöglich als freie Menschen nach Hause und machen sich einschönes Leben. Siehst du, was Gerechtigkeit in diesem Land heißt?«
Er schwieg, denn etwas in den Augen der Santera hatte sich verändert. Sie starrte ihn an, mit geweiteten Pupillen, sehr ernst und konzentriert, als sähe sie etwas Beunruhigendes in seinem Innern oder durch ihn hindurch. Sie nahm seine Hand und drückte sie in ihren großen, schwieligen, in schwarzen Fingernägeln endenden Händen fest an sich. Felícito schauderte.
»Eine Eingebung, Adelaida?«, stammelte er und versuchte die Hand zurückzuziehen. »Was siehst du, was ist mit dir? Liebes Kind, bitte.«
»Etwas kommt
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