Ein diskreter Held
gewisse Form und so den Anschein einer Liebesbeziehung gaben.
»Danke, Señora«, sagte Hauptmann Silva und tippte sich wie zum militärischen Gruß an den Mützenschirm. »Wir werden versuchen, Ihnen nicht allzu viel Zeit zu stehlen.«
Sergeant Lituma echote: »Danke, Señora.«
Mabel führte sie ins Wohnzimmer, bedeutete ihnen, Platz zu nehmen, und brachte zwei gekühlte Fläschchen Inca Kola. Vor lauter Nervosität lächelte sie nur, wartete. Die Polizisten nahmen ihre Mützen ab, machten es sich in den Sesseln bequem, und Mabel sah, dass sie verschwitzte Haare hatten und der Schweiß ihnen auf der Stirn stand. Sie sollte den Ventilator anstellen, dachte sie, aber sie fürchtete, wenn sie sich aus dem Sessel erhob, würden der Hauptmann und der Sergeant bemerken, wie ihr auf einmal die Beine und die Hände zitterten. Was sollte sie ihnen sagen, wenn ihr jetzt auch noch die Zähne klapperten? »Ich bin ein wenig unpässlich, leichtes Fieber, weil ich, na ja, Frauen haben so etwas nun mal, Sie wissen schon.« Würden sie ihr glauben?
»Wir sind nicht hier, Señora«, Hauptmann Silva sprach mit einem süßen Schmelz in der Stimme, »um Sie zu verhören, sondern um ein freundschaftliches Gespräch zu führen. Das ist etwas anderes, Sie verstehen. Ein freundschaftliches.«
In diesen acht Jahren hatte sie nie allergisch auf Felícito reagiert. Ohne Zweifel, weil er ein guter Kerl war. Wenn sie sich am Tag seines Besuchs etwas unwohl fühlte, ihre Regel hatte oder einfach keine Lust, für den Herrn die Beine breit zu machen, drängte der Chef von Transportes Narihualá sie nicht. Im Gegenteil, er war besorgt, holte das Thermometer, wollte sie zum Arzt bringen, zur Apotheke gehen und ein Medikament besorgen. Ob er sehr verliebt war? So oft schonhatte Mabel das gedacht. Das Geld für die Miete und die paar tausend Sol im Monat gab ihr das Alterchen jedenfalls nicht nur, um ein oder zwei Mal in der Woche mit ihr zu schlafen. Und er kam nicht nur seinen Verpflichtungen nach, sondern machte ihr auch ständig kleine Geschenke, zu ihrem Geburtstag und zu Weihnachten, auch an Tagen, an denen niemand etwas schenkte, an den Nationalfeiertagen etwa oder, im Oktober, während der Festwoche von Piura. Selbst wenn er mit ihr schlief, zeigte er ihr jedes Mal, dass es ihm nicht nur um Sex ging. Er flüsterte ihr die schönsten Dinge ins Ohr, küsste sie zärtlich, schaute sie lange verzückt an, voll Dankbarkeit, wie ein echtes Jungchen. War das nicht Liebe? Mabel dachte oft, wenn sie es darauf anlegte, könnte sie es schaffen, dass Felícito seine Frau verließ, diese rundliche Chola, die mehr wie ein Schreckgespenst aussah als wie ein Mensch, und ihn heiraten. Sie musste zum Beispiel nur schwanger werden, losheulen und ihm die Pistole auf die Brust setzen: »Du willst doch nicht, dass dein Kind ein Bankert wird, oder, Herzchen?« Aber sie hatte es nie versucht, und das würde sie auch nicht, denn sie, Mabel, schätzte ihre Freiheit zu sehr, ihre Unabhängigkeit würde sie nicht aufgeben für eine leidliche Sicherheit. Auch fand sie es wenig berückend, in ein paar Jahren einen alten Mann zu pflegen, dem sie dann den Sabber abwischen und die vollgepinkelten Laken wechseln durfte.
»Mein Wort, wir werden Ihnen nicht die Zeit stehlen, Señora«, sagte Hauptmann Silva noch einmal, wie die Katze vor dem heißen Brei, statt ihr den wahren Grund für diesen ungelegenen Besuch endlich zu nennen. Die Art, wie er sie anschaute, dachte Mabel, widersprach seinem manierlichen Ton. »Außerdem, wenn Sie genug von uns haben, sagen Sie es ganz offen, und wir empfehlen uns.«
Warum gab sich der Polizist so höflich, dass es schon lächerlich wirkte? Was hatte er im Sinn? Er wollte sie beruhigen, ganz sicher, aber sein Geziere und Getue, sein falsches Lächeln fachte Mabels Misstrauen nur an. Was hatten die beiden vor? Anders als der Hauptmann konnte sein Gehilfe, der Sergeant,nicht verbergen, dass er nervös war. Er beobachtete sie irgendwie komisch, unruhig und auf der Hut, als wäre ihm vor etwas bange, und die ganze Zeit knetete er sein Doppelkinn, zwirbelte es fast.
»Wie Sie mit eigenen Augen sehen können, haben wir kein Aufnahmegerät dabei«, fügte Hauptmann Silva hinzu, hielt die Hände auf und klopfte sich theatralisch auf die Taschen. »Nicht mal Stift und Papier. Sie können also beruhigt sein, es wird keine Spur geben von dem, was wir hier besprechen. Alles vertraulich. Nur unter uns. Sonst niemand.«
In den Tagen, die auf die
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