Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
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»Erinnern Sie sich, wer die Party gab?«
»Ach, es war irgendein Empfang des Scottish Office, deswegen war ich ja da.«
»Und Mr. Charters?«
»Na ja, er war Geschäftsmann. Wie viel wissen Sie über sein Leben vor seiner Verhaftung?«
»Praktisch nichts«, log Rebus, neugierig, welchen Kurs Haldayne einschlagen würde.
»Er hatte ein paar Unternehmen geleitet, und zwar erfolgreich. Aber er war ständig auf der Suche nach Möglichkeiten zu expandieren. Ich glaube, es war schlicht und einfach so, dass er sich schnell langweilte. Es machte ihm Spaß zu organisieren, Projekte in Gang zu bringen, aber sobald die Sache lief, verlor er das Interesse und fing an, sich nach etwas Neuem umzusehen. Aber was er machte, machte er gut; deswegen war ich nicht übervorsichtig, als er mich als Geldgeber zu gewinnen versuchte.«
»Kannten Sie ihn gut?«
»Eigentlich nicht. Solange es um Geschäfte ging, konnte man sich gut mit ihm unterhalten, aber er war nicht gerade ein Salonlöwe. Ich hatte den Eindruck, dass normale Konversation ihn zu Tode langweilte. Er war ein echtes Produkt der Achtziger, einer von Lady Thatchers Haussiers.«
Das Tablett kam, mit Cafetiere und einem Teller Früchtebrötchen, dazu Butter, Marmelade und dicke Sahne.
»Hey, das sieht ja großartig aus, danke«, sagte Haldayne zum Kellner. Er übernahm sofort die Regie, verteilte die Tassen, schenkte den Kaffee ein. Gerade als er am Eingießen war, stellte Rebus ihm eine Frage.
»Ist Ihnen der Name Mensung schon einmal untergekommen?«
»Wie war der?«
»Mensung.«
Haldayne schüttelte den Kopf und reichte Rebus eine volle Tasse. Er hatte nicht einen Tropfen verschüttet, nicht einmal beim Eingießen innegehalten.
»Wenn Sie amerikanische Firmen betreuen, Mr. Haldayne, bedeutet das, dass Sie mit Scottish Enterprise zu tun haben?«
»Ständig.«
»Und mit Locate in Scotland?«
»Ich habe schon mit allen diesen Organisationen zu tun gehabt, Inspector. Das Problem ist nur - kaum hat man eine halbwegs funktionierende Beziehung aufgebaut, ändert die Regierung alles: den Namen, die Spielregeln, die Spieler. Aus SDA wird Scottish Enterprise, aus HIDB wird HIE, und ich muss wieder bei null anfangen, wieder Kontakte knüpfen, den Leuten klar machen, wer ich bin.«
»Ja, das Leben ist hart.«
»Aber irgendjemand muss es ja tun, nicht wahr?« Haldayne bestrich ein aufgeschnittenes Früchtebrötchen mit Rahm. »Ich liebe dieses Gebäck«, verriet er, ehe er herzhaft hineinbiss.
»Sind Sie schon länger hier?«, fragte Rebus.
»Neun Jahre, mit Unterbrechung. Zwischendurch wurde ich für ein paar Jahre wieder in die Staaten versetzt, aber ich habe es geschafft, mich wieder hierherzumogeln. Ich liebe Schottland - meine Vorfahren stammen von hier.«
»Mir ist das Gerücht zu Ohren gekommen«, sagte Rebus, »in den Chefetagen einiger amerikanischer Unternehmen gebe es so etwas wie eine schottische Mafia, die die Leute überredet, sich in Schottland anzusiedeln.«
Haldayne wischte sich mit der Serviette Rahm von den Lippen. »Es kommt vor«, erwiderte er. »Was kann ich dazu sagen? Es ist nicht illegal.«
»Was wäre denn illegal, Mr. Haldayne?«
»Bestechung, Schmiergelder.«
»Unternehmen können sich hier sehr kostengünstig niederlassen, habe ich Recht?«
»In bestimmten Gebieten, bestimmte Arten von Fabriken, sicher. Es sind jede Menge Zuschüsse zu holen, zum Teil von der Europäischen Union, zum Teil vom britischen Staat.«
»Es gab den DeLorean-Skandal«, sagte Rebus.
»Aber der Bursche hatte wirklich ein sensationelles Auto.«
»Und er hat den britischen Steuerzahler um Millionen erleichtert.«
»Diese Steuern hätten Sie so oder so bezahlt, Inspector. Hätte DeLorean sie nicht eingesteckt, dann wäre es jemand anders gewesen.« Haldayne zuckte wieder mit den Schultern. Seine sei’s verbalen, sei’s körpersprachlichen Äußerungen wirkten immer leicht übertrieben, immer eine Spur ausgeprägter, als man von einem Schotten erwartet hätte.
»Dann ist die Geschichte von der schottischen Mafia also wahr?«
»Ich vermute es. Ich bin Ihnen gegenüber so offen, wie ich kann.«
»Das weiß ich zu schätzen, Sir.«
»Hey, schließlich sind Sie doch der Mann, der mir diese Knöllchen an die Schläfe hält.« Ein erneutes Schmunzeln. »Was ist das für Kaffee?«
»Koffeinfreier.«
»Er ist gar nicht so schlecht, aber ich vermisse doch den Koffeinkick. Kellner!« Ein Halbwüchsiger kam angetrabt. »Kann ich einen doppelten Espresso
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