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Ein dunkler Ort

Ein dunkler Ort

Titel: Ein dunkler Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Eins der Mädchen behauptet, sie kriegt Kopfschmerzen davon.«
    »Hörst du auch auf?«, fragte Kit.
    »Ich doch nicht. Ich brauche den Job. Ich muss für mich und meinen kranken Vater sorgen. Abgesehen davon, halte ich nicht viel von diesem abergläubischen Zeugs. Was auch immer hier passiert ist, ist schon lange her, daran kann’s nicht liegen.«
    »Was willst du damit sagen?« Kit wurde neugierig. »Was ist hier denn passiert?«
    »Ach, na, Mr Brewer war irgendwie merkwürdig.« Natalie zuckte die Achseln. »Die Leute haben aus Mücken Elefanten gemacht. Werdet ihr auch nicht frieren da draußen? Mein Mantel und Pullover hängen im Besenschrank, könnt ihr überziehen, wenn ihr wollt.«
    »Danke«, sagte Kit. »Wir bleiben nicht lange draußen.«
    Sie gab Sandy den Mantel und zog selbst den abgetragenen blauen Pullover über, der an einem Nagel an der Schranktür hing, dann gingen die beiden Mädchen hinaus in die Nacht.
    Der Plattenweg von der Küchentür führte um die Hausecke herum in den Garten. Ein Dreiviertelmond hing hoch über den Bäumen und schickte lange Silberstreifen über den Rasen. Der Gartenweg leuchtete im Mondschein und ein schwacher süßer Duft entströmte den Büschen wie eine Erinnerung an die letzten welken Sommerblüten. Am Ende der Rasenfläche lag schwarz glitzernd und still der See. Die Nachtluft war kalt und rein, zart durchweht vom Duft der Bäume. Wie ein dunkler Rahmen umgaben die Wälder den silbernen Garten und den glitzernden See.
    »Es ist so schön draußen«, sagte Kit leise. »Ich bin froh, dass du rausgehen wolltest. Nachts ist es noch viel schöner als bei Tag.«
    »Ich musste einfach raus«, sagte Sandy. »Hätte ich noch länger da in diesen Mauern sitzen müssen, wäre ich vermutlich erstickt. Kit, bin ich verrückt? Was ist los mit mir?«
    »Sprichst du von deinem Traum?« Kit wollte einen beruhigenden Ton anschlagen. »Ich hab mit Jules drüber geredet, und ich fand es ganz vernünftig, was er gesagt hat. Du bist zum ersten Mal von zu Hause weg, musst dich an neue Dinge gewöhnen …«
    »Das ist es nicht«, unterbrach Sandy sie. »Wirklich nicht. Da bin ich mir sicher. Es ist dieser Ort … Blackwood. Er hat etwas Unheimliches an sich. Erzähl mir nicht, dass du es nicht auch gemerkt hättest. Ich weiß es.«
    »Also … ja.« Kit dachte zurück an den ersten Tag, als sie, ihre Mutter und Dan das Haus zum ersten Mal vor sich gesehen hatten, riesig und imposant, im Licht der Spätnachmittagssonne, die sich in den Fenstern spiegelte und den Anschein erweckte, das ganze Haus stünde drinnen in Flammen.
    »Merkst du es nicht?«, hatte sie zu ihrer Mutter gesagt. »Dieser Ort hat etwas an sich …«
    »Ja«, sagte sie jetzt zu Sandy und dabei zitterte sie trotz des Wollpullovers ein bisschen. »Das hab ich auch gesagt, und ich weiß genau, was du meinst. Aber es kann doch nicht das Haus sein. Ein Haus hat doch keine Persönlichkeit.«
    »Was war das erste Wort, das dir in den Sinn kam, als du es gesehen hast?«
    »Weiß ich nicht mehr«, stammelte Kit.
    »Du weißt es. Du willst dich nur nicht daran erinnern. Es war ein bestimmtes Wort und das tauchte ganz plötzlich in deinem Kopf auf. Es war ›böse‹.«
    »Du hast recht.« Kit sah sie ungläubig an. »Wie bist du darauf gekommen? Das hab ich dir nie erzählt. Ich hab keinem was davon gesagt.«
    »Ich weiß es, weil dieses Wort da war. Ich hab es auch gespürt. Es gehörte ebenso zu dem ersten Eindruck, den man von diesem Haus bekommt, wie das spitze Dach. Professor Farley hat mich von der Bushaltestelle im Dorf abgeholt und wir sind durch den wunderschönen Morgen hier raufgefahren. Das Sonnenlicht fiel durch die Bäume und der Himmel war so blau und klar. Wir fuhren durchs Tor auf die Auffahrt – und plötzlich legte sich ein schwarzer Schatten über unseren Weg. Wie eine unsichtbare Kraft. Je mehr wir uns dem Haus näherten, desto dunkler wurde es. Und das war die Art Dunkelheit, die man nur fühlen und nicht sehen kann. Als ich aus dem Auto stieg und durch diese Eingangstür ging, wäre ich am liebsten umgekehrt und wieder rausgerannt.«
    »Aber jetzt spüren wir es nicht«, sagte Kit. »Nicht die ganze Zeit. Nachts auf dem Flur ist es da, wenn alles so schwarz ist, und in unseren Träumen, aber dann, ganz oft, wenn wir lachen und lernen und in den Unterricht gehen und alles so schön und normal ist …«
    »Weil wir jetzt dazugehören«, sagte Sandy. »Begreifst du das denn nicht, Kit? Wir sind ein Teil des

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