Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Aussicht«, sagte er.
»Niemand belauscht uns, falls es das sein sollte, was Ihnen Kopfzerbrechen bereitet.«
»Na ja, der Gedanke war mir schon durch den Kopf gegangen. Im heutigen Zeitalter der elektronischen Überwachung ist man nirgendwo sicher.«
»Ich habe es nicht nötig, Gespräche abhören zu lassen«, sagte Rebus. »Ich bin im Besitz von Gillespies Akten.«
»Der arme Councillor Gillespie.«
»Ja, der arme Councillor Gillespie, in eine Gasse gelockt und dann im Auftrag von Derwood Charters von einem Exsträfling abgestochen - genauso wie Charters McAnally Geld gegeben hatte, damit er Gillespie einen Schrecken einjagte. Er hatte wahrscheinlich keine Ahnung, wie weit Wee Shug gehen, was er genau tun würde … Er ging zu weit.«
»Und brachte damit Sie auf den Plan, Inspector. Ja, das war vielleicht ein Fehler. Schön, ich werde Ihnen vertrauen und glauben, dass Sie dieses kleine Tête-à-tête nicht auf Band aufzeichnen.« Sir Iain zog sich seinen Kaschmirschal etwas enger um den Hals. »Warum wollten Sie sich mit mir treffen?«
»Weil bei Ihnen alle Fäden zusammenlaufen.«
»Können Sie das beweisen?«
»Wie gesagt, ich habe -«
»Ja, ja, Sie haben Gillespies Akten, aber was beweisen die ?«
»Das müssten Sie doch wissen. Der Lord Provost hat Ihnen alles berichtet, was er von Gillespie erfahren hat. Die Akten beweisen, dass Charters’ Firmen größtenteils nur auf dem Papier existierten. Die Fassade war real, aber die Tochterunternehmen … na ja, wenn jemand auf die Idee kam, sie zu überprüfen, mietete Charters einfach vorübergehend Büroräume, bezahlte jemanden dafür, dass er an Mensung House adressierte Post entgegennahm … so was eben. Und ich gehe davon aus, dass er jemanden im Scottish Office kannte, der ihn rechtzeitig über bevorstehende Überprüfungen informierte... ohne Hilfe des Ministeriums hätte er seine Betrügereien nicht so lange so erfolgreich durchziehen können. Na, wie klingt das?«
Sir Iain bewunderte die Aussicht. »Wie aus der Luft gegriffene Behauptungen, gestützt durch bloße Spekulationen.«
»Charters besaß stille Teilhaber. Sobald die Firmen auf dem Papier standen, konnte er die verschiedensten Zuschüsse beantragen, aber für die Geschäftsgründungen brauchte er erst mal Geld, Betriebskapital. Und hier kamen die stillen Teilhaber ins Spiel. Er konnte den Investoren eine phantastische Rendite garantieren, vorausgesetzt, die Zuschüsse wurden bewilligt. Er war ein wahrer Meister im Ausnutzen des Systems. Er verhalf einer Menge Leute zu schnellen Gewinnen, darunter auch Robbie Mathieson. Ich wette, Mathieson hätte es nicht besonders gern, wenn jemand Wind davon bekäme, dass das Startkapital für PanoTech durch Veruntreuung von SDA- und EG-Geldern zusammengestohlen wurde.
Dann hätten wir noch Haldayne und das US-Konsulat. Haldayne hatte Charters privat kennen gelernt und war scharf darauf, Geld zu verdienen. Und sobald er in der Sache drin steckte - das jetzt nur am Rand -, hatten Sie vermutlich die Möglichkeit, ihn unter Druck zu setzen, damit er amerikanische Firmen dazu überredete, sich hier anzusiedeln. Das Gleiche gilt für Robbie Mathieson. Er hatte Beziehungen zur amerikanischen Computerindustrie.«
»Das ist Verleumdung«, bemerkte Sir Iain mit einem untadeligen Lächeln.
»Nun, Haldayne hat Sie oft genug in Ihrer Zweitwohnung am Royal Circus besucht; wir haben die Strafzettel, die das belegen. Über irgend etwas müssen Sie sich ja wohl unterhalten haben. Charters wäre unmöglich damit durchgekommen, nicht so lang und so ungehindert, ohne ein ganzes Netz von Freunden und Leuten, die er schmierte. In erster Linie Regierungsbeamte. Ich hab mich ein bisschen
umgehört, Sir Iain. Vor acht Jahren standen Sie nicht annähernd so hoch in der ministerialen Hackordnung wie heute. Dann aber fing für Sie eine Serie von Erfolgen an. Es gelang Ihnen, neue Investoren ins Land zu holen, und damit begann auch Ihr Aufstieg. Und Ruthie Estate dürfte schon ein paar Pennys gekostet haben. Sie haben es nicht zufällig in den letzten acht Jahren gekauft?
Die Sache lief lange wie geschmiert. Firmen kamen und gingen, und gelegentlich verschwanden mit ihnen auch sämtliche amtlichen Unterlagen. Dann ging aus der SDA Scottish Enterprise hervor, die gesamte Buchhaltung wurde von Grund auf neu organisiert, und niemand würde sich je wieder für alte Projekte interessieren, die von einer nicht mehr existierenden Behörde finanziert worden waren. Aber Charters
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