Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
Intuition.»
    «Findest du nicht, dass ich damit schon genügend Schaden angerichtet habe?» Jane stopfte den
Guardian
hinter ein Sofakissen, damit sie ihn nicht mehr sehen musste.
    «Lol?»
    «Hmm?»
    «Tut mir leid, dass ich dich da mit reinziehe.»
    «Reiß dich zusammen, Jane», sagte Lol. «Du gehörst nicht zu den Leuten, denen hinterher etwas leidtut.»
     
    Die Männer, die den Zaun aufgestellt hatten, waren weg, aber es erinnerte wirklich an ein Gefängnis. Lol war wütend darauf, wie die Behörden heutzutage ihre Pläne durchzogen. Sogar im Gemeinderat gab es ein
Kabinett
, in dem halbseidene Geschäfte im Verborgenen beschlossen wurden. Beim geringsten Aufmucken der Opposition wurden die Türen verschlossen.
    Und Stacheldrahtzäune aufgestellt.
    Und damit hatten sie auch etwas weggesperrt, was ihrer Meinung nach gar nicht existierte. Sie hatten eine
Vorstellung
blockiert.
    Während er am Rand des alten Obstgartens stand, begann Lol besser zu verstehen, was Jane in Alfred Watkins sah, der für sie das unabhängige Denken repräsentierte. Unabhängiges Denken. Das war in den Augen des Establishments schon immer ein Verbrechen gewesen. Lol hatte das Gefühl, ersticken zu müssen, und im selben Moment schlenderte Gomer Parry aus dem Obstgarten. Eine Selbstgedrehte klebte zwischen seinen Lippen.
    «Lol, mein Junge.»
    Gomer nahm die Zigarette aus dem Mund und blies eine Rauchwolke in die Luft. Dann nickte er in Richtung des Zauns.
    «Hat Janey das schon gesehn?»
    «Was halten Sie davon?»
    Gomer sagte: «Was ich davon halte? Ich glaub, wenn Lucy Devenish noch leben würd, hätt sie Lyndon Pierce schon am Schlafittchen hergezerrt, damit er das Ding eigenhändig abreißt.»
    Wie schade es doch war, dass diese konkrete, natürliche Art, Gerechtigkeit durchzusetzen, inzwischen nur noch eine Domäne alter Damen war.
    «Glauben Sie, dass Pierce etwas damit zu tun hat?»
    Gomers Schultern zuckten unter dem sommerlichen Tweedjackett.
    «Kennen Sie diesen Murray, dem die Weide gehört?»
    «Vom Sehn. Hab nie für ihn gearbeitet. Riesenbauernhof, macht seine eigenen Entwässerungsgräben.»
    Macht seine eigenen Entwässerungsgräben.
Tiefer konnte man im Universum der Landwirtschaftsdienste nicht sinken.
    «Aber ich kannte sein Tantchen, Maggie Pole. Hat ihm die Weide vererbt. Feine Lady. Die Weide hier hats ihr immer angetan gehabt.»
    «Ich glaube nicht, dass ich sie kannte.»
    «Die is schon vor deiner Zeit hier weggezogen, Junge. Is rüber in son Altersheim bei Hay. Hardwicke.»
    «Ist sie ins
The Glades
?», fragte Lol. «Dort kannte ich mal jemanden. Was meinen Sie mit: Die Weide hatte es ihr angetan?»
    «An eim Gatter hat immer ne Bank gestanden. Da hat se sich an nem schönen Tag gern draufgesetzt. Schönes, friedliches Plätzchen, un keiner hatse gestört. An mehr hab ich mich nich mehr erinnert, aber nachdem Jane bei mir war, hab ich mich mal mit nem andern alten Knaben unterhalten. Harold Westcott. Kennste den?»
    Lol schüttelte den Kopf.
    «Inzwischen isser über neunzig, der alte Harold, hat aber immer noch sein eigenes Haus. Kann dir nich sagen, was er gestern vom Essen-auf-Rädern gekriegt hat, aber wennde was wissen willst, was in Ledwardine vor fünfzig Jahren passiert is, dann isser dein Mann. Also, Harold, der kannte Maggie Pole ziemlich gut, un er weiß noch, dass sie genau aufgepasst hat, wer sein Vieh auf der Weide grasen lassen durfte. Wollte keine Überweidung un auch nich, dass gepflügt wurde. Meinte, das wär ein Stück Geschichte.»
    «Wirklich?»
    «Halt deine Begeisterung im Zaum, Junge, das hatte nichts mit Ley-Linien zu tun, soweit Harold weiß. Tatsache is, dass er überhaupt nichts drüber weiß. Tut sowieso kaum einer von den Alten. Das is was für Harchäologen – nich für unsereiner.»
    «Und warum war die Weide ein Stück Geschichte?»
    «Weiß nich. Harold schätzt, es war Maggies Mutter, die das immer gesagt hat. Maggies Dad, der alte Cyril Pole, das warn ziemlich grober Klotz, aber ihre Ma war ne Lady … richtig kultiviert, hat Bücher gelesen und hatte ihr eigenes Aufzieh-Grammophon. Es is so: Harold Westcott sagt, Maggie hätt ihm erzählt, dass ihre Ma immer gesagt hat, Coleman’s Meadow dürfte nich angerührt wern.»
    «Und es … heißt das, die Weide wurde Maggie Pole unter dieser Auflage vererbt?»
    «Ganz bestimmt. Aber manche Dinge geraten in Vergessenheit, nich? Maggie hat keine Kinder, war nie verheiratet, deshalb is auch alles an ihren Neffen un ihre Nichte

Weitere Kostenlose Bücher