Ein Doppelleben im Kosmos
doch«, erwiderte ich, »kann es sein, daß eine Zeile, die geschrieben oder gedruckt gut wirkt, beim Sprechen nicht richtig klingt. Bonforte ist ein großer Redner, das habe ich allmählich begriffen. Er steht neben Webster, Churchill und Demosthenes ... eine mitreißende Persönlichkeit, in einfachen Worten ausgedrückt. Nehmen Sie zum Beispiel das Wort >intransigent<, das Sie zweimal benutzt haben. Ich könnte das sagen, denn ich habe eine Schwäche für schwierige Wörter. Ich zeige gern meine Belesenheit. Aber Bonforte würde >starrsinnig< oder >bockig< oder >dickköpfig< sagen. Der Grund, warum er das tun würde, ist natürlich, daß diese Wörter das Gefühl viel mehr ansprechen.«
»Sorgen Sie dafür, daß Sie mit dem Vortrag Eindruck machen, ich kümmere mich um die Wörter.«
»Sie verstehen mich nicht, Bill. Es ist mir einerlei, ob die Rede politisch Eindruck macht oder nicht, meine Aufgabe besteht nur darin, Bonforte angemessen zu verkörpern. Das kann ich nicht, wenn ich ihm Worte in den Mund lege, die er nie gebrauchen würde. Das klänge so gezwungen und unecht, als sollte eine Ziege griechisch blöken. Aber wenn ich die Rede in Worten vortrage, die er selbst wählen würde, wird sie automatisch Eindruck machen. Er ist ein großer Redner.«
»Hören Sie, Smythe, Sie sind nicht dazu engagiert, Reden zu verfassen, Sie sind engagiert, um ... «
»Laß das jetzt, Bill!« unterbrach ihn Dak. »Und etwas weniger oft Smythex sagen. Wie denkst du darüber, Rog?«
»Wenn ich Sie recht verstehe, Chef«, sagte Clifton, »richtet sich Ihr einziger Einwand gegen einige der Ausdrücke?«
»Gewiß. Aber ich würde auch vorschlagen, den persönlichen Angriff gegen Quiroga zu streichen und die Bemerkung über seine Geldmänner. Das klingt mir auch nicht recht wie Bonforte.«
Cliftons Miene wurde etwas verlegen. »Das ist etwas, was ich selbst eingefügt habe. Aber Sie haben vielleicht recht. Er behauptet nie etwas mit solcher Bestimmtheit.« Nach kurzem Schweigen fuhr er fort: »Sie machen also die Veränderungen, die Sie für nötig halten. Wir machen eine Bandaufnahme und hören sie dann ab. Wir können immer etwas wegschneiden oder die Sache sogar völlig ausfallen lassen, wegen technischer Schwierigkeiten.« Er lächelte grimmig. »So wollen wir es machen, Bill.«
»Verflucht, das ist ein lächerlicher Fall von ... «
»So muß es gemacht werden, Bill.«
Corpsman verließ sehr plötzlich den Raum. Clifton seufzte. »Bill hat immer etwas dagegen gehabt, daß irgend jemand außer Bonforte ihm Anweisungen gab. Aber er ist ein tüchtiger Mann. Also, Chef, wann können Sie für die Bandaufnahme fertig sein?«
»Ich weiß nicht. Auf jeden Fall rechtzeitig.«
Penny begleitete mich in meine Kabine zurück. Als sie sie Tür schloß, sagte ich: »Ich brauche Sie in der nächsten Stunde nicht, Penny, Kind, aber Sie können den Doktor noch um einige Pillen bitten. Ich habe sie vielleicht nötig.«
»Ja, Chef.« Sie bewegte sich rückwärts zur Tür. »Chef!«
»Ja, Penny?«
»Ich wollte nur sagen: Glauben Sie nicht, was Bill darüber sagte, daß er die Reden verfaßt hätte.«
»Das habe ich auch nicht geglaubt. Ich habe seine Reden gehört, und ich habe diese gelesen.«
»Bill macht öfter Entwürfe, Rog ebenfalls. Ich habe es auch schon getan. Er ... er benutzt Ideen von irgendwoher, wenn er sie gut findet. Aber wenn er eine Rede hält, ist es seine eigene ... in jedem Wort.«
»Ich glaube Ihnen. Ich wollte, er hätte diese Rede vorher geschrieben.«
»Tun Sie, was Sie können!«
Das tat ich. Ich begann damit, sinnverwandte Wörter einzufügen, indem ich lateinische Ausdrücke, an denen man sich die Zunge zerbrach, durch kräftige germanische Wörter ersetzte. Dann geriet ich in Erregung, bekam einen roten Kopf und riß das Manuskript in Stücke. Für einen Schauspieler ist es ein großes Vergnügen, mit dem Text zu jonglieren - diese Möglichkeit hat er nicht oft.
Ich brauchte keinen als Publikum außer Penny und ließ mir von Dak bestätigen, daß ich nicht irgendwo im Schiff abgehört werden konnte, obwohl ich vermute, daß der starkknochige Bursche mich beschwindelte und selbst zuhörte. Ich rührte Penny in den ersten drei Minuten zu Tränen. Als ich endete, nach achtundzwanzig und einer halben Minute, so daß noch Zeit blieb für die Ansage, war sie erledigt. Ich erlaubte mir keine Freiheit gegen die Expansionslehre, wie sie von dem offiziellen Propheten, dem sehr ehrenwerten John Joseph Bonforte
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