Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
Vom Netzwerk:
damastene Hauskleider, Knäuel von Strümpfen jeden Materials, in vielerlei Qualität und Farbe, Tüten, Vasen, Etuis, Flakons. In der Mitte ein großer, wurmstichiger und knarrender Tisch, darauf prächtige Samtjacken, Seidenmäntel in jeder Farbe und Fasson, feinste Spitzen, daneben Fetzen, zerrissene Wäsche, verbeulte Hüte; an einer Wand in der Mitte ein blank polierter, mannshoher Spiegel in einem Rahmen aus reich verzierter Goldbronze; an einem Fenster ein Spieltisch aus Elfenbein, darauf diverse Kartenspiele, laszive Büchlein, Würfelbecher, Nadeldöschen, Seiden- und Zwirnknäuel, Borten und Schnipsel. Auf einer Seite stand ein sehr niedriges Bett, das, seinem völlig zerwühlten Aussehen nach zu urteilen, das Lager dieser Frauen sein musste; ringsumher Schränke, Truhen, verschlossene, halb geöffnete oder weit offen stehende Kästen; im einen lagen Sachen, die seit Jahren nicht angerührt waren, im anderen herrschte ein Durcheinander von unterschiedlichsten, wahllos hineingestopften Dingen, ein dritter war leer, wieder ein anderer seitjeher verschlossen, weil der Schlüssel verloren gegangen war. Das Chaos am Boden lässt sich mit Worten nicht schildern, einfach alles lag in diesem Zimmer, in den Nebenkammern oder auf den Sesseln herum, von jedem Ding fand sich ein Exemplar oder sein Gegenstück, und zwischen Litzen, Stoffresten, Knöpfen, Seidenschnüren, Fingerhüten, Körben, Bügeleisen lagen in heillosem Durcheinander Schuhe, Pantoffeln, Herren-und Damenstiefel herum, verwitwet, da ihres Gesponses verlustig gegangen, von Motten zerfressene Federn, Hütchen, Hauben und schmutzige Perücken; kurzum, auf diesem Fußboden herrschte ein solcher Wirrwarr, dass man es im Dämmerschein für einen Teppich mit dem ausgefallensten Muster hätte halten können.
    Zögernd trat Morosina ein. Obwohl sie immer noch vertraulich bei ihr eingehängt waren, bückten sich die beiden Frauen und bemühten sich, ihr mit dem anderen Arm den Weg freizuräumen, und als sie unter Gelächter und Geplauder über tausenderlei Dinge zum Fenster gelangt waren, fragten sie sie, ob sie irgendetwas benötige, sie solle es nur freiheraus sagen.
    Nach kurzem Zögern antwortete das Mädchen, sie hätte recht gern dieses Kleid ausgezogen, das ihr lästig sei, und zu diesem Zweck beugte sie sich über ihre Kiste, öffnete sie und holte das schwarze Wollkleid hervor, das sie im Kloster zu einfachen Gottesdiensten getragen hatte. Aber die beiden Zofen ließen sie nicht gewähren, jede an einem Ende der Kiste kniend oder besser kauernd, hatten sie deren Inhalt in kürzester Zeit dem Rest des Zimmers gleichgemacht. Die eine wühlte hier, die andere da, und so bekamen die beiden nebst anderen Sachen je einen Ärmel des Kleides zu fassen und zogen ihn zu sich, das Kleid riss entzwei, aber in zwei ungleiche Hälften, die eine hielt einen Ärmel und das halbe Oberteil, die andere alles Übrige. Über diesen Vorfall, der Morosina doch zu betrüben schien, da sie außer diesem kein anderes Kleid besaß, bogen sich die beiden Zofen vor Lachen – sie hoben die Teile hoch, zeigten sie einander und dem Mädchen und hielten sich den Bauch vor Lachen. Morosina, von Natur aus fröhlich, durch ihre Jugend ebenfalls leichten Sinnes und grenzenlos gutmütig, stimmte schließlich in diese ausgelassene Heiterkeit mit ein, bis es dem Himmel gefiel, ihr ein Ende zu setzen. Die beiden Frauen liefen in das andere Zimmer und schafften einen Armvoll Kleider herbei, unter denen sie für diese Tageshälfte auswählen solle.
    « Ach nein, es ist doch einerlei», sagte das Mädchen,« ich behalte das Kleid an, das ich trage, es ist ja gar nicht so übel.»
    « Sie dürfen es nicht anbehalten, Sie ersticken ja darin! Sie dürfen es auf gar keinen Fall anbehalten», erwiderte die dunklere und kräftigere der beiden, die durch den Lachanfall von eben noch immer ganz außer Atem war.«Morgen wird die Aussteuer von Euer Exzellenz fertig sein... einstweilen... wollen Sie vielleicht hiermit vorliebnehmen... mit diesem Hauskleid... Es wird Ihnen... ganz wundervoll stehen.»
    « Ja, wahrhaftig, du hast recht, Moretta!», sagte die andere, eine sehr schlanke, typisch venezianische Blondine.«Dieses Kleid von mir wird der Signora wie angegossen sitzen, allerdings ist es etwas tief ausgeschnitten, und man braucht eine Bluse. Veronica! Giuliana!», rief sie ans Fenster eilend.«Ein heißes Bügeleisen! Habt ihr verstanden? Ein Bügeleisen ...»
    « Was sagst du denn da? Bist du nicht

Weitere Kostenlose Bücher