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Ein Earl mit Mut und Leidenschaft

Titel: Ein Earl mit Mut und Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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waren seine Gedanken völlig in Aufruhr, jagten einander, überschrieben einander wie eine sich ständig ändernde Geschichte. Die einzige Gewissheit, die ihm blieb, war, dass es ihn seine ganze Kraft kostete, sie nicht in die Arme zu schließen. Sein Körper erinnerte sich an sie, ihren Duft, ihre Rundungen, selbst die Wärme ihrer Haut an seiner.
    Er wollte sie. Er wollte sie ganz.
    Doch seine Familie wartete mit dem Abendessen auf ihn, und seine Ahnen blickten aus ihren Bilderrahmen auf ihn herab, und sie - die Frau, um die es ging - beobachtete ihn mit einer Vorsicht, die ihn zutiefst berührte.
    „Wenn Sie hier warten“, sagte er ruhig, „hole ich ein Dienstmädchen, das Sie zu Ihrem Zimmer bringt.“
    „Danke“, erwiderte sie und deutete einen Knicks an.
    Er setzte sich in Bewegung, doch nach ein paar Schritten blieb er stehen. Als er sich zu ihr umdrehte, stand sie noch an der Stelle, an der er sie zurückgelassen hatte.
    „Ist etwas nicht in Ordnung?“, erkundigte sie sich.
    „Ich möchte nur, dass Sie wissen ...“ Er verstummte.
    Was? Was sollte sie wissen? Er hatte keine Ahnung, warum er angefangen hatte zu reden.
    Er war ein Narr. Aber das war ihm ohnehin klar. Er war ein Narr, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
    „Mylord?“, fragte sie, nachdem er eine ganze Weile schweigend dagestanden hatte, ohne seinen Satz zu beenden.
    „Schon gut“, murmelte er und wandte sich wieder um, in der Erwartung, dass ihn seine Füße aus der Galerie tragen würden. Doch sie taten es nicht. Er stand wie angewurzelt, atemlos, mit dem Rücken zu ihr, während sein Verstand ihn anschrie, er solle sich doch einfach ... bewegen. Mach einen Schritt. Los!
    Doch stattdessen drehte er sich wieder um - irgendein verräterischer Teil von ihm wollte unbedingt noch einmal einen Blick auf sie werfen.
    „Wie Sie meinen“, sagte sie ruhig.
    Und dann, bevor er es sich noch anders überlegen konnte, ging er zu ihr zurück. „Genau“, erwiderte er.
    „Wie bitte?“ Ihr Miene zeigte Verwirrung. Verwirrung, in die sich Beunruhigung mischte.
    „Wie ich meine“, wiederholte er. „Das haben Sie gesagt.“
    „Mylord, ich glaube nicht..."
    Drei Fuß vor ihr machte er Halt. Außer Reichweite. Er vertraute sich, aber nicht vollkommen.
    „Sie sollten das nicht tun“, sagte sie leise.
    Aber es war schon zu spät. „Ich möchte Sie küssen. Das war es, was Sie wissen sollten. Denn wenn ich es nicht tue, und es sieht ganz danach aus, weil Sie mir das nicht gestatten, zumindest jetzt nicht... also, wenn ich es nicht tue, dann sollten Sie wissen, dass ich es gern getan hätte.“ Er blickte auf ihren Mund, ihre vollen, zitternden Lippen. „Es immer noch tun will.“
    Er hörte, wie ihr der Atem stoßweise über die Lippen kam, aber als er ihr in die Augen sah, die so dunkelblau waren, dass sie fast schwarz wirkten, entdeckte er, dass sie ihn begehrte. Er hatte sie erschreckt, das war offensichtlich, aber sie wollte ihn dennoch.
    Jetzt würde er sie nicht küssen, er hatte begriffen, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war. Aber er hatte es ihr mitteilen müssen. Sie hatte erfahren müssen, was genau er wollte.
    Was sie ebenfalls wollte, wenn sie es sich nur eingestehen würde.
    „Dieser Kuss.“ Seine Stimme war rau vor mühsam beherrschtem Verlangen. „Dieser Kuss ... ich wünsche ihn mir mit einer Leidenschaft, die mich erschüttert. Ich habe keine Ahnung, warum ich mir das wünsche, nur dass ich mich von dem Moment an danach sehnte, als ich Sie am Pianoforte gesehen habe, und seither ist es nur noch stärker geworden.“
    Sie schluckte, und der Schein der Kerzen, die den Gang säumten, flackerte über ihren zarten Hals. Aber Miss Wynter ging nicht auf seine Worte ein. Das war in Ordnung, er hatte nicht erwartet, dass sie sich in ein derartiges Gespräch verwickeln ließ.
    „Ich will diesen Kuss“, wiederholte er heiser, „und dann will ich noch mehr. Ich will Dinge, von denen Sie vermutlich noch nicht einmal ahnen, dass es sie gibt.“
    Schweigend standen sie da, sahen sich tief in die Augen. „Aber vor allem“, raunte er, „möchte ich Sie küssen.“
    Und dann wisperte sie, und ihre Stimme war kaum lauter als ein Hauch: „Ich will es auch.“

9. Kapitel
    Ich will es auch.
    Sie musste den Verstand verloren haben.
    Eine andere Erklärung gab es nicht. Die letzten beiden Tage hatte sie immer wieder all die Gründe heruntergebetet, warum sie diesen Mann unmöglich begehren durfte, und nun, im ersten Moment, in dem

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