Ein endloser Albtraum (German Edition)
allmählich auf die Nerven zu gehen. Aber vor allem waren es die interessanten Kombinationen, die zwischen den Hiergebliebenen möglich waren. Da waren Homer und Lee, für die ich beide starke, seltsame Gefühle hatte, doch wurde dies dadurch kompliziert, dass Fi Homer offensichtlich sehr stark anzog. Homer war anscheinend noch immer zu schüchtern, um dieser Anziehung nachzugeben, obwohl er ihr gegenüber jetzt selbstsicherer war. Da war Fi, die in letzter Zeit ihre kühle Art verloren hatte und nervös und schweigsam wurde, wenn Homer in ihrer Nähe war. Obwohl noch immer schwer zu glauben war, dass sie ihn lieben konnte – na ja, wirklich lieben. Da war Lee, der mich mit seinen Opossum-Augen ansah, als wäre sein verletztes Bein der einzige Grund, warum er nicht aufsprang und mich packte. Ich hatte ein wenig Angst vor der Unergründlichkeit dieser schönen Augen.
Ich fühlte mich schuldig, wenn ich an Liebe auch nur dachte, während unsere Welt sich in einem solchen Chaos befand und vor allem weil meine Eltern all das Schreckliche mitmachten. Es waren wieder die jungen Stiere in den Schlachthäusern. Aber mein Herz machte sich seine Gesetze selbst und weigerte sich von meinem Gewissen kontrolliert zu werden. Ich ließ ihm freien Lauf und dachte an all die faszinierenden Möglichkeiten.
Vierzehntes Kapitel
Am Montagmorgen zog ein dunkler Strom aus Flugzeugen eine Stunde oder noch länger über uns hinweg. Leider waren es nicht unsere. Ich hatte noch nie so viele Flugzeuge auf einmal gesehen. Sie sahen wie große, dicke Transportflugzeuge aus und wurden von niemandem behelligt, obwohl eine halbe Stunde später sechs unserer Luftwaffenjets auf der gleichen Route vorbeipfiffen. Wir winkten ihnen optimistisch zu.
Wir waren zeitig in der Früh in meinem Haus gewesen und brachten eine weitere Ladung mit: Lebensmittel, Werkzeug, Kleidung, Toilettenartikel, Bettzeug und ein paar Dinge, die wir vorher vergessen hatten, wie Grillgeräte, Tupperware, eine Uhr und, wie ich beschämt zugeben muss, Wärmflaschen. Robyn hatte um eine Bibel gebeten. Ich wusste, dass wir irgendwo eine hatten, fand sie schließlich, staubte sie ab und fügte sie unserer Sammlung hinzu.
Es war schwierig, weil wir nicht so viel mitnehmen durften, dass Patrouillen merkten, dass da jemand auf Beute aus war. Also fuhren wir zu den etwa einen Kilometer entfernten Grubers und holten uns weitere Lebensmittel. Ich nahm aus Mr Grubers Schuppen auch Samen und Sämlinge mit. Ich fing an genauso zu denken wie Homer und auf lange Sicht zu planen.
Als Letztes besorgten wir uns ein halbes Dutzend Hühner – unsere besten Leghennen –, etwas Munition, Zaundraht und Pfähle. Im Morgengrauen ratterten wir den Weg hinauf, während sich hinten die Hühner neugierig miteinander unterhielten. Ich ließ diesmal Homer fahren, weil ich annahm, dass er Übung brauchte. Um Fi zu unterhalten, schloss ich die Augen, schlug die Bibel auf gut Glück auf, zeigte auf eine Stelle, sagte dabei gleichzeitig: »Durch meinen übersinnlichen Finger werde ich einen Satz finden, der für uns gilt«, öffnete die Augen und las den Vers vor. Ich stieß auf folgenden Text: »Ich hasse sie mit vollkommenem Hass; ich zähle sie zu meinen Feinden.«
»Donnerwetter«, sagte Fi. »Ich habe geglaubt, dass die Bibel voller Liebe und Vergebung und all dem Zeug ist.«
Ich las weiter. »Schütze mich, o Herr, vor bösen Menschen; bewahre mich vor gewalttätigen Männern, die in ihren Herzen Böses planen und ständig Kriege entfachen.«
Die anderen waren tatsächlich beeindruckt. Mir ging es genauso, aber ich ließ es mir nicht anmerken. »Ich habe euch ja gesagt, dass ich einen übersinnlichen Finger habe.«
»Versuch es mit einer anderen Seite«, sagte Homer. Aber ich hatte nicht vor, meinen Ruf so bedenkenlos wegzuwerfen.
»Nein, du hast die Worte der Weisheit gehört«, wehrte ich ab. »Das ist alles für heute.«
Fi griff nach der Bibel und versuchte es mit dem gleichen Ritual. Beim ersten Mal traf sie den leeren Absatz am Ende eines Kapitels. Beim zweiten Mal las sie: »Dann beförderte der König Schadrach, Meschach und Abed-Nego in der Provinz Babylon.«
»Es hat keinen Sinn«, sagte ich. »Man muss den übersinnlichen Finger haben.«
»Vielleicht kann das Zitat, das du gelesen hast, Robyn hinsichtlich des Niederschießens von Soldaten beruhigen«, sagte Homer zu mir.
»Hmmm, ich habe die Seite markiert. Ich werde es ihr zeigen, sobald sie zurückkommt.« Niemand erwähnte die
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