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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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dass ihm wieder Zähne und schwarze Haare wachsen!»
    « Gott gebe es, er ist ein guter Herr», sagte Moretta.
    « Und dabei wird er hier dermaßen gefürchtet, dass es sich gar nicht sagen lässt!»
    « Bei Gott, ich weiß, wie sehr er gefürchtet wird! Er ist es doch, der sämtliche Venezianer vom Gebrauch ihrer Verstandeskräfte entbindet.»
    « Ob es stimmt, dass er einer der Inquisitoren ist?»
    « Er ist nicht nur einer von ihnen, sondern man kann sagen, er gilt für alle drei, denn sowie er da ist, zählen die anderen nicht mehr.» 49
    « Und ob es wahr ist, dass er viele hat köpfen lassen und unendlich viele ins Wasser werfen?», fragte Adriana nachdenklich.
    « Meiner Treu, und ob das wahr ist!», antwortete die andere.«Und er hat sehr gut daran getan; wir wollen hier von Trübsinn nichts wissen, wir wollen lustig sein, und wenn die Spielverderber jammern wollen, dann sollen sie nur im Canale Orfano 50 fischen gehen!»
    « Fürchtest du dich denn nicht, wenn du an diese Gräueltaten denkst?»
    « Mich fürchten? Aber wenn ich dir doch sage, ich würde es selbst genauso machen! Wenn einer an seinen eigenen Angelegenheiten nicht genug hat und sich in die der anderen einmischt, ist es da nicht letztendlich ein großer Gewinn, wenn er von dieser Last befreit wird? Ein Sturz ins Wasser, und gute Nacht! Er gibt Ruh’, und die anderen haben ihre Ruh’.»
    « Heilige Muttergottes! Und Giorgetto, ob man den auch ertränkt hat?», rief Adriana.
    « Ach herrje, denkst du denn immer noch an diesen Prahlhans?»
    « Wie denn nicht? An gewissen Abenden geht er mir nicht aus dem Sinn! Du weißt, er war ein hübscher Cavaliere!»
    « Ja, einer von den Cavalieri aus Sorrent, von denen es Hunderttausende gibt und deren Einkünfte sich auf jährlich tausend Dukaten Schulden belaufen!»
    « Und doch, siehst du, habe ich Gewissensbisse, dass ich mich so gar nicht um ihn kümmere; manchmal liegt es mir auf der Zunge, und ich möchte Seine Exzellenz nach ihm fragen.»
    « I wo! Seine Exzellenz wird sich ausgerechnet mit dir über Staatsgeschäfte unterhalten! Und dann, was hast du denn mit diesem Möchtegerngrafen am Hut? Als er hinter Schloss und Riegel kam, hattet ihr da nicht schon miteinander gebrochen? War da nicht schon Patron Carlino dran?»
    « Ja, aber der war neu ... und er ...»
    « Er liegt dir also wirklich am Herzen, dieser Graf vom Vesuv...? Ja...? Nun, dann will ich dir heute Abend das Neueste von ihm erzählen.»
    « Dein Ehrenwort?», rief Adriana.
    « Ehrenwort eines ehrbaren Mädchens!», antwortete Moretta mit einem Händedruck.«Und jetzt leg den Schleier an, und wir gehen zu Catte, der Ärmsten! Die hat wirklich Pech mit ihrem Sohn, der sich bei der Marine hat anwerben lassen! »
    « Schönes Pech, das!», erwiderte Adriana.«Du hättest sagen sollen, er hat sich zum Nichtstun anwerben lassen...! Das ganze Jahr am Lido herumlungern und die Segel von Malamocco 51 und den Campanile von San Marco anstarren. Für solch ein Seemannsleben würde auch ich mich in Sold nehmen lassen!»
    « Aber ein Pech ist es doch», bemerkte Moretta ernst.«Vor allem hat die arme Catte nun niemanden mehr auf der Welt, der ihr den Kaffee röstet und ihr den Laden sauber hält. Dann kommt hinzu, dass der Ärmste seine Entscheidung schon bereut. Wenn du wüsstest, was für ein Leben das dort ist! Und welche Gefahren bei Tag und bei Nacht!»
    « Große Gefahren, das!», sagte Adriana.«Sich den Bauch mit Austern vollschlagen und nachts schlecht schlafen...! Das ist alles!»
    « Willst du mich foppen?», entgegnete Moretta.« Und wenn der arme Teufel nun zufällig auf Deck einschläft und ins Wasser fällt?»
    « Sicher ...! Dann bauen sich die Sardinen in seinem Bauch ein Nest, und es ergeht ihm wie diesem slawonischen Kapitän, von dem uns Patron Carlino gestern erzählt hat.»
    « Nein, die Sardinen haben nichts damit zu schaffen! Aber unterdessen muss der arme Mann ertrinken, weil er nicht schwimmen kann!»
    « Ein Matrose der Republik, der nicht schwimmen kann!»
    « Und was ist so Absonderliches daran...? Es steht ja schließlich nirgendwo geschrieben, dass man schwimmen können muss...! Aber es kommt noch schlimmer. Stell dir vor, einmal, als der Ärmste zu Hause war, hat er mir erzählt, dass von den hundert Mann einer Fregattenbesatzung zwei Drittel in Venedig sind, und von den übrigen dreißig müssen sechs die ganze Nacht hindurch die Pumpe bedienen, und wenn sie eine Stunde Pause machen oder ein Schlückchen zu viel

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