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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frode Grytten
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belegtes Brötchen isst. Was würde ein Profi tun? Kann ich Kamprad zu einem Richtungswechsel bewegen? Oder wird er weitermachen wie bisher? Nach ein paar Minuten kommt Kamprad heraus. Grauer Mantel. Schirm, um trockenen Fußes zum Auto zu gelangen. Ich warte einen Moment, will sichergehen, dass niemand hinter Kamprad herkommt. Dann steige ich aus. Jetzt bin ich weit draußen, ganz vorn auf dem Sprungbrett. Der Schnee knirscht unter meinen Füßen. Ich hole ihn ein. Ingvar Kamprad?, sage ich. Er dreht sich zu mir um, bleibt einen Moment stehen. Ja?, sagt er und geht weiter, als hätte er für so was keine Zeit. Ich bin nur ein Moment der Irritation für einen vielbeschäftigten Mann. Ich stelle mich vor ihn, zeige ihm die Pistole in meiner Hand. Sie kommen mit, sage ich. Dann stecke ich die Pistole wieder in die Jackentasche. Er bleibt erneut stehen. Er sieht mich an, als wäre ich eine tragische Gestalt. Sjöström?, fragt er. Ich habe keine Ahnung, für wen er mich hält. Sjöström? Scheiß Sjöström. Das hier ist der entscheidende Moment. Ob Kamprad mitkommt oder nicht. Ob er fürchtet, ich könnte die Pistole in meiner Jackentasche einsetzen oder nicht. Wäre ich jünger, würde er mir garantiert glauben. Aber angesichts des vertrockneten Denkmals, zu dem ich geworden bin? Ingvar Kamprad dreht sich um und starrt zum Wirtshaus, als warte er darauf, dass ihn jemand aus dieser Klemme befreit. Kein Mensch kommt. Nur wir zwei stehen auf diesem schneebedeckten Parkplatz in Älmhult. Kamprad seufzt, als hätte er für dieses Spielchen keine Zeit. Dann kommt er mit. Ich packe ihn am Oberarm und führe ihn zu meinem Saab. Fessle seine Hände auf dem Rücken mit Isolierband. Muss das sein?, fragt Kamprad. Ich gebe keine Antwort. Ich drücke ihn auf den Rücksitz. Dann gehe ich um das Auto herum und steige ein. Langsam fahre ich zurück zum Hotel. Ich versuche, die Straße nicht aus den Augen zu lassen, aber ich muss mich umdrehen, um Kamprad im Blick zu behalten. Jetzt ist es passiert. Jetzt habe ich es getan. Kamprad schaut kurz zurück, dann wieder aus dem Fenster, wirkt emotionslos, als hätte er noch nicht begriffen, dass das hier ein neues Kapitel in seinem Leben ist. Er fragt, ob ich weiß, wer er ist. O ja, antworte ich. Was wollen Sie?, fragt er. Ich gebe keine Antwort. Kamprad schweigt, er scheint zu spüren, dass jetzt nicht der Moment für eine Unterhaltung ist. Ich fahre weiter. Ich muss mich beeilen. Nicht zu lange auf dünnem Eis verharren. Hier kennen alle Ingvar Kamprad. Es gibt auch einen Hintereingang, wie ich herausgefunden habe. Nur wenige Fenster zeigen hierher. Ich kommandiere Kamprad aus dem Auto, dirigiere ihn zur Treppe, schubse ihn vor mir her. Durch die Tür. Die Treppe hinauf. Über den Flur. Glück gehabt. In meinem Zimmer setze ich ihn aufs Bett. Kamprad sieht mich immer noch an, als wäre ich ein kleiner Junge. Andere Menschen haben in mir einen Alten gesehen, einen harmlosen Trinker. Kamprad sieht einen Jungen, den er nicht ernst nehmen kann. Er fragt noch einmal, ob ich weiß, wer er ist. Ja, sage ich. Er fragt, ob ich weiß, wo wir sind, und wieder kann ich seine Frage erfreut bejahen. Es ist nervig, als hätte er Angst, auf der Straße nicht erkannt zu werden. Ich gehe um ihn herum, klebe ihm den Mund zu. Erst jetzt scheint Kamprad zu kapieren, dass er gefangen genommen wurde, dass er nicht länger ein freier Mann ist. Seltsamerweise gelingt es ihm aufzustehen, eine Art Instinkt, als müsste er sich erheben. Er stürzt auf mich zu. Ich muss alle Kraft zusammennehmen, um ihn wieder auf seinen Platz zu drücken. Kaum habe ich mich berappelt, springt er erneut auf, dieses Mal wirft er sich gegen die Tür. Ich kann nicht beurteilen, ob es ein Fluchtversuch sein soll oder ob Ingvar Kamprad nur ausgesprochen unbeholfen ist. Es kracht jedenfalls schrecklich. Kamprad rollt über den Boden, und ich höre, wie er hinter dem Isolierband wütend wird. Seine Brille verrutscht, und er versucht, gegen die Tür zu treten. Ich befestige die Kette an seinen Fußknöcheln und am Kopfteil des Bettes. Ich lasse Kamprad liegen, bis er sich beruhigt hat. Schließlich sind nur noch ein paar Zuckungen zu erkennen, wie bei einem frischgefangenen Dorsch, der auf dem Boden des Angelkahns gelandet ist.
    Ich helfe ihm auf, stütze ihn und lege ihn aufs Bett. Er riecht nach Schweiß. Er sieht mich durch die Brille an. Wenn ich ehrlich bin, wirkt er unverwundbar, ganz im Gegensatz zu meinem Herzen. Das ist plausibel,

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