Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein EKG fuer Trimmel

Ein EKG fuer Trimmel

Titel: Ein EKG fuer Trimmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedhelm Werremeier
Vom Netzwerk:
leise, aber sehr deutlich: »Getroffen haben wir uns gar nicht an dem Tag – ich hab den Wagen bloß auf den Parkplatz am Dammtorbahnhof gestellt. So hatten wir’s vorher ausgemacht…«
    »Und die Schlüssel?«
    »Jill hatte Zweitschlüssel… Ja und dann, am übernächsten Tag, hab ich in den Zeitungen gelesen, daß ihr Chef im Computerzentrum umgelegt worden ist. Seit Sonntag war ja auch Sandra verschwunden und ich lag auf der Straße; vermutlich war sie im Krankenhaus, sagte mir einer. Drei, vier Nächte konnte ich bei nem Kumpel bleiben, aber dann wurd’s dem zu heiß. Also ich zu Jill, und die war zwar auch im Krankenhaus, aber da hat mich die Wirtin reingelassen – irgendwo mußt ich ja bleiben. Aber die ganze Kiste ist nie so recht zwischen Jill und mir zur Sprache geko…«
    Jill springt.
    Sie wirft den Stuhl um, über den ihre Bewacherin der Länge nach stolpert, und geht mit Fäusten und Fingernägeln auf Bertie los. »Du… du Schwein! Du dreckiger Spitzel! Du widerlicher… kein Wort stimmt!«
    Eine Frau liegt außer Gefecht am Boden, und drei männliche Kriminalbeamte sehen der Szene tatenlos zu. Sie greifen erst ein, nachdem die andere Frau, die Kollegin mit der Konfektionsgröße 38, dazwischengegangen ist und ihre blaue Kostümjacke einen Riß bekommen hat.
    »Ist ja Gott sei Dank nur die Naht…«, sagt Petersen später tröstend.

13
     
     
     
    Die Heiligen Drei Könige und die drei folgenden Tage bringen den ersten starken Schneefall. Ein Geständnis von Jill, die nach Berties Geständnis sofort unter Mordverdacht festgenommen und verhaftet worden ist, liegt noch nicht vor – und wenn sie’s bis jetzt noch nicht abgelegt hat, wird sie’s mit einiger Wahrscheinlichkeit nie tun. Hamburgs kundige Gerichtsreporter sehen bereits einen sensationellen Indizienprozeß heraufdämmern.
    So sieht’s auch der Erste Staatsanwalt Portheine, der diesen Fall übernommen hat. Im Gegensatz zu den Reportern ist er gar nicht glücklich über die Entwicklung.
    Trimmel haben sie es in der Klinik Eppendorf schonend beigebracht. Mit ihm geht’s bergauf, wenn auch sehr langsam. Und am 27. Januar, sieht Höffgen, sind seine Augen mit einem Male viel klarer als sonst.
    »Ich hab gestern zum erstenmal sitzen dürfen«, sagt Trimmel, wieder ziemlich mürrisch. »Rumlaufen ist angeblich noch nicht drin.«
    Das nach elf Wochen.
    »Na ja«, sagt er. »Nimm’s, wie’s kommt. Was macht eigentlich der Fall Tennessy?«
    Da erzählt Höffgen ihm die Geschichte vom Selbstmord Professor Beckers. Vielleicht deshalb, weil er gerade am Tag zuvor von Schwarz endlich eine Kopie des Abschiedsbriefes gekriegt hat, nachdem der Leiter K aus Bad Wildungen ihm einige Kernsätze bereits vorher mitgeteilt hatte: Er – Becker – habe zwar ausreichend Geld, um in Südamerika oder sonstwo ein sorgenfreies Legen führen und sogar als Arzt arbeiten zu können. Aber er finde es anständiger, aus der moralischen Schuld, die er nach allgemeiner Ansicht auf sich geladen hat, die Konsequenzen zu ziehen. Er sei aber nicht bereit, sich dem irdischen Richter zu stellen, sondern nur dem Allerhöchsten…
    »Dabei sah er aus wie n Atheist…«, sagt Trimmel. Er erinnert sich lebhaft. »Allerdings, ich hab ihn ja nur sehr kurz gesehen…«
    »Vor nem Doppelselbstmord benehmen sich die Leute fast immer komisch«, meint Höffgen philosophisch.
    Seinen irdischen Richtern hat Becker immerhin noch die Erkenntnis hinterlassen, wie denn nun eigentlich dieses Nierengeschäft in Gang kam. »Die Idee stammte, im Ansatz, weder von Tennessy noch von mir«, liest Höffgen vor. »Einer meiner Patienten fragte mich eines Tages, ob ich eine Nierentransplantation bei ihm für sinnvoll hielte. Ich sagte ihm, grundsätzlich ja, und er fragte mich, ob ich in der Lage sei, die Operation vorzunehmen. Auch dies konnte ich, obgleich ebenfalls nur grundsätzlich, mit ja beantworten, worauf er antwortete, er werde es schon arrangieren.
    Nachdem ich dieses Gespräch dann bereits vergessen hatte, suchte mich eines Tages der von dem betreffenden Patienten ohne mein Wissen angesprochene Herr Tennessy auf und erklärte sich überraschend bereit, eine Operation durch die Zurverfügungstellung eines Transplantats zu ermöglichen. Obgleich ich zu diesem Zeitpunkt durchaus in der Lage war, die letzten Endes vorrangig finanziellen Zusammenhänge dieses Arrangements zu erkennen, setzte ich mich darüber hinweg und erklärte mich einverstanden. Es reizte mich in erster Linie, die

Weitere Kostenlose Bücher