Ein dunkler Gesang
sagte mit schwacher Stimme: «Landwirtschaftsdienste?»
Gomer sah sie feierlich an. Es war wirklich rührend. Das Wort Landwirtschaftsdienste repräsentierte für Gomer eine alte, ehrenwerte Tradition zur Rettung ländlicher Gebiete vor Sintflut und Hungersnöten, indem er mit mächtigem Gerät den Bedürftigen zu Hilfe eilte. Und dieser Kodex der Rechtschaffenheit, der in den Landwirtschaftsdiensten herrschte, sprach aus jeder von Gomers Gesten.
«Sehen Sie Ihren Cousin oft?», fragte Gomer. «Gerry Murray aus Lyonshall?»
«Nein.»
«Ar», sagte Gomer. «Hab ich mir auch sagen lassen.»
Jane sah ihn neugierig an. Gomer kannte sich in den dicht verflochtenen Beziehungen in dieser Gegend gut aus, wusste über Fehden und Auseinandersetzungen Bescheid, und was er nicht wusste, konnte er herausfinden.
«Sie kennen ihn?», fragte Mrs. Kingsley.
«Nein. Aber mir reicht, was ich über ihn gehört habe. Wenn Sie verstehn, was ich meine.»
So stand er da, ohne zu drängen. Klein und schlank, mit dicken Nackenfalten.
«Gerry … weiß, was er will, und sorgt dafür, dass er es auch bekommt», sagte Mrs. Kingsley.
«Hab ich auch gehört. Und Ihr Tantchen Maggie – scheint mir, die warn bisschen so wie unsre Janey hier – hat sich Sorgen gemacht, was richtig ist.»
Mrs. Kingsley senkte den Blick und strich über ihre Schürze. Die Schürze war beige, mit einem Muster aus schwarzen Katzen.
«Meine Tante hat ein- oder zweimal von Ihnen gesprochen, Mr. Parry», sagte sie. «Sie machen es mir richtig schwer.»
«Wie?»
«Ich habe ein paar Briefe … und Fotos.»
«Die Ihnen Mrs. Pole hinterlassen hat.»
«Anscheinend wissen Sie davon.»
«Kann sein.»
«Ich wollte sie dem Museum von Hereford anbieten. Die Fotos gehörten meiner Großmutter, Hazel Probert. Ich glaube, das hätte sie auch gewollt.»
Mrs. Kingsley schaute nachdenklich auf die Straße.
Jane stellte fest, dass sie den Atem angehalten hatte.
«Nach der Fernsehreportage habe ich die Sachen heruntergeholt», sagte Mrs. Kingsley. «Im Fernsehen sah es aus, als wäre es nicht dasselbe Stück Land – mit all den Zäunen und Schildern.»
«Das ist noch gar nichts dagegen, wie es aussehen wird, wenn diese Luxushäuser dort draufstehen», sagte Jane.
«Also», sagte Mrs. Kingsley. «Ich kann Ihnen die Fotos nicht geben. Aber ich kann sie Ihnen zeigen. Ich glaube, sie erklären, warum meine Großmutter nicht gewollt hätte, dass jemand wie Gerry Murray die Weide bekommt.»
45 Von hohem Ansehen
Als Merrily nach Hause kam, war außer Ethel niemand da. Sie gab der Katze etwas zu fressen und ging ins Spülküchenbüro. Der Anrufbeantworter war so voll, dass keine weiteren Nachrichten aufgezeichnet werden konnten. Die Luft war abgestanden, und eine Fliege versuchte sich durchs Fensterglas ins Freie zu bohren.
Merrily öffnete das Fenster und setzte sich mit einer Chipstüte an den Schreibtisch. Sie rief bei Lol an, wo niemand abnahm. Dann versuchte sie es auf seinem Handy: besetzt.
Sie brauchte einen Rat, wollte beten, wusste aber nicht recht, um was. Sie legte den Kopf auf den Schreibtisch und schloss die Augen.
Trotz des offenen Fensters flog die Fliege nicht hinaus. Ständig dieses Gesumme, das nicht aufhören wollte. Merrily schreckte hoch. Das Telefon neben ihrem Ohr klingelte.
«Merrily?»
«Frannie?»
«Alles in Ordnung mit Ihnen?»
Sie schüttelte sich und rieb sich über die Augen.
«Entschuldigung, ich war eingeschlafen.»
«Sagen Sie mal, Merrily, haben Sie heute überhaupt keine Lokalnachrichten im Radio gehört?»
«Ich hatte das Radio im Auto überhaupt nicht an. Vermutlich hatte ich Angst, dass ich irgendwelche Leute über Jane reden höre. Sagen Sie mir einfach, dass Ihr Anruf nichts mit Jane zu tun hat.»
«Solange sie niemanden erschossen hat.»
«Das Problem war mein Großvater», sagte Mrs. Kingsley. «Anscheinend hat Mr. Watkins eines Tages bei ihnen vor der Tür gestanden und sehr höflich gefragt, ob er sich einmal ihre untere Weide ansehen dürfte.»
Jane krallte sich in die Sofalehne.
Er war da? Er hatte es gewusst? Er hatte von der Ley in Ledwardine gewusst?
«Meine Großmutter war natürlich unheimlich geschmeichelt davon, dass ein Mann wie Mr. Watkins so einfachen Leuten wie ihnen einen Besuch abstattete. Sie war damals noch sehr jung. Sie hatten natürlich alle von Mr. Watkins gehört, er war ja ein recht bekannter Bürger dieser Stadt. Das hatte damals noch gar nichts mit den Ley-Linien zu
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