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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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in erster Linie weil wir unseren Augen kaum trauen konnten, aber auch ein wenig aus Stolz. Für Fi kann ich nicht sprechen, aber mir jagte der Anblick auch Schrecken ein. Wir waren unzählige Male über diese Brücke gefahren und mir wäre nicht im Traum eingefallen, dass ich sie eines Tages zerstören würde. Und das Merkwürdigste war, dass wir jetzt als diejenigen in die Lokalgeschichte eingehen würden, die sie in die Luft gejagt hatten. Mir wäre lieber gewesen, man würde sich an mich erinnern, weil ich etwas gebaut, und nicht, weil ich etwas zerstört hatte. Wenigstens war es für einen guten Zweck gewesen. Seit dieser Krieg begonnen hatte, war so vieles anders geworden; dabei gehörte die Tatsache, dass eine Gruppe Jugendlicher durch die Gegend streichen und dabei in die Luft jagen konnte, was ihr gerade unterkam – und dafür auch noch gelobt wurde –, zu den kleinsten Veränderungen. Als Ms Goh, die Berufsberaterin an der Schule, die Formulare austeilte, in die wir unsere Berufswünsche eintragen sollten, wäre ich niemals auf den Gedanken gekommen, »Terroristin« oder »Guerillakämpferin« hinzuschreiben.
    Wir überquerten den Fluss ungefähr einen Kilometer weiter flussabwärts an einer Stelle, wo ein Rohr in einer schmalen Holzwanne ans andere Ufer führte. Wahrscheinlich war es ein Abflussrohr. Als ich hinüberkroch, hatte ich das Gefühl, eine lebendige Zielscheibe zu sein. Wir krochen zwar einzeln hinüber, wären aber trotzdem vollkommen hilflos gewesen, hätten uns die Soldaten entdeckt und zu schießen begonnen.
    Als wir beim Highway ankamen, stellten wir fest, dass sich manches verändert hatte. Sogar zu dieser frühen Stunde waren Fahrzeuge unterwegs. In neunzig Minuten beobachteten wir zwei kleine Konvois, die von Cobblers Bay kamen, und einen, der hinfuhr. An der Kreuzung von Jigamory verließen sie den Highway und bogen am Haus der Jacobs vorbei in die Buttercup Lane ein. Das war eine Veränderung, mit der wir gerechnet hatten. Es war der logische Umweg, auch wenn er durch schwer befahrbares Terrain führte. Nach etwa acht Kilometern kam eine Brücke, die für die großen Sattelschlepper geeignet war. »Was wollen wir wetten, dass die schwer bewacht ist?«, meinte Robyn grinsend.
    Die zweite wichtige Veränderung betraf die Patrouillen; sie waren viel kleiner geworden. Wir sahen zwei, beide zu Fuß unterwegs, eine zu dritt und die andere zu viert. Der Grund für diese Neuerung war uns nicht ganz klar. Vielleicht fühlten sie sich sicherer, weil sie meinten diesen Teil des Landes unter Kontrolle zu haben; andererseits lag unser Anschlag auf die Heron Bridge noch gar nicht lange zurück. Vielleicht brauchten sie in anderen Gegenden mehr Truppen und waren gezwungen die rund um Wirrawee stationierten teilweise abzuziehen. Und auch wenn man glauben möchte, dass uns kleinere Patrouillen nur recht sein konnten, machten sie uns das Leben in Wirklichkeit schwerer. Die großen Patrouillen waren viel auffälliger gewesen, weil sie mehr Lärm machten. Diese zwei kleinen bemerkten wir erst, als sie nur noch wenige Schritte von uns entfernt waren. Vielleicht war das der eigentliche Grund.
    Als der Morgen dämmerte und sich als rosa Schimmer an den Rändern des Nachthimmels zeigte, waren wir immer noch am Highway und fast schon zu spät dran, um rechtzeitig in unser Versteck in Wirrawee zurückzukehren. Wir durften keine Zeit verlieren, wenn wir in Wirrawee sein wollten, bevor die Hauptverkehrszeit einsetzte. Zur Hauptverkehrszeit musste man in Wirrawee zwar keine Verkehrsstaus befürchten – ob mit oder ohne Invasion –, aber brave Mädchen und Jungen waren vor Tagesanbruch daheim und im Bett. Und wir waren brave Mädchen und Jungen. Während der letzten halben Stunde, die wir im ersten grauen Tageslicht mitten in der Stadt unterwegs waren, hatte ich fürchterliche Angst. In der Maldon Street hörten wir einen Lastwagen und später sahen wir zwei Autos, die mit hoher Geschwindigkeit über eine Kreuzung rasten. Schließlich waren wir aber wieder im Haus der Musiklehrerin und hatten die Information, die wir benötigten.
    Nachdem wir ausgeschlafen hatten, fuhren wir fort zu planen, waren aber jetzt mit den Details beschäftigt: der richtige Zeitpunkt, der Ort und die Ausrüstung.
    Teil unseres Plans war, vor dem Anschlag eine Nacht lang anständig zu schlafen. Alles in allem waren wir mit unseren Vorbereitungen zufrieden. Wir wussten natürlich, dass man Glück und Zufall nicht einplanen kann. Als ich

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