Ein Earl kommt selten allein (German Edition)
genau das ist der Grund«, entgegnete Daniel ironisch. »Den Aussagen ihrer Schwestern zufolge müsste ich mich eigentlich schämen, dich als Freund zu bezeichnen, so schrecklich, wie du sie behandelt hast.«
Richard zog die Brauen hoch, und Daniel nickte.
»Offenbar war das Beste, das du je für sie getan hast, tot umzufallen. Beide Schwestern beklagen deine unerwartete Wiederauferstehung.«
»Hm.« Richard warf einen verstohlenen Blick auf seine »Gemahlin«. Die Musik hatte inzwischen aufgehört, und ihr derzeitiger Tanzpartner führte sie von der Tanzfläche. Richard konnte sehen, wie sie sich anspannte, als sie sich dem Rand der Tanzfläche näherte, und dann plötzlich wieder entspannte; ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als Langley vortrat und sie zu einem zweiten Tanz aufforderte. Anscheinend waren ihm die Freunde ausgegangen, und er ging das Risiko ein, erstauntes Stirnrunzeln zu ernten, indem er ein zweites Mal mit ihr tanzte.
Mit gesenktem Blick fragte Richard: »Ein Freund der Familie, ja?«
»Wie ein Bruder, sagt Suzette.«
Richard grummelte vor sich hin und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine »Gemahlin« und Langley. Der Mann führte sie in respektvollem Abstand, aber an der Art, wie er auf sie hinunterblinzelte, und daran, wie sanft er sie hielt, war sein Beschützerinstinkt unzweifelhaft zu erkennen. Ob wie ein Bruder oder nicht, Langley verhielt sich der Gemahlin eines anderen Mannes gegenüber eindeutig zu besitzergreifend. »Hast du sonst noch etwas herausgefunden?«
»Du meinst, abgesehen von der Tatsache, dass dein Bruder anscheinend heute Morgen in seinem Arbeitszimmer zusammengebrochen und höchstwahrscheinlich tot ist?«, fragte Daniel trocken. »Man sollte meinen, das würde genügen, um dich im Moment zu beschäftigen. Wenn er tot ist, werden die Dinge einigermaßen kompliziert.«
Richard schaffte es, seine Aufmerksamkeit wieder von »seiner Gemahlin« abzuwenden und über die Bedeutung von Daniels Worten nachzudenken. Er hatte sich danach gesehnt, seinem Bruder entgegentreten zu können, ihm ein Geständnis abzuringen und ihm die Faust ins Gesicht zu schmettern. Tatsächlich hatte er vorgehabt, den Kerl für all das, was er ihn hatte durchmachen lassen, bewusstlos zu schlagen, was natürlich nicht mehr gehen würde, wenn George tot war.
»Wenn er tot ist, könnte es schwierig werden zu beweisen, wer du bist«, erklärte Daniel und handelte sich einen scharfen Blick von Richard ein.
»Was meinst du damit?«
»Nun, das ganze letzte Jahr haben alle gedacht, dass George bei dem Brand im Stadthaus gestorben ist. Der Mann, der jetzt ganz offensichtlich in deinem Zimmer in Eis gepackt liegt, hat die ganze Zeit so getan, als wäre er du. Es wird ganz sicher einige Verwirrung geben. Sie könnten dich für George halten, der das Feuer überlebt hat und lediglich versucht, sich für Richard auszugeben, weil er sichergehen will, dass er alles erbt, ohne erst darauf warten zu müssen, dass das Testament für rechtsgültig erklärt wird. Oder sie könnten sogar zu dem Schluss kommen, dass du lediglich ein Bastard deines Vaters bist, der das Glück hat, den Zwillingen sehr ähnlich zu sehen, und nun, da beide tot sind, aus Habgier versucht, ihren Reichtum und Titel an sich zu reißen. Schließlich ist George angeblich vor mehr als einem Jahr begraben worden.«
Richard verzog das Gesicht. Der Mann, der in der Familiengruft begraben lag, war einer der Verbrecher, die den Auftrag gehabt hatten, ihn zu töten. Der Mann hatte etwa seine Größe und Statur gehabt. Da er in seinem Bett gefunden worden war, zu Asche verbrannt, hatte niemand etwas anderes sagen können. Sie alle waren davon ausgegangen, dass er George war, aber Richard wusste, dass das nicht stimmte. Den Abschaum aus der Familiengruft zu entfernen, war eines der vielen Dinge, die er sich vorgenommen hatte, wenn er erst wieder seinen rechtmäßigen Platz eingenommen hatte. Sofern es ihm gelang, dorthin zu kommen, dachte er grimmig.
»Wir müssen irgendwie deine Identität beweisen«, sagte Daniel in einem Tonfall, der darauf hindeutete, dass er sich Gedanken darüber machte, ob dies möglich war. »Und dann ist da noch der Skandal, der über alle hereinbrechen wird. Lady Christiana hat vor mehr als einem Jahr jemanden geheiratet, den sie für Richard Fairgrave gehalten hat, den Earl von Radnor, und seither mit ihm zusammengelebt.«
»Aber das war nicht ich«, wies Richard auf das Offensichtliche hin.
»Nein.
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