Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Gillespie ihn fallen ließ«, sagte Rebus. »Darauf stand ›SDA/SE‹.
Ich nehme an, die Buchstaben stehen für ›Scottish Development Agency‹ und ›Scottish Enterprise‹. Scottish Enterprise nahm seine Arbeit auf, als die SDA aufgelöst wurde. Councillor Gillespie sitzt beiläufig gesagt in einem Planungsausschuss.«
»Dann«, gab Holmes zu bedenken, »könnte die SDA-Akte völlig harmlos sein.«
»Keine Frage, dass er berechtigt war, eine Akte über zwei staatliche Agenturen für Wirtschaftsförderung zu besitzen. Warum aber hatte er es so eilig, sie durch den Reißwolf zu jagen?«
Holmes räumte ein, dass da was dran war.
»Ich glaube, ich hab was«, meldete Siobhan Clarke. Sie hatte einen gelben Hefter fast vollständig zusammen, am Etikett fehlten höchstens noch ein, zwei Streifen. »Sieht aus wie die Buchstaben ›A‹ und ›C‹«, sagte sie, »dann ein Name: ›Haldayne‹«.
Rebus holte das Telefonbuch. In Edinburgh gab es keinen A.C. Haldayne.
»Merkwürdige Schreibung«, meinte Holmes. »Ein Haldayne mit ›y‹ ist mir noch nie untergekommen.«
»Ein Schreibfehler?«, sagte Siobhan Clarke. »Der Name eines Wählers des Councillors?«
Rebus zuckte die Achseln. Eine halbe Stunde später war es Holmes, der einen, diesmal roten, Heftordner vervollständigte.
»›Gyle Park West‹«, las er vor.
Rebus hörte nur mit halbem Ohr hin; er stand kurz davor, den letzten farbigen Ordner fertig zu stellen, einen knallgrünen.
»›Mensung‹«, sagte er und sah auf. »Was zum Teufel ist Mensung?«
Siobhan Clarke gähnte und rieb sich die Augen, dann blinzelte sie ein paarmal und sah sich im Zimmer um.
»Wissen Sie was?«, sagte sie. »Nur gut, dass das ganze Papier rumliegt. Sonst würde es hier wie auf einer Müllkippe aussehen.«
Es war Freitag, sechs Uhr früh, als Rebus’Telefon klingelte.
Er fiel vom Sessel, und das Federbett mit ihm. Das Telefon lag unter einem der Haufen Papierschnipsel.
»Wer Sie auch sind«, sagte er, »was Sie auch wollen... Sie sind tot.«
»Hier ist Siobhan, Sir. Ich hab über A.C. Haldayne nachgedacht.«
»Ich auch«, log Rebus.
»Über die komische Schreibung. Amerikanische Namen werden doch manchmal anders geschrieben, oder?«
»Haben Sie mich deswegen aufgeweckt?«
»Na ja, das würde zu ›A.C.‹ passen.«
»Ach ja?«
»Himmel, sind Sie schwer von Begriff, Sir.«
»Es ist sechs Uhr früh, Clarke.«
»Ich meine bloß, ›A.C.‹ könnte für ›American Consulate‹ stehen. Haldayne könnte ein Nachname sein, ›A.C.‹ das Konsulat.«
Rebus setzte sich auf und öffnete die Augen. »Gar nicht schlecht.«
»Ich hab versucht, das Konsulat zu erreichen, aber es hat sich nur ein Anrufbeantworter gemeldet. Es gab jede Menge Optionen, größtenteils für Leute, die ein Visum beantragen wollen, und dann wurde ich zum eigentlichen Konsulat durchgestellt, aber da kam auch bloß eine automatische Ansage der Öffnungszeiten.«
»Probieren Sie es am Vormittag noch mal.«
»Ja, Sir. Tut mir Leid, dass ich Sie geweckt habe.«
»Schon gut. Hören Sie, Siobhan... danke für die Hilfe.«
»Kein Problem, ehrlich.«
»Dann haben Sie vielleicht auch nichts dagegen, noch etwas anderes zu erledigen?« Er konnte fast hören, wie sie lächelte.
»Was?«
»Dieser Aktenvernichter. Ich frag mich, wie lange Gillespie den schon hat.«
»Sie möchten, dass ich das überprüfe?«
»Ja.«
»Wird gemacht. Gute Nacht, Sir.«
»Gute Nacht, Clarke.«
Rebus legte den Hörer auf und beschloss aufzustehen. Eine halbe Minute später war er auf dem Wohnzimmerteppich eingeschlafen.
19
Am Sonntag hatten Patience und Sammy Rebus zum Tee eingeladen.
Er war froh über die Unterbrechung, nachdem er einen Großteil der vorausgegangenen achtundvierzig Stunden damit zugebracht hatte, Papierschnipsel zusammenzupuzzeln. Es war absolut nichts dabei herausgekommen, nur dass er dabei von seinem geschwollenen Zahnfleisch abgelenkt wurde. Samstagnachmittag hatte er endlich genug gehabt und einen Zahnarzt angerufen, aber mittlerweile befanden sich natürlich sämtliche Zahnärzte Edinburghs in ihrem Klubhaus und überlegten sich bei einem zweiten Gin, ob sie sich achtzehn Löcher antun oder es bei dem Wetter bei neun bewenden lassen sollten.
Am Sonntagnachmittag setzte er sich, schick, doch leger gekleidet, ins Auto und bekam den Motor nicht an. Wahrscheinlich irgendwo ein Wackelkontakt. Er öffnete die Motorhaube und warf einen Blick hinein, aber er war kein
Mechaniker. Auf der
Weitere Kostenlose Bücher