Ein diskreter Held
kamen ihm übertrieben und etwas lächerlich vor, noch dazu in seinem Alter. Bestimmt dreißig Jahre älter als sie, dachte er, das Mädchen könnte seine Tochter sein. Ja, der alte Knilch war bis über beide Ohren verliebt. Ob Mabelita von der feurigen Art war oder von der kühleren? Von der feurigen, jede Wette.
»Ich habe ihr vorgeschlagen, dass sie für eine Weile fortgeht«, sagte Felícito Yanaqué zu den Polizisten. »Nach Chiclayo, nach Trujillo, nach Lima. Irgendwohin. Bis die Sache vorbei ist. Ich möchte nicht, dass ihr noch einmal etwas passiert. Wäre das nicht eine gute Idee, Hauptmann?«
Der Offizier hob die Schultern.
»Ich glaube nicht, dass ihr hier etwas passiert«, sagte er grübelnd. »Diese Typen wissen, dass sie jetzt bewacht wird, und sie werden nicht so verrückt sein, sich ihr zu nähern, das Risiko wäre zu groß. Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aussage, Señora. Sie wird uns gewiss nützlich sein. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Ihnen noch ein paar klitzekleine Fragen stelle?«
»Sie ist sehr müde«, protestierte Don Felícito. »Warum lassen Sie sie nicht für heute in Ruhe, Hauptmann? Befragen Sie sie morgen, oder übermorgen. Ich möchte mit ihr zum Arzt, sie für einen Tag ins Krankenhaus bringen, damit man sie gründlich untersucht.«
»Keine Sorge, Herzchen, ich ruhe mich später aus«, ging Mabel dazwischen. »Fragen Sie einfach, was Sie zu fragen haben, Señor.«
Zehn Minuten später sagte sich Lituma, dass sein Vorgesetzter übertrieb. Don Felícito hatte recht. Die arme Frau hatte Schreckliches erlebt, hatte geglaubt, sie müsse sterben, die sieben Tage waren für sie ein einziges Leid gewesen. Wie konnte der Hauptmann erwarten, dass Mabel sich an all diese unbedeutenden, albernen Einzelheiten erinnerte, zu denen er sie mit Fragen löcherte? Er verstand es nicht. Wozu wollte sein Chef wissen, ob sie in ihrem Gefängnis gehört hätte, wie die Hähne krähten oder die Hühner gackerten, die Katzen maunzten oder die Hunde bellten? Und wie sollte Mabel anhand der Stimmen einschätzen, wie viele Entführer es waren und ob alle aus Piura kamen, ob jemand sprach wie einer aus Lima, aus der Sierra oder vom Amazonas? Mabel tat, was sie konnte, zögerte, rieb sich die Hände, klar, dass sie sich manchmal vertat und eine verwunderte Miene machte. Daran erinnere sie sich nicht, Señor, darauf habe sie nicht geachtet, ach, wirklich blöd. Und sie entschuldigte sich, ein Achselzucken, ein Händereiben: »Wie dumm von mir, daran hätte ich denken sollen, hätte versuchen sollen, darauf zu achten. Aber ich war so durcheinander, Señor.«
»Machen Sie sich keinen Kopf, das ist normal, wer kann schon alles im Gedächtnis behalten«, ermunterte sie Hauptmann Silva. »Aber bitte, geben Sie sich noch einen letzten Ruck. Alles, woran Sie sich erinnern, wird uns unendlich nützlich sein, Señora. Einige meiner Fragen werden Ihnen überflüssig erscheinen, aber glauben Sie mir, manchmal beginnt bei einer dieser Belanglosigkeiten die Spur, die uns zum Ziel führt.«
Was Lituma am merkwürdigsten vorkam, war, dass Hauptmann Silva immer wieder auf die Umstände und Einzelheiten des Abends ihrer Entführung zurückkam. War Mabel sicher, dass keiner ihrer Nachbarn über die Straße spazierte, um frische Luft zu schnappen? Kein einziges Nachbarsmädchen, das, im Fenster lehnend, noch ein Ständchen hörte oder mitdem Liebsten plauderte? Nein, das glaubte Mabel nicht, oder vielleicht doch, nein, nicht, es war niemand in diesem Winkel der Gasse, als sie von dem Konzert der Maristen zurückkehrte. Das heißt, vielleicht schon, gut möglich, nur hatte sie nicht darauf geachtet, es nicht bemerkt, wie dumm. Lituma und der Hauptmann wussten nur zu gut, dass es keine Zeugen der Entführung gab, denn sie hatten die gesamte Nachbarschaft vernommen. Niemand hatte etwas gesehen, niemand hatte an dem Abend etwas Seltsames gehört. Vielleicht stimmte es, oder sie wollten, hatte der Hauptmann gesagt, nur nicht in die Sache hineingezogen werden. »Alle Welt zittert vor der Mafia. Deshalb ist es ihnen lieber, nichts zu sehen und nichts zu wissen. Alles Weicheier, dieses Pack.«
Schließlich gönnte der Kommissar der Geliebten des Unternehmers eine Atempause und fragte wie beiläufig:
»Was glauben Sie, Señora, was die Entführer mit Ihnen gemacht hätten, wenn Don Felícito ihnen nicht mitgeteilt hätte, dass er das Lösegeld zahlt?«
Mabel riss die Augen auf, und statt dem Offizier zu antworten, wandte
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