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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

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Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frode Grytten
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haben. Nehmen wir zum Beispiel Arvid Lundes Kolumne in Dein Geld , in der er den Finanzmarkt analysierte und konkrete Tipps gab. Einige im Schmelzer lasen die Kolumne mit großem Interesse und begannen, an der Börse zu spekulieren, fast immer mit niederschmetterndem Ergebnis, ihnen fehlte schlicht der Riecher. Das führte dazu, dass Arvid Lunde bei vielen Leuten nicht gut angesehen war, er war ein Yuppie, der keine realen Werte schuf. Wer sich wirklich mit der Sache befasste, argumentierte, Arvid Lunde sei als Erster unter den Gewinnern gewesen, die große Masse hinke stets hinterher. Das war der Unterschied. Aktienkauf war harte Arbeit. Aktienkauf war ein Fach. Schlimmer war eigentlich nur, dass sich Arvid Lunde nicht wie ein reicher Mann verhielt. Wir lasen in der Zeitung, dass er sich wie alle Norweger jeden Morgen seine Brote schmierte, er joggte in alten Trainingsklamotten, er sagte in einem Interview, er lebe, als hätte er ein durchschnittliches Jahresgehalt. Was war dann der Sinn des Ganzen? Er lebte nicht anders als wir, war aber Millionen wert. Im Grunde war es so, als trampelte er auf den Träumen gewöhnlicher Leute herum.
    Er ist mit Leib und Seele ein Mann der Arbeiterpartei, sagte Kokser Trygve Mathissen, als er im Schmelzer vorbeischaute. Aktienspekulant und AP-Mann?, fragte die Valiumwalze. Ein Affenscheißer? In der Zeitung Dagsavisen hatte gestanden, die Arbeiterpartei in Oslo habe versucht, den profilierten Arvid Lunde in die Partei zu holen. Arvid Lunde antwortete in einem Interview, er sei zunächst versucht gewesen, Parteiarbeit zu betreiben, wolle es aber jetzt nicht mehr. Und wenn ich sage, dass ich Ihnen nicht ganz glaube?, hatte der Journalist zurückgefragt. Es ist aber so, hatte Lunde erwidert.
    Die meisten Oddaer wünschten sich vermutlich, dass Arvid Lunde reüssierte. Hatte er in Oslo Erfolg, war es so, als hätte die ganze Lokalbevölkerung Erfolg. Alle träumen doch davon, reich zu werden, nur Idioten glauben, das Glück sei in harter Arbeit zu finden. In einem Telefonat mit Fräulein Mowinckel erzählte Arvid Lunde von seinem neuen Leben. Mehrmals in der Woche rief er die Exkollegin an, sie redeten über dies und das. Er erfuhr, was sich an seiner alten Wirkungsstätte tat, sie erfuhr das Neueste aus der Hauptstadt. Fräulein Mowinckel gab gern ausgewählte Leckerbissen an das Kollegium weiter. Sie erinnerte daran, wie viele Millionen Lunde wert war, was für einen märchenhaften Erfolg er hatte. Lunde beschrieb seinen neuen Chef als einen Direktor vom alten Schlag, einen Mann mit besten Manieren, sicherem Geschmack und distanziertem Blick. CC bedachte die neue Zeit eher mit abschätzigen Worten, er sah ein, dass neue Türen aufgestoßen werden mussten, dass sich Dinge ändern mussten, dass man weitergehen musste, aber die neue Zeit war auch eine Zeit der Bildungsarmut. Ein Mann habe nun mal die üblichen Kleiderpreise in einem Laden zu bezahlen, meinte CC. Schlechter Geschmack hielt gerade in Banken, Maklerhäusern, Versicherungsgesellschaften und Rechtsanwaltbüros Einzug.
    Arvid Lunde wusste zu berichten, dass mit Direktoren, die aus einer Cessna sprangen und im freien Fall über der Stadt schwebten, bevor sie im Stadion landeten, die Achtzigerjahre in Odda Einzug gehalten hätten. Die neue Zeit war mit Direktoren gekommen, die sich am 1. Mai-Umzug beteiligten und sich für Sozialisten hielten, sie gingen in die Kneipen von Odda, unterhielten sich mit den Leuten und versuchten, die Frauen anzumachen. Früher hatten sich die Direktoren einmal im Monat in einem Club getroffen, hatten bei einem Longdrink die Entwicklung der Welt besprochen und beratschlagt, wie sie inmitten der lokalen Saufbrüder philanthropische Arbeit betreiben konnten. Der neue Direktor des Schmelzwerks hatte zur großen Freude der Gewerkschaft die Belegschaft halbiert. Zentrale Vertrauenspersonen hatten Positionen in der obersten Führungsriege erhalten, Ingrids Vater beispielsweise war Personalchef geworden. Der soziale Aufstieg der Tochter war zwar mit der unerwünschten Schwangerschaft beendet gewesen, aber der Vater war jetzt selbst auf dem Chefsessel gelandet. Eine wahre Leistung!, sagte Direktor Christiansen, als sie zusammen zu Mittag aßen. Erzählen Sie mir mehr von Odda, das fasziniert mich wirklich. Der Punkt ist, dass es keine echte Opposition mehr gibt, sagte Lunde. Wie meinen Sie das, Lunde?, fragte CC.
    Sie joggten zusammen, spielten zusammen Tennis, fuhren zusammen Rad, gingen zusammen auf die

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