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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sagte er. »Sicher bin ich mir nur, dass stimmt, was du schon gesagt hast. Es könnte sein, dass es ihn gibt, so weit würde ich mitgehen. Aber dass er Peruaner ist, Edilberto Torres heißt und hinter den Schülern des Markham Colleges herschleicht, nein, das soll mir keiner erzählen.«
    Sie wälzten die Sache hin und her, und am Ende beschlossen sie, Fonchito von einem Psychologen untersuchen zulassen. Sie erkundigten sich unter ihren Bekannten. Alle empfahlen Dr. Augusta Delmira Céspedes. Sie hatte in Frankreich studiert und sich auf Kinderpsychologie spezialisiert, und wer einen Sohn oder eine Tochter mit entsprechenden Problemen hatte und sie der Frau Doktor anvertraute, lobte sie über den grünen Klee für ihr Wissen und treffsicheres Urteil. Sie fürchteten, Fonchito könnte sich weigern, und ließen alle Vorsicht walten, um es ihm schonend nahezubringen. Doch zu ihrer Überraschung erhob der Junge nicht den geringsten Einwand. Er war einverstanden, ging mehrere Male zu ihr in die Praxis, machte alle Tests, denen Dr. Céspedes ihn unterzog, und unterhielt sich bereitwillig mit ihr, wie man es sich schöner nicht hätte wünschen können. Als Rigoberto und Lucrecia in die Praxis kamen, empfing die Frau Doktor sie mit einem beruhigenden Lächeln. Sie musste an die sechzig sein, war etwas pummelig, agil, sympathisch und Scherzen nicht abgeneigt:
    »Fonchito ist der normalste Junge der Welt«, versicherte sie. »Wirklich schade, so ein reizendes Kerlchen, ich hätte ihn gerne noch eine Weile unter meinen Fittichen gehabt. Jede Sitzung mit ihm war die reinste Wonne. Er ist intelligent, sensibel und ebendrum seinen Mitschülern gegenüber manchmal etwas reserviert. Aber so normal, wie es normaler nicht geht. Sie können absolut sicher sein, dass Edilberto Torres keine Fantasie ist, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. So wirklich und leibhaftig wie Sie und ich. Fonchito hat Sie nicht angelogen. Manches vielleicht ein wenig ausgeschmückt, das schon. Dafür hat er schließlich seine lebendige Vorstellungskraft. Die Begegnungen mit diesem Herrn hat er nie für himmlische oder teuflische Erscheinungen gehalten. Niemals! Das ist ja albern. Er steht mit beiden Beinen fest auf der Erde und hat ein verständiges Köpfchen. Sie selbst haben sich das alles ausgedacht, und deshalb sind Sie es auch, die in der Tat einen Psychologen brauchen. Wollen wir einen Termin vereinbaren? Ich behandle nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene, die auf einmal meinen, sie müssten an den Teufel glauben und dass er seineZeit damit verschwendet, durch die Straßen von Lima, Barranco und Miraflores zu ziehen.«
    Dr. Augusta Delmira Céspedes scherzte weiter, während sie sie zur Tür begleitete. Beim Abschied bat sie Don Rigoberto, ihr einmal seine Sammlung erotischer Grafiken zu zeigen. »Fonchito meinte, die ist ganz toll«, war der letzte Scherz. Als Rigoberto und Lucrecia die Praxis verließen, trieben sie in einem Meer der Verwirrung.
    »Habe ich es dir nicht gesagt? Sich an einen Psychologen zu wenden ist mehr als gefährlich«, sagte Rigoberto. »Wie konnte ich nur auf dich hören. Ein Psychologe kann gefährlicher sein als der Teufel selbst, das weiß ich, seit ich Freud gelesen habe.«
    »Von mir aus glaub doch, dass man es nicht ernst nehmen muss, so wie diese Doktor Céspedes«, verteidigte sich Lucrecia. »Hoffentlich bereust du es nicht.«
    »Ich nehme die Sache sehr wohl ernst«, erwiderte er. »Es war besser zu glauben, dass es Edilberto Torres nicht gibt. Wenn es stimmt, was Doktor Céspedes sagt, und es diesen Kerl gibt und er hinter Fonchito her ist, dann sag mir, was zum Kuckuck wir jetzt tun sollen.«
    Sie taten nichts, und eine Weile sprach der Junge auch nicht mehr davon. Er lebte sein normales Leben, ging zu den üblichen Zeiten zur Schule und kam zu den üblichen Zeiten zurück, schloss sich eine Stunde oder auch zwei auf seinem Zimmer ein, um Hausaufgaben zu machen, und an manchem Wochenende traf er sich mit Stups Pezzuolo. Wenn auch zähneknirschend, gedrängt von Vater und Stiefmutter, ging er auch schon mal mit anderen Jungs aus dem Viertel ins Kino, ins Stadion, zum Fußballspielen oder auf eine Party. Doch bei ihren nächtlichen Gesprächen waren Rigoberto und Lucrecia sich einig, dass er, so normal er sich auch gab, nicht mehr derselbe war wie vorher.
    Was hatte sich geändert? Es war nicht leicht zu sagen, aber beide waren sich sicher, dass es so war. Und die Veränderung ging tief. Vielleicht war es ja

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