Ein diskreter Held
unterbrechen.«
Felícito Yanaqué schien die beiden Polizisten nicht mehr zu hören. Er war noch blasser geworden und schaute ins Leere, als hätte dort ein Gespenst Gestalt angenommen. Sein Kinn zuckte.
»Ich weiß sehr gut, was du jetzt fühlst, und ich bedaure dich, Felícito.« Die Wahrsagerin hatte sich die Hand auf die Brust gelegt. »Ja, doch, du hast recht. Es wird dir guttun, dir Luft zu machen. Niemand wird ein Wort erfahren, Schätzchen, das weißt du.«
Sie schlug sich an die Brust, und Felícito dachte: Komisch, klingt irgendwie hohl. Beschämt spürte er, wie ihm die Tränen wieder in die Augen stiegen.
»Die Spinne ist er«, ließ Hauptmann Silva keinen Zweifel. »Ihr Sohn, das weiße Jüngelchen. Miguel. Offenbar nicht nur des Geldes wegen, er hatte noch Hinterhältigeres im Sinn. Undvielleicht, wer weiß, hat er deshalb auch mit Mabel geschlafen. Er hat etwas gegen Sie. Abneigung, Groll, irgendwas Schmutziges, was die Seele der Menschen vergiftet.«
»Weil Sie ihn zum Militärdienst gezwungen haben, wie es scheint«, stimmte Lituma ein, und auch diesmal entschuldigte er sich: »Verzeihung. Das zumindest hat er uns zu verstehen gegeben.«
»Hören Sie uns eigentlich zu, Don Felícito?« Der Hauptmann beugte sich zu ihm vor und packte ihn am Arm: »Ist Ihnen unwohl?«
»Es geht mir sehr gut.« Er zwang sich zu einem Lächeln. Seine Lippen und die Nasenlöcher bebten, die Hände, die sich an der leeren Flasche Inca Kola festhielten, zitterten. Ein gelber Kreis umgab das Weiße seiner Augen, und seine Stimme war ein dünner Faden. »Sprechen Sie einfach weiter, Hauptmann. Aber, entschuldigen Sie, eines wüsste ich noch gern. Hat Tiburcio, mein anderer Sohn, auch mitgemacht?«
»Aber nein, gar nicht, nur Miguel«, versuchte der Hauptmann ihn aufzumuntern. »Das kann ich Ihnen klipp und klar sagen. Was das angeht, können Sie beruhigt sein, Herr Yanaqué. Tiburcio hatte weder seine Hände im Spiel, noch wusste er ein Wort von der Sache. Wenn er davon erfährt, wird er so entsetzt sein wie Sie.«
»Der ganze Schrecken hat auch seine gute Seite, Adelaida«, grummelte Felícito nach langem Schweigen. »Du magst es nicht glauben, aber so ist es.«
»Das glaube ich, Felícito«, sagte die Santera, riss den Mund auf und zeigte ihm die Zunge. »Wie immer im Leben. Das Gute hat immer auch seine schlechte Seite und das Schlechte seine gute. Was ist hier also die gute?«
»Ich habe eine Frage geklärt, die an meiner Seele nagte, seit ich verheiratet bin, Adelaida«, murmelte Felícito Yanaqué. Es schien, als erholte er sich nun. Die Stimme kehrte zurück, die Farbe, eine gewisse Sicherheit im Sprechen. »Dass Miguel nicht mein Sohn ist. Dass er es niemals war. Gertrudis und ihre Mutter haben mich mit dem Märchen von der Schwangerschaftzur Hochzeit gezwungen. Natürlich war sie schwanger. Aber nicht von mir, sondern von einem anderen. Ich war bloß der nützliche Depp. Sie haben mir einen Bankert untergeschoben und als meinen Sohn ausgegeben, und so hat sich Gertrudis die Schande einer ledigen Mutter erspart. Wie sollte dieses weiße Kerlchen mit den blauen Augen auch mein Sohn sein? Ich hatte immer den Verdacht, dass etwas faul ist. Jetzt endlich, wenn auch spät, habe ich den Beweis. Er ist es nicht, mein Blut fließt nicht durch seine Adern. Ein Sohn von mir, ein Sohn von meinem Blut hätte mir so etwas nie angetan. Verstehst du, Adelaida?«
»Ja, Schätzchen, ich verstehe«, sagte die Santera. »Gib mir dein Glas, ich fülle es am Filterstein nach, mit schön frischem Wasser. Ich kann nicht sehen, wie du aus einem leeren Glas trinkst, che guá .«
»Und Mabel?«, säuselte Felícito mit gesenktem Kopf. »Sie war von Anfang an in die Verschwörung verwickelt?«
»Zähneknirschend«, sagte Hauptmann Silva, als bedauerte er es, »aber ja, das war sie. Die Sache hat ihr nie gefallen, und am Anfang, sagt sie, hat sie es Miguel auszureden versucht, was gut möglich ist. Aber Ihr Sohn hat seinen eigenen Kopf, und …«
»Er ist nicht mein Sohn«, unterbrach Felícito Yanaqué und schaute ihm in die Augen. »Entschuldigen Sie, ich weiß, was ich sage. Fahren Sie fort, Hauptmann, was noch?«
»Sie hatte die Nase voll von Miguel und wollte Schluss machen«, brachte Lituma sich wieder ein, »aber er hat sie damit eingeschüchtert, Ihnen von der Affäre zu erzählen. Seither hasst sie ihn.«
»Soll das heißen, Sie haben mit Mabel gesprochen?«, fragte Felícito verwirrt. »Und sie hat gestanden?
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