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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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entquollen, die sie dem Schlaf so nahe wähnte. Und noch ärger war es, wenn sich ihr Sinn, immer noch geschwächt von der vorherigen Ohnmacht, zwischen Bewusstlosigkeit und Schlummer verlor und die von Liebe erfüllte Phantasie ihr die schönsten Visionen vorgaukelte; wenn sie sich dann unter plötzlichem Erschaudern von diesen losriss und wieder zu sich kam, spürte sie jenen Schmerz, den sie vor sich selbst zu verbergen trachtete, mit tausendfacher Grausamkeit. Auf einmal hörte sie, wie leise an die Tür geklopft wurde.« Wer ist da?», fragte sie etwas ängstlich, nicht so sehr wegen des Klopfens als wegen ihrer tiefen Erregung.
    « Ich bin’s!», antwortete etwas unruhig die Stimme Chirichillos.
    « Herein, mein Alter!», murmelte das Mädchen; im Verlauf ihres inneren Ringens war ihr dieser Lehrmeister aus Kindertagen öfter in den Sinn gekommen, als Spender von Trost und Rat.
    Der Gerichtsschreiber trat ein; er war sehr blass; über die Kerze hinweg, die er in Händen hielt, schaute er ängstlich auf Morosina.«Man hat mir gesagt, du seist unpässlich», sagte er, indem er auf das Bett zuging.«Ist das wahr, mein Töchterchen? »
    « Mir war ein wenig bang zumute», antwortete das Mädchen und zwang ihre Lippen zu einem Lächeln, aber in den Augen glänzten immer noch Tränen.«Jetzt ist es Gott sei Dank vorüber!»
    Der Alte stellte die Kerze auf dem Tisch ab, als er jedoch sah, dass das Licht dem Mädchen in den Augen wehtat, löschte er sie, kehrte zu ihr zurück und setzte sich neben sie.«Nun, lass hören!», sagte er.«Beichte mir: Woher kommen diese Schmerzen? »
    « Man will... man will, dass ich mich verheiraten...», sagte das Mädchen leise.
    « Ich weiß, ich weiß!», erwiderte Chirichillo und nickte bedeutungsvoll.«Ja, um die Wahrheit zu sagen, ich hatte es selbst schon bemerkt, an den Umtrieben Seiner Exzellenz!»
    « Und hast mir nichts davon gesagt?», rief das Mädchen verzweifelt.
    « Ich habe etwas Besseres getan», antwortete der Alte.«Da nicht klar war, ob der Bräutigam zu dir passt oder nicht, bin ich von heute früh bis zu Mittag und danach bis gerade eben durch ganz Venedig gelaufen und habe Schwätzchen gehalten, wie man so sagt, habe Erkundigungen über ihn eingezogen... Was willst du? Für den Fall, dass man eine Entscheidung von dir verlangte, wollte ich nicht, dass wir blind in irgendetwas hineintappen...! Aber du kannst unbesorgt sein, obwohl er auf den ersten Blick wirkt wie alle anderen und auch auf mich diesen Eindruck gemacht hat; aus dem, was die Leute sagen, höre ich aber heraus, dass er im Grunde überhaupt nichts mit ihnen gemein hat. Er ist keins der üblichen Herdentiere, weißt du, und gewisse alte Wüstlinge laufen Gefahr, sich im Hinblick auf ihn zu täuschen. Mit einem Wort, ich bin recht froh, dass du diesen jungen Mann heiratest.»
    Morosina hatte eine Hand des Gerichtsschreibers ergriffen, beugte den Kopf darüber und benetzte sie mit Tränen.
    « Was hast du, was hast du denn, mein Kind?», fragte er; ganz davon in Anspruch genommen, das Lob des Cavaliere zu singen, hatte er diesen neuerlichen Schmerzensausbruch erst spät bemerkt.
    « Oh, also dann... also dann weißt auch du nicht... dass ich... dass ich... Seine Exzellenz Formiani heiraten soll!», brachte Morosina unter Schluchzen hervor.
    « Was sagst du...? Seine Exzellenz? Du den Formiani heiraten?», rief Chirichillo entsetzt und tat einen Satz auf seinem Stuhl.«Wirklich, Seine Exzellenz hast du gesagt?»
    « Ja», antwortete Morosina, deren Tränen nun ruhiger flossen.
    « Und wer hat dir das gesagt?», fragte der Alte beunruhigt.
    « Er, er hat es mir gesagt!»
    « Wer, ‹er›?»
    « Celio!», murmelte Morosina, diesen Namen trotz allem in einem gewissen liebevollen Tonfall aussprechend.
    « Ah!», rief Chirichillo aus und schlug sich mit der Hand vor die Stirn.«Ah!»wiederholte er, haute sich auf die Knie und sprang auf.«Jetzt, jetzt ahne ich alles! Alles das Gegenteil von dem, was ich befürchtete! Genau das Gegenteil! Und ich Dummkopf, ich dreimal dummer Tor, ich bin von dem ausgegangen, wie es zu meiner Zeit üblich war, als Seine Exzellenz fünfundzwanzig Jahre alt war! Jetzt, ja, jetzt verstehe ich, was Bernardo meinte, als er von dem Unglück sprach, das dem edlen Herrn Vettore drohe! Was ist nun zu tun?»
    « Was ist zu tun?», wiederholte Morosina, die sich an diese Frage des Alten klammerte wie an einen Strohhalm, obwohl sie in ihrem Herzen wusste, dass ihr nur zwei Möglichkeiten

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