Ein echter Schatz
oder putzen wäre vielleicht ein bisschen viel verlangt, aber seine Unterwäsche vom Boden aufheben und falten, das wäre doch schon mal was. Das würde ihm sicher gefallen.«
»Ich werde beim nächsten Mal dran denken«, versprach ich.
»Mann, eye, dass du aber auch immer Arger kriegst«, sagte Lula. »Du ziehst das Pech förmlich an. Gut, dass Morelli mitfährt, auch wenn es demütigend und erniedrigend ist.«
»Ja«, sagte ich. »Gut.«
Ich nahm Connie die NVGler-Akten ab, verließ das Büro und stieg in Morellis SUV. »Was Neues?«, fragte er.
»Ein paar neue NVGler. Und Lula meint, ich sollte deine Unterhosen vom Boden aufheben und sie falten. Das würde dir gefallen.«
»Überhaupt nicht! Ich lasse sie auf dem Boden liegen, damit ich sie finde, wenn ich schnell losmuss.«
Grandma Mazur rief mich auf dem Handy an.
»Halt dich fest«, sagte sie. »Dieser nette Mr. Coglin hat eben angerufen, um sich noch mal bei mir zu bedanken. Wir sind ins Gespräch gekommen, eins führte zum anderen, jedenfalls habe ich ihn für heute Abend zum Essen eingeladen.«
»Das ist nicht wahr!«
»Gut, dass ich mein Haar und meine Nägel habe machen lassen. Er könnte ein bisschen jung für mich sein, aber damit würde ich schon fertig. Wollt ihr beiden nicht auch zum Essen kommen, du und Joe?«
Lieber würde ich mir beide Augen mit einer Gabel ausstechen.
»Ach«, sagte ich. »Ich glaube, wir haben schon was anderes vor.«
»Wie schade. Deine Mutter hat nämlich Lasagne gemacht. Und zum Nachtisch gibt es Schokoladenkuchen. Ich habe so gehofft, dass du kommst. Womöglich hat dein Vater was gegen Tierpräparatoren. Immer gut, wenn ein Polizist mit am Tisch sitzt, falls die Sache mal aus dem Ruder läuft.«
Ich sah auf die Uhr. Fast fünf. Gegessen wurde bei meinen Eltern um sechs. Blieb Morelli und mir also noch eine Stunde Zeit, um mit Bob im Park spazieren zu gehen.
16
Grandma erwartete uns bereits an der Haustür.
»Mr. Coglin ist noch nicht da«, sagte sie.
Morelli nahm Bob von der Leine, der Hund rannte in die Küche, um meine Mutter zu begrüßen, ein Aufschrei, gefolgt von Totenstille.
»Er muss irgendwas gefressen haben«, sagte Grandma. »Hoffentlich nicht den Kuchen.«
Es roch köstlich im ganzen Haus, nach italienischen Gewürzen, nach Tomatensoße und knusprigem Knoblauchbrot. Der Esszimmertisch war für sechs Personen gedeckt, in der Mitte standen zwei Flaschen Wein und eine Schale mit geriebenem Parmesan. Mein Vater war vor dem Fernseher eingeschlafen, und in der Küche hörte ich meine Mutter rumoren und auf Bob einreden.
»Wenn du ein braver Junge bist, bekommst du auch ein Stück Lasagne«, sagte sie.
Ich ging hinter Grandma her in die Küche und sah mich um, ob Bob irgendwelchen Schaden angerichtet hatte. »Hat er was gefressen?«, fragte ich meine Mutter.
»Beinahe hätte er den Kuchen verschlungen, aber ich habe ihn gerade noch rechtzeitig erwischt.«
Ich ging zum Herd und rührte die übrige Soße um, die in einem Topf vor sich hin köchelte. Ich bin gerne in der Küche meiner Mutter. Hier ist es immer warm und dampfig, und immer ist was los. Von so einer Küche träume ich heimlich. In den Schränken stapelt sich Geschirr, das auch tatsächlich benutzt wird. Auf dem Herd stehen Töpfe und warten auf frisch zubereitete Soßen und Suppen und Eintöpfe. Das Kochbuch auf der Arbeitsplatte hat Eselsohren und ist übersät mit Fettflecken, Soßenspuren und Zuckergussresten.
Diese Küche existiert natürlich nur in meiner Fantasie. In Wirklichkeit stapelt sich in meiner richtigen Küche auch das Geschirr in den Regalen, aber meistens esse ich im Stehen, an der Spüle, mit einer Papierserviette in der Hand. Ich habe nur einen einzigen Topf, den ich ausschließlich zum Wasserkochen benutze, für Tee, wenn ich mal krank bin. Und ein Kochbuch besitze ich schon gar nicht.
Manchmal wäre ich gerne mit Morelli verheiratet, nur um auch so eine schöne Küche wie meine Mutter zu haben. Dann wieder habe ich Angst, dass ich das sowieso nicht packen würde, ich hätte einen Mann und drei Kinder, und wir würden trotzdem alle im Stehen essen, an der Spüle. Sicher, es gibt Schlimmeres als abgepacktes Lieferessen, aber in der Küche meiner Mutter käme einem ins Haus geliefertes Essen immer wie ein Scheitern vor.
Es klingelte, und Grandma schoss wie der Blitz los.
»Ich gehe schon«, rief sie.
Meine Mutter hatte die heiße Lasagne auf dem Küchentresen abgestellt. Das Brot war noch im Backofen. Es war
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