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Ein dunkler Ort

Ein dunkler Ort

Titel: Ein dunkler Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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funkelte ihn an. Wut trat an die Stelle der Angst. »Wenn du sie nicht holst, Jules, tu ich es. Ich fange an zu schreien und wecke das ganze Haus auf. Ich will die Geheimnisse von Blackwood wissen, und ich habe nicht vor, bis morgen früh zu warten.«

VIERZEHN
    »Es ist zwei Uhr nachts, das dürfte kaum der richtige Zeitpunkt für eine Konferenz sein.« Madame Durets Stimme klang kühl und hart. »Ich muss schon sagen, Jules, dir fehlt es an Urteilsvermögen.«
    »Es ging nicht anders«, sagte Jules. »Kit ist aufgewacht, als sie am Klavier war. Natürlich hat sie angefangen, Fragen zu stellen.«
    »Aber alle nach unten zu holen!« Madame trug einen scharlachroten Morgenmantel. Ihr langes schwarzes Haar war nicht zum üblichen Knoten gebunden, sondern fiel ihr über die Schultern, und ihr ungeschminktes Gesicht wirkte im Lampenlicht beinahe wie ein Totenkopf.
    »Ich habe ihn dazu gezwungen«, sagte Kit. »Denn was immer hier vorgeht, betrifft uns alle. Mir ist es ganz egal, wie spät es ist.«
    Sie sprach mit einer Sicherheit, die sie erstaunte, und sie konnte sehen, dass Madame ihr dafür einen gewissen Respekt zollte.
    »Und ihr?« Madame sprach die anderen drei Mädchen an, die sich in Bademänteln und Pantoffeln im Salon eingefunden hatten. Professor Farley, der einen Mantel über seinem Pyjama trug, saß in einem Sessel am Fenster. »Entspricht diese … Konfrontation … auch eurem Wunsch?«
    Ruth nickte schnell. Ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet. Sandy zögerte mit großen, ängstlichen Augen. Dann nickte sie auch.
    Lynda sah Ruth verständnislos an.
    »Wovon redet sie?«, fragte sie. »Warum sind wir alle hier unten?«
    Ruth wandte sich an Madame Duret. »Lynda muss es auch hören. Sie versteht es vielleicht nicht, aber Sie müssen es ihr sagen. Alles andere wäre verkehrt.«
    »Nun gut«, sagte Madame. »Ich hatte mir selbstverständlich vorgenommen, zur rechten Zeit alles zu enthüllen. In meinen früheren Schulen habe ich das auch getan. Allerdings hatte ich gehofft, noch ein wenig länger damit warten zu können. Wir sind immer noch am Anfang. Es muss noch so viel getan werden, bis eure Beziehungen gesichert sind.«
    »Welche Beziehungen denn?«, fragte Kit.
    Madame antwortete nicht gleich. Stattdessen schaute sie an ihnen vorbei, zum Fenster hinaus in die Dunkelheit.
    Als sie schließlich anfing zu sprechen, tat sie es langsam, so als müsse sie nach den passenden Worten suchen.
    »Die meisten Leute in dieser Welt sind wie Kinder. Ihr Leben spielt sich nur auf einer einzigen Ebene ab, der physischen Ebene des Hier und Jetzt. Sie gehen von einem Tag zum anderen, sehen die materiellen Dinge, die sie umgeben, und glauben, dahinter wäre nichts weiter.
    Aber sie irren sich. Es gibt eine zweite Ebene der Realität, eine spirituelle Ebene, die genauso real ist wie das Physische. Sie geht über die erste Ebene hinaus und existiert dahinter. Einige wenige besondere Menschen sind mit einer außergewöhnlichen Sensitivität für diese spirituelle Welt gesegnet, sie vermögen im Geiste eine Brücke zwischen diesen beiden Realitäten zu schlagen.« Ein Anflug von Stolz schlich sich in ihre Stimme. »Ich bin einer von diesen Menschen.«
    Kit starrte sie an. »Wollen Sie damit sagen, Sie sind ein Medium?«
    »Ich nehme Anstoß an diesem Wort«, sagte Madame steif. »Es hat so eine Aura von Betrug und Taschenspielertricks. Für derartige Vorstellungen gebe ich mich nicht her. Ich bin überzeugt davon, dass meine Gabe zu wertvoll ist, um auf diese Art missbraucht zu werden. Sie darf nur zum Wohl der Menschheit eingesetzt werden.«
    »Und wie wäre das?«, fragte Kit.
    Madame sprach weiter, als hätte sie die Frage nicht gehört.
    »Heute liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei über siebzig Jahren, das reicht, um viele Fähigkeiten zu entwickeln. Aber das hat sich erst innerhalb der letzten hundert Jahre so ergeben. Davor starben die Menschen meistens viel jünger als es heute der Fall ist, und unter denen, die so früh verstarben, waren brillante und hochbegabte Menschen, die der Welt so viel zu geben hatten. Diese Menschen sind es, die ich zu erreichen versuche. Ihnen biete ich die Gelegenheit, zurückzukehren.«
    »Was?« Das hatte Sandy gesagt, ihre Stimme klang völlig ausdruckslos, so schockiert war sie. »Aber Menschen können nicht mehr zurückkommen, wenn sie erst gestorben sind!«
    »Nicht in körperlicher Form«, sagte Madame. »Aber in spiritueller Form können sie es, wenn es Raum für sie

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