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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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unseres Lebens zu Sklaven machen. Eine Zukunft, die keine war, ein Leben, das kein Leben war. Aber zum Nachdenken hatte ich keine Zeit.
    Vorläufig hatte ich nur Zeit zum Handeln.
    »Ich muss gehen, Ms Macca«, sagte ich.
    Zu meinem Schrecken brach sie plötzlich in haltloses Schluchzen aus. Sie wandte sich von mir ab und fiel nach vorne auf die Werkbank, weinte bitterlich und ließ noch einmal den Schraubenzieher fallen. Sie schrie und weinte gleichzeitig. Meine Kopfhaut fühlte sich an, als jagten hundertachtzig Volt über sie hinweg und rasierten mir den Schädel. Verängstigt zog ich mich rasch zurück, kroch zum äußersten Ende der Wollballen und duckte mich dahinter. Ich hörte, wie die Tür des Lastwagens aufging und ein Soldat in den Schuppen kam.
    »Was ist los?«, wollte er wissen.
    »Keine Ahnung«, erwiderte der Mann. Er klang ziemlich überzeugend, als wäre es ihm im Grunde egal. »Sie fing auf einmal zu flennen an. Muss an den verfluchten schwedischen Vergasern liegen. Die bringen jeden zum Heulen.«
    Ich hätte in meinem dunklen Versteck beinahe gegrinst.
    Eine Weile schien gar nichts zu passieren. Das einzige Geräusch war Ms Mackenzies Schluchzen, das ruhiger geworden war. Ich hörte sie schlucken, während sie versuchte Luft in ihre Lungen zu bekommen und die Fassung wiederzufinden. »Komm schon, wird schon wieder«, sagte der Mann. Jetzt hörte ich wieder Schritte, die des Soldaten wahrscheinlich. Sie verließen den Schuppen und verloren sich in Richtung des Hauses.
    »Lauf um dein Leben, Ellie«, sagte der Mann in normalem Unterhaltungston, als würde er mit Ms Mackenzie sprechen.
    Ich musste mich auf ihn verlassen und verschwand, ohne noch etwas zu sagen. Ich schlüpfte an der Ecke des Schuppens und an dem Wassertank vorbei und tauchte in den Busch ein.
    Ich begrüßte die Bäume, als wären sie meine Freunde, meine Familie. Ich duckte mich hinter einen, legte die Arme um ihn und wartete, bis das Keuchen aufhörte. Dann lief ich den Hang hinauf und machte mich auf die Suche nach meinen Freunden.

Vierzehntes Kapitel
    Zwei Tage später bekamen wir unsere ersten Kolonisten zu Gesicht. Der Regen war noch stärker geworden und hatte uns in die Hütte der Scherer zurückgetrieben, wo wir wie in einem Erdloch kauerten und dem Knarren und Wimmern und Murmeln in den Holzwänden zuhörten. Der Regen fiel sintflutartig und schlug mit einem Krachen auf das Wellblechdach, als wollte er uns durch das Dach mit Steinen bewerfen. Wir hielten nun rund um die Uhr abwechselnd Wache, doch das Wetter war so lausig geworden, dass der Arbeitstrupp nicht zurückkehrte. Wir sahen uns an, was sie gemacht hatten: Das Haus war aufgeräumt und sauber, sogar die Betten waren frisch bezogen. Alles war für die Ankunft der Fremden bereit, sie konnten kommen und einziehen. Die Vorstellung, dass diese Leute in den Betten der Holmes schlafen, in ihrer Küche essen, über ihre Viehweiden gehen und ihre Saatkörner in ihre Erde streuen würden, machte mir Angst und stimmte mich gleichzeitig traurig. Es war klar, dass unsere Farm bald dasselbe Schicksal ereilen würde.
    Nach zwei Tagen hörte zwar der Regen auf, aber der Himmel blieb grau, die Luft war kalt und der Boden nass und matschig. Wir hatten beschlossen bei nächster Gelegenheit die Suche nach Chris wieder aufzunehmen und noch einmal zu seinem Haus zu gehen; es konnte ja sein, dass er in der Zwischenzeit dort aufgetaucht war. Kurz vor Sonnenuntergang packten wir unsere Sachen und schlugen trotz der feuchten Kälte den Weg über die Koppeln ein, da die Straßen so früh am Abend zu riskant waren. Kurz nach Wirrawee würden wir auf die Meldon Marsh Road stoßen und von dort war es zum Haus der Langs nicht mehr weit.
    Das erste Stück gingen wir schweigend. Unsere Stimmung war durch die zusätzlichen zwei Tage auf engstem Raum nicht unbedingt besser geworden. Es tat gut, auf freiem Feld zu sein und wieder richtig atmen zu können, und nach den ersten paar Kilometern begann ich mich zu entspannen. Lee und ich gingen eine Zeit lang Hand in Hand, da wir aber mit zunehmender Dunkelheit immer öfter beide Hände benötigten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und wiederholt gestolpert waren, fiel ich zurück und ließ Lee allein weitergehen. Ich unterhielt mich mit Robyn über Filme, die wir gesehen hatten, welche wir mochten und welche nicht. Ich hatte große Lust, wieder einmal ins Kino zu gehen, auf die riesige Leinwand zu schauen und schönen Menschen in schönen

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