Ein echter Schatz
machten uns Sandwiches.
Morelli blickte hoch zu der kleinen Überwachungskamera in meinem Flur. »Dich mit Ranger teilen zu müssen ist mir nicht annähernd so unangenehm, wie beim Sandwichschmieren in seinen Kontrollraum gebeamt zu werden.«
»Hast du Dickies Entführung eigentlich gemeldet?«
»Klar. Die Fahndung ist schon raus.«
Mein Telefon in der Küche klingelte, ich schaltete die Freisprecheinrichtung ein.
»Stephanie?«, sagte die Stimme. »Ich bin erstaunt, dass Sie wieder nach Hause gegangen sind.«
»Wer ist da?«
»Ich wollte Sie schon seit Langem mal sprechen, aber bis jetzt waren Sie sehr unkooperativ.«
»Jetzt bin ich da. Warum wollten Sie mich sprechen?«
»Sie haben etwas, das ich brauche. Sie haben den Schlüssel.«
»Ich habe einen ganzen Schlüsselbund. Für welchen Schlüssel interessieren Sie sich denn?«
»Ich bin nicht zu Scherzen aufgelegt. Sie wissen, welchen Schlüssel ich meine.«
»Den Schlüssel zu den vierzig Millionen?«
»Ja. Und jetzt hören Sie genau zu. Wenn Sie mir den Schlüssel geben, tue ich Ihnen nichts an. Wenn Sie Schwierigkeiten machen, sorge ich dafür, dass Sie qualvoll zu Tode kommen. Sie kennen meine Methode bereits. Das nächste Opfer wird ihr Exmann sein. Er hat seinen Zweck erfüllt. Und wie Sie wissen, halte ich gern auf Ordnung.«
»Wie soll der Schlüssel denn zu Ihnen kommen?«
»Es wäre nett, wenn Sie ihn persönlich vorbeibringen würden.«
»Kommt nicht in Frage«, sagte ich.
»Haben Sie Angst vor mir?«
»Ja.«
»Sie haben ja keine Ahnung. Meine beste Arbeit kennen Sie noch gar nicht.«
»Was ist nun mit dem Schlüssel?«
»Mir fällt schon was ein. Lassen Sie sich überraschen.« Und aufgelegt.
Morelli wirkte besorgt. »Du wirst etwas fahrlässig«, sagte er. »Dich hat man so oft bedroht und in Angst versetzt, dass du es langsam als normal empfindest. Du hast total cool mit dem Kerl geredet. Dabei ist er eindeutig krank. Ein Psychopath. Du hast mit ihm gespielt.«
»Hätte ich das nicht tun sollen?«
»Doch, ja. Aber das soll die Frau, die ich liebe, sich nicht angewöhnen. Du hättest ausrasten müssen. Zittern und heulen. Guck dich doch an. Du lachst auch noch dabei.«
»Ich war einfach gut.«
Morelli zog mich an sich und schlang seine Arme um mich. »Ja, du warst wirklich gut. Ich bin stolz auf dich. Aber es wäre mir lieber, wenn dein Leben anders aussähe. Ich will nicht, dass du ständig in diesen Dreck hineingezogen wirst.«
»Der Mann glaubt, ich hätte den Schlüssel.«
»Wir haben überall nachgeguckt und keinen Schlüssel gefunden.«
»Einen Schlüssel kann man leicht übersehen.«
»Ich habe keinen Schlüssel übersehen«, sagte Morelli.
»Was für einen Schlüssel meint er dann bloß?«
»Viel irritierender finde ich die Frage, wieso er darauf kommt, dieser Schlüssel wäre bei dir.«
»Dickie.«
»Das kann man nur vermuten«, sagte Morelli. »Dickie hat ihm gesagt, dass du den Schlüssel hast.«
Morellis Hand war unter mein T-Shirt geschlüpft und bewegte sich Richtung Norden.
»Wir werden überwacht«, sagte ich.
»Scheiße«, sagte Morelli, zog seine Hand fort und trat einen Schritt zurück. »Das habe ich ganz vergessen.«
Mein Handy klingelte, und ich machte mich gefasst auf Grandma Mazur.
»Ich bin gerade im Schönheitssalon, aber schon fertig«, sagte sie. »Ich wollte dich fragen, ob du mich abholen kannst. Das Auto deiner Mutter ist immer noch kaputt.«
»Klar«, sagte ich. »Ich muss sowieso ins Büro.«
Zehn Minuten später nahm ich Grandma in dem Frisiersalon in Empfang.
»Mit Joseph hätte ich jetzt nicht gerechnet«, sagte Grandma und stieg in Morellis SUV.
»Ich werde ihn einfach nicht los«, sagte ich.
Grandma sah wieder ganz passabel aus, wenn man bedenkt, dass sie vor Kurzem noch über und über mit Murmeltierfell bedeckt war. Das Klebezeug hing auch nicht mehr an ihr, und ihr Haar war frisch gewaschen und gelegt und aprikosenfarben getönt.
»Ich habe mir sogar die Fingernägel machen lassen«, sagte Grandma.
»Passend zum Haar. Und einen neuen Lippenstift habe ich auch. Dolly meinte, Rot könnte ich bei der Haarfarbe nicht tragen, deswegen hat sie mir diesen Stift gegeben, der heißt Orgasmus. Muss ja gut sein, bei dem Namen!«
Beinahe hätte Morelli in dem Moment die Bordsteinkante gerammt.
»Bist du eigentlich immer noch hinter Diggery her?«, erkundigte sich Grandma.
»Heute wurde Stanley Berg beerdigt. Beim Frisör habe ich gehört, sie hätten ihn mit einem Diamantring
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