Ein dunkler Gesang
überzeugen.»
Jane sah Gomer an.
«Hatter also sein Steuerberater mitgenommen, soso», sagte Gomer.
Mrs. Kingsley nahm einen steifen Pergamentumschlag aus einer Kommodenschublade.
«Mr. Watkins war immer sehr höflich, aber er war auch … gewieft, könnte man es wahrscheinlich nennen. Als er das nächste Mal kam, war Markttag, und er wusste, dass mein Großvater nicht in der Stadt und meine Großmutter allein im Haus sein würde. Und dieses Mal hat er … einen Freund mitgebracht.»
Sie kam mit dem Umschlag zurück zum Sofa, auf dem Jane und Gomer saßen.
«Einen adligen Gentleman», sagte sie, «von hohem Ansehen.
Sehr hohem
Ansehen, und nicht nur in Hereford. Vermutlich ist meine Großmutter beinahe in Ohnmacht gefallen, als sie ihn erkannt hat.»
Jane sagte. «Der Prinz von Wales?»
«Ich zeige es Ihnen gleich. Aber zuerst erzähle ich, was dabei herausgekommen ist. Watkins hat meiner Großmutter einen Handel angeboten. Wenn mein Großvater ihn für sein privates Archiv die Bilder von der Weide machen ließe, dann würde er ihr ein paar andere Bilder schenken. Und zwar von Großmutter zusammen mit dem Gentleman.»
Cool, dachte Jane. Dieser Mann war ein echter Watkins gewesen.
«Nun, es kam für meine Großmutter natürlich überhaupt nicht in Frage, dieses Angebot von Mr. Watkins abzulehnen. Schon gar nicht in Anwesenheit seines vornehmen Begleiters und angesichts des einmaligen Andenkens, das ihr in Aussicht gestellt worden war. Also hat sie entschieden, dass die Fotos sofort gemacht werden sollten. Noch an diesem Tag, während Großvater auf dem Markt war.»
«Brillant», sagte Jane.
«Und wissen Sie was? Ich glaube, sie hat niemals mit ihm über diese Fotos gesprochen oder sie ihm gezeigt. Sie hat sie ihr ganzes Leben lang versteckt. Diese Erinnerung hat sie mit keiner Menschenseele geteilt.»
«Aber wie ist dann …»
«Und sie hat die Bilder erst kurz vor ihrem Tod –
eine Woche
vor ihrem Tod – Tante Margaret anvertraut. Sie war die älteste Tochter, und ihre Mutter glaubte, sie wäre die Einzige, die verstehen könnte, was die Fotos bedeuten.»
Mrs. Kingsley gab Jane den offenen Umschlag.
Vorsichtig ließ Jane die Bilder herausgleiten. Es waren vier, auf Karton aufgezogen, und jedes war mit Seidenpapier geschützt. Jane hielt originale Fotoabzüge von Alfred Watkins in der Hand. Sie spürte beinahe, wie er sich über ihre Schulter beugte. Jane erschauerte.
Das erste Bild war leicht verblasst, doch wie alle Fotos von Watkins sehr scharf. Jane sah eine Frau mittleren Alters, allerdings konnte sie auch jünger gewesen sein, das war bei diesen strengen Frisuren von damals schwer zu sagen. Die Frau trug einen langen Rock, und auf ihrem Gesicht lag ein verschämtes Lächeln. Und sie stand …
…
auf der Ley
.
Der Weg war damals sogar noch deutlicher zu erkennen gewesen. Und das …
… das war einfach
alles
, was Jane sich hätte wünschen können. Ein unschlagbarer Beweis dafür, dass Alfred Watkins Coleman’s Meadow fotografiert hatte.
Das Bild war vom höchsten Punkt der Weide aus aufgenommen worden, sodass das Gelände von Coleman’s Meadow vor dem Betrachter abfiel und der Turm der Kirche von Ledwardine hinter dem Kopf der Frau und des Mannes aufragte, dem Jane auf den ersten Blick keine Beachtung geschenkt hatte. Es war ein ziemlich normal aussehender älterer Herr. Sehr distinguiert, mit einem mächtigen weißen Schnurrbart und einem Filzhut.
Jane dachte, sie hätte ihn vielleicht schon einmal irgendwo gesehen, aber wo? Es gab noch zwei weitere Aufnahmen des Paares und ein drittes Foto, das von der anderen Seite der Weide aus aufgenommen worden war. Darauf war der ältere Herr allein zu sehen, und er deutete lächelnd mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf den Cole Hill, und er …
Warte mal …
«Gomer?»
Jane gab Gomer das Foto weiter.
Er musterte es genau. Dann ließ er es langsam sinken.
«Da laus mich doch der Affe, Janey … das is der alte Wieheißternoch, oder nich?»
46 Schwarze Kondensstreifen
«Das war ein schäbiger, altmodischer Mord», sagte Bliss. «Nicht zu vergleichen mit dem Mord auf dem Beacon. Das Opfer heißt Malcolm France. War sechsundvierzig Jahre alt. Freiberuflicher Sicherheitsberater. Sie wissen doch, was das bedeutet, oder?»
«Bodyguard?», sagte Merrily.
«Einerseits. Aber andererseits hat er auch als Privatdetektiv gearbeitet. Damit das Geld reicht, hat Malcolm alles Mögliche gemacht, das ging von der Beobachtung untreuer
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