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Ein Earl mit Mut und Leidenschaft

Titel: Ein Earl mit Mut und Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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hatte er ein Dienstmädchen rufen wollen, das Miss Wynter dann zu ihrem Zimmer geleitet hätte, wirklich, aber anscheinend konnte er ihrem zarten Naserümpfen nicht widerstehen.
    „Lord Winstead“, begann sie, „Ihnen ist doch sicher bewusst, wie ungehörig ein solches ... ein solches ...“
    „Oh, keine Sorge“, sagte er, froh, sie von ihren Artikulationsschwierigkeiten erlösen zu können, „Ihre Tugend ist bei mir völlig sicher.“
    „Nicht aber mein Ruf!“
    Da musste er ihr recht geben.
    „Ich mache so schnell wie ...“ Er hielt inne. „Na, eben so schnell, wie ich kann.“
    Sie blickte ihn an, als wären ihm Hörner gewachsen. Hässliche Hörner.
    Er lächelte forsch. „Ich werde im Handumdrehen wieder bei den anderen sein; niemand wird merken, dass ich Sie gebracht habe.“ „Darum geht es nicht.“
    „Nicht? Sie haben gesagt, Sie machen sich Sorgen um Ihren Ruf.“
    „Stimmt, aber ...“
    „So schnell“, unterbrach er sie und erstickte damit jedweden Protest im Keim, den sie auf den Lippen gehabt haben mochte, „dass ich kaum Zeit hätte haben können, Sie zu verführen, selbst wenn ich das im Sinn gehabt haben sollte.“
    Sie rang nach Luft. „Mylord!“
    Er hätte es nicht sagen sollen. Aber es war so unterhaltsam.
    „Ich mache nur Spaß.“ Er grinste.
    Sie musterte ihn voller Misstrauen.
    „Es zu sagen war der Spaß“, erklärte er rasch. „Nicht das Gefühl an sich.“
    Sie schwieg weiterhin. Und meinte schließlich: „Ich glaube, Sie sind übergeschnappt.“
    „Das ist sicher eine Möglichkeit“, stimmte er freundlich zu. Er deutete auf den Korridor, der zur Westtreppe führte. „Hier entlang.“ Er wartete einen Augenblick und fügte hinzu: „Es ist ja nicht so, als hätten Sie eine Wahl.“
    Sie erstarrte, und er begriff, dass er einen Fehler begangen hatte. Einen Fehler, der mit irgendetwas in ihrer Vergangenheit zu tun hatte, in einer anderen Zeit, in der sie keine Wahl gehabt hatte.
    Aber vielleicht war es auch einfach deswegen ein Fehler, weil es eben ein Fehler war, ganz unabhängig von ihrer Geschichte. Er kniff weder Dienstmädchen in den Po noch versuchte er, junge Damen auf Gesellschaften in die Ecke zu drängen. Er hatte sich immer bemüht, Frauen mit Respekt zu begegnen. Und niemals hatte er die Absicht gehabt, Miss Wynter irgendwie geringer zu behandeln.
    „Bitte verzeihen Sie.“ Ehrerbietig neigte er den Kopf. „Ich habe mich danebenbenommen.“
    Ihre Lippen öffneten sich, und sie blinzelte mehrmals in schneller Folge. Anscheinend wusste sie nicht, ob sie ihm glauben sollte, und wie betäubt erkannte er, dass ihre Unentschlossenheit ihm schier das Herz brach.
    „Ich meine es ehrlich“, versicherte er eindringlich.
    „Natürlich“, erwiderte sie schnell, und er wünschte sich, dass es stimmte. Er hoffte es. Sicher konnte er sich schließlich nicht sein, möglicherweise war sie einfach nur höflich.
    „Ich möchte jedoch noch betonen“, meinte er, „dass ich nicht deswegen gesagt habe, Sie hätten keine Wahl, weil sie bei meiner Tante angestellt sind, sondern weil Sie sich in dem Haus einfach nicht auskennen.“
    „Natürlich.“ Regungslos stand sie da.
    Aber er hatte das Gefühl, noch mehr sagen zu müssen, weil... weil... Weil er die Vorstellung nicht ertragen konnte, dass sie schlecht von ihm dachte. „Jeder Gast wäre in derselben Lage gewesen“, schob er hinterher und betete im Stillen, er möge sie von der Aufrichtigkeit seiner Worte überzeugen.
    Sie machte den Eindruck, als wollte sie etwas entgegnen, aber dann schüttelte sie nur leicht den Kopf, vermutlich weil es ein weiteres „Natürlich“ gewesen wäre. Er wartete geduldig -sie stand immer noch vor dem Gemälde des dritten Earls -, zufrieden, sie einfach nur anzusehen, bis sie schließlich sagte: „Danke.“
    Er nickte. Es war eine elegante Bewegung, vornehm und weltgewandt. Auf diese Art hatte er schon tausendmal einen Dank quittiert. Doch innerlich wurde er von einer Woge der Erleichterung überrollt. Eine Erfahrung, die ihn Demut lehrte. Oder ihn völlig aus der Fassung brachte.
    „Sie sind kein Mann, der andere missbraucht“, stellte sie fest, und in diesem Augenblick verstand er.
    Jemand hatte ihr wehgetan. Anne Wynter wusste, was es bedeutete, einem Stärkeren, Mächtigeren ausgeliefert zu sein.
    Daniel spürte, wie etwas in ihm sich vor Zorn verhärtete. Oder vielleicht vor Kummer. Oder Bedauern.
    Er konnte nicht benennen, was er fühlte. Zum ersten Mal in seinem Leben

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