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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

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Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frode Grytten
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Sportklamotten, die seine üppigen Formen betonten. Es war klar zu erkennen, dass sich unter seinem Piqué-Shirt zu viele Repräsentationsessen und Cocktaileinladungen angesammelt hatten. Die norwegische Wirtschaft raste davon, aber der Finanzminister hatte ein Problem mit dem Tempo. Verzweifelt rannte er im Squashclub Oslo dem kleinen Gummiball hinterher, mühte sich in der einen Feldecke ab, konnte aber selten einen Ball parieren. Lunde hatte Presthus über Arne Skauge kennengelernt, den früheren Handelsminister, mit dem Lunde in Bergen aufs Gymnasium gegangen war. Jetzt spielten sie zusammen Squash und Bridge, feierten und tranken zusammen Wein. Sie sahen sich Tennis in Wimbledon an, lobten den Aufschlag von Boris Becker und die Beine von Pam Shriver. Sie tranken und pinkelten in den noblen Gärten im Stadtteil Frogner in die Büsche, eine kichernde Gemeinschaft in einer Sommernacht, in der alle zu laut sprachen, keiner zuhörte und jeder Drinks in sich hineinkippte und sich mit Fingerfood vollstopfte. Antworten flogen wie Squashbälle hin und her, Schiebetüren standen offen wie Hosenställe. In einer schönen Julinacht sprachen sie über einen neuen Slogan für die Konservativen. Arne Skauge meinte, die Partei strahle noch immer eine Aura der Langeweile und Gestrigkeit aus, während der Neoliberalismus sexy und interessant daherkomme. Die Leute müssten erkennen, dass die Konservativen wie ein weißglühender Schwanz seien, sagte Arne Skauge. Es sei so, wie wenn man eine neue Flamme gevögelt habe und hinterher zum Pinkeln gehe, erklärte er, und wenn man dann auf seinen Schwanz hinuntersah: Man hatte ihn jeden Tag in der Hand, und doch war er plötzlich wie neu. So muss die Partei erscheinen, sagte Arne Skauge. Er schlug als Slogan vor: DIE RECHTE – EIN WEISSGLÜHENDER SCHWANZ. Die Leute klatschten. Rolf Presthus stand auf und wackelte mit den Hüften. Arvid Lunde schlug vor: BEWAHREN DURCH ERNEUERN. Die Konservativen waren einen Augenblick still, bevor einige sagten, der Slogan sei verdammt gut. Richtig gut sei er. Verflucht gut. Ein paar Tage später nahmen sie Arvid Lunde sogar zu einer Parteisitzung mit, damit er Ministerpräsident Willoch den Slogan unterbreiten konnte. Pfiffig, soll er zu Arvid Lunde gesagt haben. Pfiffig. Haben wir uns nicht schon mal gesehen?, fragte der Ministerpräsident. Arvid Lunde musste zugeben, dass er im Sommer 1982 bei den Demonstrationen für Tyssedal vor dem Parlamentsgebäude mit Willoch gesprochen hatte. Wie sieht’s aus in Tyssedal?, fragte Willoch. Wunderbar, sagte Arvid Lunde. Die Bevölkerungszahl geht immer weiter zurück. Sehr schön, sagte Willoch und fragte, ob Lunde Parteimitglied sei. Lunde erwiderte, er sei mit Leib und Seele ein Mann der Arbeiterpartei. Wir haben also einen Infiltranten in unserer Mitte, sagte Kåre Willoch. Alle lachten, und die Konservativen in ihren weißen Hosen schlugen Lunde auf die Schulter, wie man sich unter Kumpeln auf die Schulter schlug. Willoch erörterte den Vorschlag auf dem Landesparteitag, der sich zum Schluss auf das Prosaischere: MEHR FÜR IHR GELD einigte. Dennoch war Arvid Lunde zu einem vollwertigen Gesprächspartner für einige der wichtigsten Männer Norwegens aufgestiegen. Es war eine Erfolgsstory. Vermutlich brauchten die Männer Arvid Lunde hauptsächlich als Beispiel dafür, dass man den Aufstieg schaffen und zum Mann des Tages werden konnte. Seht her, der Kapitalismus ist für alle da, der Kapitalismus ist demokratisch. Du brauchst nicht reich zu sein, um reich zu sein. Ein Mann kann das eintönige Fjordleben Westnorwegens gegen ein vortreffliches Leben in der Hauptstadt eintauschen. Ein solcher Mann könnte bei allen beliebt sein. Pfiffig.
    An einem Sommerabend klopfte es in der Inkognitogate an der Tür, draußen stand der Nachbar mit einer Flasche Wein in der Hand. Es war Arnold Øvrebø, er hatte Lunde eine Zeitlang hinterherspioniert und war zu dem Schluss gekommen, dass Lunde ein Mann war, mit dem man sich gutstellen sollte. Øvrebø wollte ihn im Namen aller Nachbarn willkommen heißen. Wir, die wir hier wohnen, bilden schließlich eine Gemeinschaft, nicht wahr ?, sagte Øvrebø, als sie in der Dämmerung auf dem Balkon saßen. Arvid Lunde erzählte Fräulein Mowinckel, dass der Nachbar alle Sätze mit nicht wahr ? beendete. Er verwendete den Ausdruck bei allen denkbaren Kommentaren, als wären alle Dinge der Welt selbstverständlich und als wäre man sich in allem einig, als hätte Arnold Øvrebø

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