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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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abreißen und das Grundstück an den Supermarkt verkaufen. Und wir hätten einen riesigen blitzenden Megastore am Ende der Church Street. Einen richtigen … Konsumtempel.»
    «Ar. So in der Art. Un jetz rat ma, Janey, wie Stus Steuerberater heißt.»
    «Wow.» Jane rutschte vor Aufregung auf ihrem Sitz vor.
«Das gibt’s doch nicht.»
    «Is n offenes Geheimnis, Kleine. Hab’s dir doch gesagt: Wenn de gleich davon ausgehst, dass dein Gemeinderat korrupt ist, sparste dir ne Menge Zeit.»
    «Gomer, das ist einfach …»
    «Un das is noch nich ma alles. So Supermarktketten, die ham so ne Art Limit … also ich mein, ein Ort muss ne bestimmte Einwohnerzahl ham, damit es sich lohnt, dort nen neuen Supermarkt aufzumachen. Un Ledwardine is n Grenzfall. Da wern noch ungefähr hundert Häuser mehr gebraucht. Verstehste, worauf ich rauswill?»
    «Luxus… Eigen…», Jane verschluckte sich, «…heime.»
    «Wär schon ma n Anfang.»
    «Das ist doch …»
    «Un es geht noch weiter. Ich hab mit Jack Brodrick geredet. Jack war Landvermesser beim alten Verwaltungsrat von Radnorshire.
Er
hat gesagt, Coleman’s Meadow wär n ganz wichtiger strategischer Schachzug. Strategisch, verstehste, das war sein Wort. Das heißt: Wenn auf Coleman’s Meadow Häuser gebaut wern, muss man ne Straße durch den alten Obstgarten baun. Un die Straße erschließt die gesamte östliche Seite von Ledwardine. Und damit hat sich’s, Janey, un zwar komplett. Dann gibt’s automatisch noch mehr Bauprojekte hinter der Ole Barn Lane, drüben an der Umgehungsstraße un bis raus zur andern Seite vom …»
    Gomer warf Jane einen Blick zu.
    «Cole Hill?»
    «Ganz genau.»
    «Aber dann wäre ja … wenn auf Coleman’s Meadow auch Häuser stehen, wäre der Cole Hill ja von allen Seiten zugebaut.»
    «Tja, Jack Brodrick denkt, das is der Plan dahinter.»
    «Gomer, das ist doch furchtbar! Pierce will das ganze Dorf übers Ohr hauen. Er will alles umkrempeln, wir werden eine … ganz andere Stadt!»
    «Sieht so aus.»
     
    Als Gomer nach Ledwardine abbog, hörte Jane auf ihrem Handy Merrilys Nachricht ab. Das Übliche. Vielleicht waren Mom und Lol schon wieder zu Hause, wenn sie zurückkam. Auf jeden Fall hatte Jane keine Lust zurückzurufen. Ihr ging viel zu viel durch den Kopf. Und sie war unglaublich wütend.
    Sie kamen ins Dorf. Ledwardine in der Dämmerung. Die Fachwerkhäuser zeitlos und geisterhaft im Licht der nachgemachten Gaslampen und des rötlichen Schimmers, der aus den Rautenscheiben des
Black Swan
fiel. Nirgends Neonlicht.
    Vor dem
Swan
standen die Riesenautos und Offroader der aufgeblasenen Restaurantgäste. Ein paar Jungs hingen mit Bierdosen in der Hand auf dem Marktplatz herum.
    Man musste sich mal vorstellen, wie es hier in fünf Jahren und mit verdoppelter Einwohnerzahl zugehen würde.
    Entweder wäre es ein Reichenghetto mit hohen Zäunen, Alarmanlagen, Misstrauen und Unfreundlichkeit, oder auf den Straßen würden sich die Leute drängen, und es gäbe Vandalismus, Betrunkene, Schlägereien, Raubüberfälle, und in den Rinnsteinen lägen infizierte Spritzen und Crackpfeifen.
    Zwar war das alles nichts Neues, nicht einmal in Ledwardine. Die Leute hatten schon immer zu viel getrunken, und Schlägereien hatte es in dem alten Dorfpub bestimmt auch schon immer gegeben. Es waren nur diese … neuen
Massenbesäufnisse
, die in den Städten in Mode kamen und etwas Beängstigendes zeigten, nämlich die fast selbstmörderische Hoffnungslosigkeit, die sich in der gesamten Gesellschaft ausbreitete.
    «Nach Hause, oder?» Gomer hatte am Rand des Marktplatzes angehalten.
    «Eigentlich, Gomer, würde ich gern … sehen, was bei Coleman’s Meadow los ist. Vielleicht haben sie ja den Zaun abgebaut oder so.»
    «Das hamse garantiert nich gemacht, Mädchen.»
    «Nur … ich fühle mich schlecht, weil ich mich den ganzen Tag einfach bloß versteckt habe. Weil ich nicht mutig genug war, für meine Überzeugungen einzustehen.»
    «War das Beste, waste hast machen können. Du hast schließlich keine Beweise gehabt.»
    «Ja. Aber jetzt haben wir welche. Können Sie mich morgen noch mal zu Mrs. Kingsley fahren? Damit ich die Bilder fotokopieren gehen kann?»
    «Mach ich.»
    «Sie sind eine Wucht, Gomer.»
    Trotzdem fühlte sich Jane unbehaglich. Was war, wenn Mrs. Kingsley ihre Meinung änderte? Was, wenn Pierce oder Gerry Murray etwas von der Existenz der Fotos erfuhren, Mrs. Kingsley überredeten, sie ihnen auszuhändigen, und die Bilder einfach

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