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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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das Alter, der schwierige Weg durch die Pubertät, wenn ein Junge, während die Stimme zu krächzenbeginnt und im Gesicht ein Flaum sprießt, der den späteren Bart ankündigt, zugleich spürt, dass er kein Kind mehr ist, aber auch noch kein Mann; wenn er in der Art sich zu kleiden, sich hinzusetzen, zu gestikulieren und mit den Freunden und den Mädchen zu sprechen versucht, schon der Mann zu sein, der er einmal sein wird. Er machte einen immer konzentrierten Eindruck und war zugeknöpft, zumal wenn es beim gemeinsamen Essen darum ging, Fragen zur Schule und zu seinen Freunden zu beantworten.
    »Ich weiß, was mit dir los ist, mein Kleiner«, sagte Lucrecia ihm eines Tages ins Gesicht. »Du hast dich verliebt, Fonchito! Ist da vielleicht ein Mädchen, das dir gefällt?«
    Er schüttelte nur den Kopf und wurde nicht einmal rot.
    »Dafür habe ich jetzt keine Zeit«, sagte er, ohne ein Fünkchen Humor. »Bald kommen die Prüfungen, und ich möchte gute Noten haben.«
    »So ist es recht, Fonchito«, bemerkte Rigoberto. »Für Mädchen hast du noch Zeit genug. Später.«
    Und plötzlich blühte sein Gesichtchen auf, erhellte sich mit einem Lächeln, und in Fonchitos Augen lag die schelmische Durchtriebenheit früherer Tage:
    »Außerdem weißt du ja, die einzige Frau auf der Welt, die mir gefällt, bist du, Stiefmutter.«
    »Ach, mein Gott, lass mich dich küssen, kleiner Bengel«, jubilierte Doña Lucrecia. »Aber was bedeuten die Hände da, mein Göttergatte?«
    »Sie bedeuten, dass vom Teufel zu sprechen auf einmal auch meine Fantasie entflammt, und anderes auch, mein Schatz.«
    Und eine ganze Weile genossen sie, stellten sich vor, dieser Scherz mit dem Teufel und Fonchito wäre den Weg alles Irdischen gegangen. Aber nein, das war er noch nicht.

VII
    Es geschah an dem Morgen, als Sergeant Lituma und Hauptmann Silva, dieser zunächst abgelenkt durch seine Obsession für die Frauen von Piura und ganz besonders die Señora Josefita, all ihren Verstand zusammennahmen und sich in die Aufgabe stürzten, einen roten Faden zu finden, an dem sie sich bei den Ermittlungen entlanghangeln konnten. Oberst Ríos Pardo alias Pussypinsel, Polizeichef der Region, hatte sie am Tag zuvor erneut zurechtgestaucht, weil die Nachricht von Felícito Yanaqués Herausforderung der Mafia in El Tiempo bis nach Lima gelangt war. Der Innenminister persönlich rief an und verlangte, dass die Sache unverzüglich geklärt werde. Die Presse hatte die Sache aufgegriffen, und nicht nur die Polizei, auch die Regierung machte in der Öffentlichkeit eine lächerliche Figur. Die Erpresser fassen und ein Exempel statuieren, das war die Parole von oben!
    »Die Polizei muss rehabilitiert werden, verdammt noch mal«, brüllte hinter seinem riesigen Schnauzbart, die Augen funkelnd, ein verstimmter Pussypinsel. »Es kann nicht sein, das ein paar Gauner sich derart über uns lustig machen. Entweder ihr fangt sie auf der Stelle, oder ihr werdet es für den Rest eures Dienstlebens bedauern. Das schwöre ich, beim heiligen Martin von Porres und bei Gott!«
    Lituma und Hauptmann Silva nahmen die Aussagen aller Zeugen unter die Lupe, legten Karteien an, glichen Daten ab, tauschten Informationen aus, stellten Hypothesen auf und verwarfen sie eine nach der anderen. Ab und zu, bei einer Verschnaufpause, ließ sich der Hauptmann, gepackt vom Sexfieber, lobend über die Rundungen der Señora Josefita aus, in die er sich verliebt hatte. Mit ernster Miene und schlüpfrigem Fingerspiel erklärte er seinem Untergebenen, dass ihre Gesäßbacken nicht nur groß, rund und symmetrisch seien, sondern auch »beim Gehen so einen Hüpfer machen«, was ihm Herz und Hoden gleichermaßen in Wallung bringe. Deshalb, sagte er, sei Josefita »trotz ihrer Jahre, ihres sauren Gesichts und ihrer etwas krummen Beine ein echt bombiges Weib«.
    »Besser zu vögeln als diese knackige Mabel, wenn du unbedingt einen Vergleich hören willst, Lituma«, präzisierte er, und die Augen quollen ihm aus den Höhlen, als hätte er die Hintern der beiden Damen vor sich und mäße sie aus. »Ich erkenne an, dass die Geliebte von Don Felícito eine hübsche Figur hat, rauflustige Titten und stramme Arme und Beine. Aber das Pöterchen, du hast es sicher bemerkt, lässt doch arg zu wünschen übrig. Es ist nicht gut anzufassen. Es hat sich nicht voll entwickelt, ist nicht aufgeblüht, sondern irgendwann verkümmert. In meinem System der Klassifizierung ist es ein schüchterner Arsch, du weißt, was ich

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