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Ein Drama in Livland

Ein Drama in Livland

Titel: Ein Drama in Livland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einer fahrbaren Straße unmöglich war, kam der Postwagen nur mühsam weiter. Vielfach zogen sich zahlreiche Wasseradern durch den sonst lockeren Erdboden hin, und überhaupt ist der ganze nördliche Teil Livlands von solchen Rinnsalen durchfurcht. Deshalb hat es sich nötig gemacht, rohe, kaum zugehauene Baumstämme auf der Erde nebeneinander zu legen, um die gar zu weichen Bodenstrecken mit einer festeren Decke zu versehen. Eine Unzahl solcher Stämme, die oft nur mit einem ihrer Enden fest auflagen, schaukelte auf und nieder unter den Rädern des Wagens, dessen Eisenteile bedenklich knarrten.
    Unter diesen Verhältnissen hütete sich der Jemschik auch, sein Gespann besonders anzutreiben.
    Er ging aus Vorsicht vielmehr langsam nebenher und half den Pferden auf, die bei jedem Schritte stolperten. So durchfuhr man mehrere Wegstrecken unter Verhütung jedes Unfalles. Die Zugtiere kamen an der nächsten Wechselstelle aber sehr ermüdet an, so daß man ihnen keine weitere Anstrengung hätte zumuten dürfen.
    Am Nachmittage gegen fünf Uhr wurde es, da der Himmel von dahinjagenden Wolken verhüllt war, schon recht dunkel, und es erforderte große Aufmerksamkeit, sich im richtigen Zuge der gegen die Sümpfe kaum abgegrenzten Straße zu halten. Die Pferde wurden unruhig, weil es ihnen an festem Boden unter den Hufen fehlte; sie schnaubten heftig und drängten nach der Seite.
    »Schritt fahren… nur Schritt, mahnte Broks, hier geht’s nicht anders. Besser, wir kommen eine Stunde später nach Pernau, als hier noch einen Unfall zu erleben.
    – Was?… Eine Stunde Verzögerung? rief Poch, den die Stöße des Wagens schließlich doch aus dem Schlafe gerissen hatten.
    – Ja, das ist nun einmal das Klügste,« erwiderte der Jemschik, der immer und immer wieder vom Bocke absteigen mußte, um das Gespann kurz am Zügel zu führen.
    Der andere Reisende hatte auch einige Bewegungen gemacht und den Kopf erhoben, während er sich vergeblich bemühte, durch das Fenster der Wagentür draußen etwas zu erkennen. Bei der tiefen Dunkelheit war es freilich kaum möglich, etwas zu unterscheiden. Die Laternen des Postwagens warfen zwar zwei Lichtstreifen voraus, doch auch diese unterbrachen kaum die herrschende Finsternis.
    »Wo sind wir denn jetzt? fragte Poch.
    – Noch zwanzig Werst von Pernau, erklärte Broks; doch wenn wir den nächsten Pferdewechsel erreichen, werden wir, glaub’ ich, gut tun, dort bis morgen früh zu warten…
    – Zum Kuckuck mit diesem abscheulichen Wetter, das uns um volle zwölf Stunden verzögern wird!« schimpfte der Bankbeamte.
    Noch immer ging es weiter. Zuweilen raste der Sturm aber mit solcher Gewalt, daß der dahinrollende Wagen umzustürzen drohte. Die Pferde bäumten sich auf oder brachen halb zusammen Die Lage wurde höchst gefährlich… so sehr, daß Poch und Broks schon berieten, ob es nicht ratsamer wäre, die Strecke bis Pernau zu Fuß zurückzulegen. Vielleicht war das wirklich der beste Ausweg, einem ernsteren Unfall – wenn sie im Wagen blieben – zu entgehen.
    Ihr Reisegefährte schien jedoch nicht geneigt, diesen zu verlassen. Der phlegmatischste Engländer hätte sich nicht gleichgültiger verhalten können. Er hatte seinen Platz im Postwagen – diese Vermutung erweckte sein Benehmen – doch nicht etwa bezahlt, um eine Fußreise zu machen! Nein, die Post hatte die Verpflichtung, ihn nach seinem Bestimmungsorte zu befördern.
    Plötzlich erfolgte gegen halb sieben Uhr abends beim schrecklichsten Ungestüm des Sturmes ein außerordentlich heftiger Stoß. Ein Rad des Vordergestells war in den Spalt zwischen zwei Stämmen eingesunken, und als es die durch einen Peitschenhieb angefeuerten Pferde herausziehen wollten, ging es unglücklicherweise in Stücke.
    Der Postwagen neigte sich zur Seite, bekam bald das Übergewicht und stürzte also um.
    Da ertönte ein Schmerzensruf aus dem Wagen. Trotz der Verletzung an einem Beine dachte Poch nur an seine Mappe, die an der Kette hing. Die Mappe war ihm nicht entfallen, und er hielt sie, als er mit Mühe aus dem Wagen geklettert war, nur um so fester unter dem Arme.
    Broks und der Reisende waren mit leichten Schrunden davongekommen, und der Postillon lief, als er sich frei gemacht hatte, eiligst nach vorn zu den Pferden.
    Der Ort des Unfalls war gänzlich verlassen… eine Ebene mit einem Baumdickicht zur Linken.
    »Was soll denn nun aus uns werden? rief Poch.
    – Mit dem Wagen ist leider nicht fortzukommen,« antwortete Broks.
    Der Unbekannte ließ

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