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Ein echter Schatz

Ein echter Schatz

Titel: Ein echter Schatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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holte mir einen Saft und setzte mich an einen freien Tisch direkt hinter den beiden. Diggery redete auf den anderen ein und bemerkte mich gar nicht. Es sah so aus, als würde er Formulare ausfüllen. Als er fertig war, reichte er es der Frau, die ihm gegenübersaß, sie gab ihm etwas Geld und ging. Gleich nahm die nächste Person Platz und hielt Diggery einen fetten braunen Umschlag hin.
    Ich wollte kein Risiko eingehen, wollte Diggery keine Gelegenheit geben, aufzuspringen und abzuhauen. Behutsam rückte ich vor und legte ihm die Handschellen um das rechte Handgelenk.
    Diggery sah erst zu den Handschellen, blickte dann auf zu mir.
    »Scheiße.«
    »Sie müssen eine neue Kaution hinterlegen«, sagte ich zu ihm. »Sie haben Ihren Gerichtstermin versäumt.«
    »Ich bin gerade mitten in einem Kundengespräch«, sagte Diggery.
    »Etwas mehr Respekt, wenn ich bitten darf. Ich platze ja auch nicht einfach so in Ihr Büro, oder?«
    »Das ist kein Büro. Wir sind hier in einem Food Court. Was machen Sie da überhaupt?«
    »Er macht meine Steuern«, sagte die Frau, die mit am Tisch saß. »Er macht sie jedes Jahr.«
    Ich starrte die Frau an. »Sie lassen den da Ihre Steuern machen?«
    »Er ist Steuerberater.«
    Mir blieb die Spucke weg. »Ich muss ihn trotzdem verhaften. Sie müssen sich jemand anderen suchen.«
    »Ich habe lange genug gebraucht, bis ich ihn gefunden habe. Ich kann diese Formulare nicht ausfüllen. Ich kapiere sie nicht.«
    Auf einmal traten noch vier andere Leute vor. Drei Männer und eine Frau.
    »Was ist hier los?«, fragte einer der Männer. »Warum halten Sie den Laden auf?«
    »Simon muss jetzt gehen«, sagte ich.
    »Kommt nicht in Frage. Ich warte seit einer Stunde, ich bin als Nächster dran. Wenn Sie was von Simon wollen, müssen Sie sich hinten anstellen.«
    »Aufstehen«, sagte ich zu Diggery.
    »Das kann unangenehm für Sie werden«, sagte er. »Oscar lässt sich nicht gerne in die Stiefel scheißen. Der Mann hat keine Geduld. Er verpasst schon seine Nachmittagsshows im Fernsehen wegen diesem Termin.«
    »Ich fasse es nicht, dass Sie anderen bei ihren Steuern helfen!«
    »Es hat sich einfach so ergeben. Und dann bekam ich immer mehr Zulauf. Aber eigentlich ist es auch nicht weiter erstaunlich, die unternehmerische Seite in mir ist nämlich ziemlich ausgeprägt.«
    Ich sah auf die Uhr. »Wenn wir uns beeilen, sind Sie heute noch gegen Kaution wieder auf freiem Fuß. Sie können in zwei Stunden wieder hier sein.«
    »Ich habe keine Lust, noch länger zu warten«, sagte Oscar und boxte mir gegen die Schulter. Ich prallte gegen die Frau hinter mir.
    Kurzerhand holte ich den Elektroschocker aus meiner Manteltasche.
    »Zurück!«, sagte ich zu Oscar. »Simon hat die Kautionsauflage verletzt, und er muss mit mir zum Gericht.«
    »Ich habe auch so ein Ding dabei«, sagte die Frau hinter mir. Und dann: Knister. Knister.
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich rücklings auf dem Boden und sah über mir den Mann vom Securityservice, den ich schon von meinem Einkaufstrip mit Grandma in dem Dessousladen kannte.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte er sich. »Hatten Sie einen Anfall? Kann man von einem Elektroschocker einen Flashback kriegen?«
    »Das hat einen ganz anderen Grund«, sagte ich. »Es ist mein Leben. Es ist zu kompliziert.«
    Er half mir auf die Beine und führte mich zu einem Stuhl. »Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?«
    »Ja. Wasser wäre nicht schlecht.«
    Als er mit dem Wasser ankam, hatte das Klingeln in meinem Kopf schon fast wieder aufgehört. Ich trank einen Schluck und schaute mich um. Keine Spur von Diggery. Von seinen Kunden war auch nichts zu sehen. Bestimmt hatten sie ihr fliegendes Büro zum nächsten Taco-Stand oder einer Tankstelle verlegt. Ich vermisste meine Handschellen und meinen Elektroschocker. Wahrscheinlich konnte ich froh sein, dass sie nicht auch noch meine Schuhe und meine Uhr hatten mitgehen lassen.
    Ich trat den Rückzug zum Parkplatz an und lenkte den Wagen vorsichtig Richtung Highway. Ich fuhr wie im Blindflug, und plötzlich merkte ich, dass ich vor dem Haus meiner Eltern anhielt. Ich guckte in den Rückspiegel, ob ich auch nicht mehr sabberte, erst danach ging ich ins Haus. Mein Vater saß vor dem Fernseher, fest eingeschlafen, die Zeitung über den Bauch gebreitet. Meine Mutter und meine Oma waren in der Küche und kochten.
    Grandma trug eine hautenge Yogahose aus Elastan und ein rosa T-Shirt, auf dem ›
Frech kommt weiter
‹ stand. Ihr Haar war rot gefärbt.

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