Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Schreibtisch ging, »ich dachte einfach, das würde Sie interessieren.«
»Das ist gequirlte Scheiße, Flower. Was steckt wirklich dahinter?«
Flower griff in eine Schublade und zeigte Rebus eine Flasche Whisky. Rebus schüttelte den Kopf, aber Flower goss sich was in einen Becher ein.
»Was macht Sie eigentlich so paranoid, Rebus?«
»Für den Anfang Sie.« Flower nahm einen Schluck Whisky und steckte sich dann eine Zigarette an.
»Da ist was dran«, räumte er ein und stieß dabei eine Rauchwolke aus. »Okay, also ohne lange Vorrede. Jemand hat mich gebeten , mit Ihnen zu reden. Sie wissen ja selbst, dass ich es sonst nicht tun würde.«
»Das klingt schon glaubwürdiger.« Rebus setzte sich auf die Schreibtischkante. »Und wer ist dieser Jemand?«
»Einfach jemand Wichtiges.«
»Der Farmer?«
Flower lächelte und atmete geräuschvoll aus. Also jemand Wichtigeres als der Farmer, jemand erheblich Wichtigeres.
»Und was genau«, fragte Rebus, »möchte dieser ungenannt bleibende Gönner mir mitteilen lassen?«
Flower betrachtete die Glut seiner Zigarette. »Dass Sie auf dem besten Weg nach draußen sind.«
»Draußen?«
»Aus der Polizei raus.« Flower hielt kurz inne. »Allergünstigstenfalls.«
»Und warum?«
»Das braucht Sie nicht zu kümmern.«
Was bedeutete, dachte Rebus, dass der Grund etwas war, was er möglicherweise tun könnte , und nicht so sehr etwas, was er schon getan hatte.
»Was soll ich also tun?«, fragte er.
»Aufhören, so verdammt neugierig zu sein.«
»In Bezug auf was?«
»Auf McAnally natürlich!«
»Was soll -«
»Hören Sie, ich bin lediglich der Botenjunge, okay?«
»Wem der Schuh passt...«
Flowers Augen verengten sich noch weiter. »Nun«, sagte er endlich, »ich brauch Ihnen nicht erst zu sagen, dass es mir ein Hochgenuss wäre, Ihnen dabei zuzusehen, wie Sie sich hochkant in die Scheiße reiten. Ich tu lediglich jemandem einen Gefallen, der Ihnen eine allerletzte Warnung zukommen lassen möchte. Kapiert? Eine allerletzte.« Er stand auf und schnippte seinen Zigarettenstummel in den Papierkorb.
»Äußerst praktisch«, sagte Rebus. »Plötzlich ist die Herkunft der Schrotflinte geklärt … Wer ist es, Flower? Der Deputy Chief Constable? Big Jim Flett? Was haben die zu verbergen?« Rebus stand nur wenige Zentimeter von Flower entfernt. »Was hat das alles mit Ihnen zu tun?« Er rammte Flower den Zeigefinger in die Brust.
»Fassen Sie mich noch einmal an, und Sie sind ein toter Mann.«
»Sagen Sie Ihrem Freund, wenn er mir drohen möchte,
dann müsste er das schon selbst tun. Keiner hat Angst vor dem Botenjungen.«
Dann machte er kehrt und ging. Aber wohl war ihm nicht in seiner Haut. Wenn sie ihm schon so kamen - wer immer »sie« sein mochten -, wo er so weit von der Lösung des Rätsels entfernt war, wie würden sie erst reagieren, wenn er ihr näher kam? Er blieb an der Tür stehen.
»Übrigens«, sagte er, »Ihre Kippe hat gerade den Papierkorb in Brand gesetzt.«
Flower drehte sich um und sah, dass der Inhalt des Papierkorbs tatsächlich am Schwelen war. Er goss das Erste, was er fand, ins Feuer.
Er hatte leider vergessen, dass sein Becher kein Wasser, sondern Whisky enthielt.
Als Rebus nach Hause kam, hörte er schon durch die Tür das Telefon klingeln. Es war Rico Briggs.
»Ich hab mit einem Freund geredet«, sagte er. Am Telefon machte Rico nicht viele Worte.
»Und?«
»Seien Sie um elf im Busbahnhof.«
»Heute Abend?«
»Heute Abend.«
»Wo im Busbahnhof?«
»Seien Sie einfach da. Sie geben ihm auch meinen Anteil.«
Dann wurde die Verbindung unterbrochen.
24
Um zehn vor elf stand Rebus im Busbahnhof am St. Andrew’s Square. Ein paar vorzeitig Betrunkene warteten auf ihren jeweiligen letzten Bus nach Haus. Im Busbahnhof
gab es ein Pub; es klang so, als sei es recht gut besucht. Ein Mann kam herausgestürzt, rutschte in einer Ölpfütze aus und fiel hin, als habe ihn die Kugel eines Heckenschützen getroffen. Er rappelte sich gerade rechtzeitig wieder auf, um zu sehen, wie sein Bus davonfuhr, und begann zu fluchen. An einem Knie seiner Hose klaffte ein Riss.
Die Abgase standen in dicken Schwaden knapp über dem Boden. Rebus bemühte sich, nicht zu tief einzuatmen, während er die Standbuchten langsam abschritt. Ein paar Teenager schliefen auf den wackeligen Bänken. Ein verwirrt aussehender alter Mann durchquerte die Eingangshalle in Dufflecoat, Pyjamahose und Pantoffeln. Die Pantoffeln sahen neu aus, vielleicht ein
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