Ein endloser Albtraum (German Edition)
Seiten in den Schuppen drang. Wir befanden uns auf Kevins Grundstück und übernachteten in den ehemaligen Unterkünften der Schafscherer, die im rechten Winkel an den Scherschuppen anschlossen. Es tat gut, zur Abwechslung in einem Holzhaus zu schlafen, auch wenn es so zugig und wasserdurchlässig war wie dieses. Seit zwei Wochen regnete es ununterbrochen. Irgendwann war der Punkt gekommen, an dem wir das Wetter nicht mehr ertrugen, unsere Sachen packten und aus der Hölle auszogen. Alles, was wir besaßen, war zuerst feucht geworden, dann nass und schließlich klatschnass. Das Wasser war über die Entwässerungsrinnen getreten, die wir gegraben hatten, und in die Zelte gedrungen. In der Früh stand keiner mehr auf, weil wir ohnehin nirgends hingehen und nichts tun konnten. Also zimmerten wir für die Hühner eine Fütterungsanlage, damit wir sie auch über längere Zeiträume allein lassen konnten, luden uns anstelle der Rucksäcke Bündel mit unseren nassen Kleidern auf den Rücken und patschten aus der Hölle. Wir hatten gründlich die Nase voll voneinander und sehnten uns verzweifelt nach etwas Normalität. Nach drei Nächten, in denen wir immer wieder kleine Feuer gemacht hatten, waren unsere Sachen endlich trocken und ich fing an mich wieder halbwegs wie ein Mensch zu fühlen. Es hatte etwas Beruhigendes, zu wissen, dass die Kleider und Decken sauber und trocken waren, auch wenn wir zu fünft auf vier zerschlissenen Matratzen schliefen, die mit jeder Stunde mehr in ihre Bestandteile zerfielen.
Seit wir wieder trocken und normal waren, besserte sich auch unsere Laune. Homer und Robyn hatten vor den Nachrichten eine Stunde lang »Ich sehe was, was du nicht siehst« gespielt, wobei das Spiel aber ziemlich ausartete, als Robyn anfing sich unmögliche Worte auszudenken. Etwas, das mit U anfing, stellte sich als »undefinierbare Zukunft« heraus und etwas, das mit E anfing, waren »erotische Tagträumereien«, von denen Robyn behauptete, dass wir sie alle hätten. Nach den Nachrichten spielten wir Galgen und danach Scharaden. Ich hielt sie zehn Minuten lang auf Trab, als ich die Silben des Titels Die Wirkung der Gammastrahlen auf die Ringelblumen beim Mann im Mond darstellte, ein Film, den ich im achten Schuljahr auf Video gesehen hatte und von dem die anderen nie gehört hatten. Als sie schließlich aufgaben und ich ihnen den Titel nannte, wären sie beinahe über mich hergefallen.
Als der Regen kurz aufhörte, ging Lee nach draußen, um sich die Beine zu vertreten. Er wollte, dass ich mitkam, aber ich hatte keine Lust. Ich war mitten in einem Liebesroman mit dem Titel Schick mir weiße Blumen.
Als ich zu drei Vierteln damit fertig war und Fi mich von ihrer Matratze aus im Auge behielt, um zu sehen, ob ich heulen würde, schlüpfte Lee durch die Tür und schloss sie sachte hinter sich. Er sagte: »Soldaten im Anmarsch.«
Ich sprang auf die Füße, ließ das Buch fallen und stürzte zum Fenster. Ich stand mit dem Rücken zur Wand und versuchte hinauszusehen, erkannte aber, dass das zu gefährlich war. Also tat ich es den anderen nach, suchte eine Ritze in der Wand und drückte mein Auge dagegen. Wir starrten nervös und ängstlich nach draußen. Zwei Lastwagen, einer, der der Armee gehörte und mit einer Teerplane bedeckt war, und ein kleiner Laster vom Eisenwarenhändler aus Wirrawee, krochen langsam die Auffahrt herauf. Sie hielten an der Westseite des Hauses, neben dem Geräteschuppen, und parkten nebeneinander. Aus den beiden Fahrerhäusern stiegen Soldaten aus.
»O mein Gott«, stöhnte Fi. »Sie wissen, dass wir hier sind.«
Ich hatte nicht bemerkt, dass Homer seine Stellung verlassen hatte, aber auf einmal war er neben mir und reichte mir das Gewehr, das ich dem toten Soldaten am Fuß der Klippe abgenommen hatte. Fi gab er die .410-Doppelflinte, Robyn eine .22-Schrotflinte mit abgesägtem Lauf und Lee die abgesägte Zwölfkaliberflinte. Er selbst behielt die andere automatische Waffe. Robyn nahm das Gewehr entgegen, sah es einen Moment lang an und legte es neben sich auf den Boden. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Konnten wir uns im Fall eines Schusswechsels auf sie verlassen? Wenn sie sich weigerte zu schießen, war sie dann im Recht oder im Unrecht? Wenn sie im Recht war, war ich im Unrecht? Der Schweiß auf meiner Haut kribbelte, als wäre ich an eine Brennnessel gekommen. Ich wischte mir das Gesicht ab und schaute wieder durch den langen senkrechten Riss.
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