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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Psychiater sagt, sie hat einen Suchtcharakter. Als Kind litt sie unter Esssucht. Wenn wir versucht haben, ihren Marsriegel-Konsum auf drei pro Tag zu beschränken, gab es Tobsuchtsanfälle. Sie war auf Marsriegel-Entzug, können Sie sich so etwas vorstellen? Als sie in die Pubertät kam, schien es besser zu werden, sie hat unheimlich abgenommen, und wir waren so erleichtert, dass es eine ganze Weile gedauert hat, bis uns klarwurde, was sozusagen zur Ersatzdroge geworden war. Der Ladendiebstahl war der erste Hinweis.»
    «Anschließend war sie in einer Entzugsklinik, oder?»
    «Das haben Sie von Joyce, stimmt’s? Unser wandelnder Gemeindebrief.»
    «Und dann wurde der
Royal Oak Pub
verkauft», sagte Merrily. «Da hatte sie es praktisch vor der Haustür. Wie einen Bonbonladen.»
    «Ja. Wir haben in der Region eine Selbsthilfegruppe für betroffene Eltern gebildet. Wir gehen zu Informationsveranstaltungen bei der Polizei und treffen uns zu Gesprächen. Wir lernen, worauf wir achten müssen.»
    «Zum Beispiel auf so jemanden wie Roman Wicklow? Wussten Sie, was er macht?»
    «Ich habe etwas geahnt.»
    «Aber der Polizei haben Sie nichts gesagt.»
    «Über einen Mann, der mit einem Rucksack wandern geht?» Spicer schnaubte ärgerlich. «Und wenn Wicklow weg ist, kommt nächste Woche ein anderer. Besser, man kennt die Kerle.»
    «Und was ist mit Raji Khan?», fragte Merrily.
    «Raji Khan.» Spicer wirkte beinahe amüsiert. «Das ist ein sehr cleverer Bursche. Wenn jemand wie ich auch nur ein Wort gegen ihn sagt, heißt es gleich, es würde ein neuer Kreuzzug angezettelt, und dann muss ein heiliger Krieg angefangen werden. Aber das ist nicht Ihr Problem. Ihr Problem ist viel schwerer zu fassen. Es ist zwar auch mein Problem … aber das hatten wir ja schon.»
    «Was soll ich Ihrer Meinung nach tun?»
    «Ich dachte, Sie könnten vielleicht etwas mehr machen als die Seelenmesse. Zu Beginn könnten Sie vielleicht dieser Kirche hier Ihre Aufmerksamkeit widmen.»
    «Was versuchen Sie loszuwerden?»
    «An erster Stelle Longworth. Ich weiß nicht, was er für Probleme hatte, aber ich glaube, St. Dunstan hat sie nur vergrößert. Ich habe diese ganzen grässlichen Engelsbilder und Heiligenstatuen aus der Kirche bringen lassen. Sie waren genauso abschreckend wie der Engel auf seinem Grab. Aber ich bin es trotzdem nicht losgeworden. Es ist, als wäre es in die Mauern hineingebaut.»
    «Von was sprechen Sie?»
    «Von Longworths grandiosem Plan. Von Longworth selbst. Er hat etwas hierher gebracht, das ein Ungleichgewicht erzeugt. Diese Kirche steht zu ihrer Umgebung und der Gemeinde in einem krassen Missverhältnis. Sie ist ein riesiger, Stein gewordener Egotrip, und es ist, als würden die Häuser von Wychehill vor ihr zurückweichen, sich in die Senken und Felsspalten ducken. Das sagt viel über Wychehill. Schon seit Jahrzehnten ist das hier eine instabile Gemeinde, kaum jemand bleibt länger hier.»
    Syd Spicers Stimme trug durch die gesamte Kirche und erzeugte dabei kaum ein Echo. Was immer man über Joseph Longworth sagen konnte, seinen Raumakustiker für den Kirchenbau hatte er perfekt ausgesucht.
    «Ich kenne mich ein bisschen in Geologie aus», sagte Spicer. «Durch Wychehill verläuft eine Bruchstelle im Gestein, wussten Sie das? Zwar sind die gesamten Malvern Hills vulkanischen Ursprungs, aber sie haben sich schon vor Ewigkeiten aufgefaltet. Die Bewegungen
hier
sind wesentlich jünger. Und mit jünger meine ich das achtzehnte oder neunzehnte Jahrhundert.»
    «Es gab also Erdbewegungen, und trotzdem hat man anschließend hier Steinbrüche aufgemacht?» Merrily folgte Spicer den Mittelgang hinunter. «Kein Wunder, dass Winnie Sparke sagt, die Hügel hätten Schmerzen.»
    «Sie ist nicht dumm», sagte Spicer. «Sie gibt zwar ständig dieses Esoterik-Zeug von sich, aber das ist nur Tarnung, damit die Leute sie für naiv halten und ihr alles Mögliche erzählen. Wussten Sie, dass Mrs. C. Winchester Sparke in den USA Professorin für Anthropologie war?»
    «Ja.»
    «Sie hat Ältere Geschichte, Vergleichende Religionswissenschaften, Philosophie und Anthropologie studiert. Eine sehr gebildete Frau. Ihrer Theorie zufolge war der gesamte Höhenzug der Malverns eine riesige Kultstätte … und einen Beleg dafür sieht sie darin, dass hier so viel Unbeständigkeit herrscht. Die Leute lebten hier nicht für längere Zeit, sondern um transzendentale Erfahrungen zu machen … um Visionen zu haben. Das gilt ihrer Meinung nach sowohl für

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