Ein Earl mit Mut und Leidenschaft
Zimmer.
Sobald er jedoch die Tür hinter sich geschlossen hatte, wurde er unsicher, wie er weiter vorgehen sollte. Er wollte alles wissen -wer hatte ihr das angetan? Warum war sie davongelaufen? Wer war sie eigentlich wirklich ? Er wollte Antworten, und zwar jetzt.
So durfte sie niemand behandeln. Nicht, solange er noch atmete.
Doch zuerst musste sie sich aufwärmen, zur Ruhe kommen und begreifen, dass ihr hier nichts geschehen konnte. Er hatte das alles auch schon erlebt, er wusste, wie es war, auf der Flucht zu sein.
Er entzündete eine Lampe, dann noch eine. Sie brauchten Licht.
Anne stand verlegen am Fenster und rieb sich die Handgelenke. Zum ersten Mal an diesem Abend betrachtete Daniel sie richtig. Er hatte wahrgenommen, dass sie zerzaust war, doch in seiner Erleichterung, sie endlich gefunden zu haben, hatte er nicht weiter darauf geachtet. Ihr Haar war auf der einen Seite hochgesteckt, auf der anderen hing es herunter, an ihrem Mantel fehlte ein Knopf, und auf einer Wange hatte sie einen Striemen, bei dessen Anblick ihm eiskalt wurde.
„Anne“, begann er und wählte seine Worte mit Bedacht. „Heute Abend ... wer es auch war ... hat er ...?“
Er konnte es nicht aussprechen. Es lag ihm auf der Zunge, ätzend und brennend.
„Nein“, sagte sie, hoch aufgerichtet und mit Würde. „Er hätte es getan, aber er hat mich draußen auf der Straße erwischt, und An diesem Punkt wandte sie den Blick ab, kniff die Augen zusammen, als wollte sie die unangenehme Erinnerung aussperren. „Er hat gesagt, dass ... Er hat gesagt, er wollte ...“
„Du brauchst nichts zu erklären“, unterbrach er sie rasch, Zumindest jetzt nicht, da sie so verstört war.
Doch sie schüttelte den Kopf, und in ihrem Blick lag eine Entschlossenheit, der er nichts entgegenzuhalten hatte. „Ich will dir alles erzählen.“
„Später“, sagte er sanft. „Nachdem du ein Bad genommen hast.“
„Nein.“ Sie blickte ihm direkt in die Augen. „Du musst mich anhören. Ich habe stundenlang draußen gestanden, ich habe Angst, dass mich der Mut verlässt.“
„Anne, du brauchst keinen Mut..."
„Ich heiße Annelise Shawcross“, platzte sie heraus. „Und ich möchte deine Geliebte werden.“ Und während er sie noch fassungslos anstarrte, fügte sie hinzu: „Falls du mich willst.“
Eine Stunde später stand Daniel am Fenster und wartete darauf, dass Anne ihr Bad beendete. Niemand sollte erfahren, dass sie im Haus war, darauf hatte sie bestanden, daher hatte er sie in einem Schrank versteckt, während die Lakaien die Badewanne mit heißem Wasser füllten. Er vermutete, dass sie immer noch in der Wanne lag und darauf hoffte, dass die kalte Furcht endlich ihren Körper verließ.
Sie hatte versucht, mit ihm über ihren Vorschlag zu reden, hatte behauptet, es sei ihre einzige Möglichkeit, doch er war nicht in der Lage gewesen, ihr zuzuhören. Dass sie sich ihm auf eine solche Weise darbot... Das konnte sie nur getan haben, wenn sie alle Hoffnung verloren hatte.
Und das war einfach nicht auszudenken.
Er hörte, wie die Tür ging, und als er sich umdrehte, sah er Anne, frisch gewaschen und geschrubbt, das nasse Haar aus dem Gesicht gekämmt und über der rechten Schulter irgendwie zusammengefasst, nicht geflochten, eher kordelartig zusammengedreht.
„Daniel?“, sagte sie leise, schaute sich im Zimmer um und tappte barfuß über den dicken Teppich. Sie trug seinen Morgenrock, dessen Blau beinahe genauso tief war wie das ihrer Augen. Er war ihr viel zu groß, reichte ihr beinahe bis zu den Knöcheln, und sie hatte sich ihre Arme um die Taille gelegt, um ihn zusammenzuhalten.
Er glaubte, er habe sie noch nie so schön gesehen.
„Ich bin hier“, sagte er, als ihm klar wurde, dass sie ihn am Fenster nicht sah. Während sie gebadet hatte, hatte er seinen Rock abgelegt, sein Krawattentuch und auch die Stiefel. Sein Kammerdiener war leicht verschnupft gewesen, weil seine Hilfe nicht erwünscht war, daher hatte Daniel die Stiefel vor die Tür gestellt in der Hoffnung, dass es der Kammerdiener als Einladung betrachten würde, sie mit auf sein Zimmer zu nehmen und zu putzen.
An diesem Abend konnte er keine Unterbrechungen gebrauchen.
„Ich hoffe, es stört dich nicht, dass ich mir deinen Morgenrock ausgeliehen habe“, sagte Anne und schlang die Arme noch fester um ihre Mitte. „Ich habe sonst nichts gefunden
„Natürlich nicht“, erwiderte er und wedelte mit einer Hand. „Du kannst nehmen, was du möchtest.“
Sie nickte,
Weitere Kostenlose Bücher