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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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Mädchen sah abwechselnd Chirichillo und Celio an, aber bei diesen Worten war sie mit ganzer Seele bei dem Letzteren, und fast entsann sie sich nicht mehr, dass noch ein Dritter zugegen war, der jede Geste sah, jedes Wort hörte.
    « Mein Gott, immer solche düsteren Vorstellungen!», sagte sie.«Um Himmels willen, Celio, erklärt mir Eure Vorahnungen, woher kommen sie? Welche Notwendigkeit zwingt Euch die Gefahren auf, die Ihr erwähnt? So sprecht doch!»
    Auch Celio sah abwechselnd Morosina und den Schreiber an, wie um zu sagen:«Meine Liebe, bittet doch diese pechschwarze Gestalt, nach San Marco zu gehen!»Oder:«Hochverehrter Schreiber, tut mir den Gefallen und verschwindet!»Der aber sah ihn nicht, das Mädchen begriff nichts, und er musste notgedrungen seine Zuflucht bei einer List nehmen:«Das sind Dinge», sagte er so leise, dass nur das gespannt lauschende Ohr des Mädchens es vernahm,«das sind Dinge, die man nicht so offen sagen kann (und dabei sandte er verstohlene Blicke abwechselnd zu Chirichillo und zur Tür), und wenn wir allein wären...», sagte er und sah Morosina liebevoll an.
    « Sprecht, sprecht!», sagte sie, unbewusst der Schläue mit Klugheit begegnend.«Tut so, als wäre der Alte gar nicht da, oder sprecht so leise wie eben.»
    Ungeduldig wand Celio sich auf seinem Stuhl; als er jedoch sah, dass er mit seinen Mitteln am Ende war, kapitulierte er auf der Stelle und vertraute Morosina an, dass ihm in wenigen Tagen unausweichlich Lebensgefahr drohe; mehr könne er nicht sagen, aber er überlasse es ihr, sich aufgrund der wenigen Worte, die ihm vor einer halben Stunde entschlüpft waren, seine Seelenqual auszumalen. Auf die wiederholten Bitten, sich dieser Gefahr zu entziehen, auf die Tränen, die, alle anderen Rücksichten missachtend, den verschwollenen Augen des Mädchens entströmten, entgegnete er, Feigheit sei ihm verhasster als der Tod, und außerdem sei ein Eid eine heilige Sache, und man dürfe ihn nicht ungestraft brechen.
    « So gibt es also gar keinen Weg der Rettung?», rief sie.
    « Doch, einen gibt es», flüsterte Celio, wie berauscht von Liebe.«Es gibt einen, und das wäre, dass du mit mir kommst, um mir den Tod süßer zu machen als das Leben...?! Ein Vorwand, eine Bitte, und Seine Exzellenz wird dir einen Ausflug nach Asolo gestatten...! Wer könnte dir schon eine Bitte abschlagen...? Und wenn sie dir verwehrt würde, nun gut, dann ginge Gewalt gegen Gewalt, ich selbst würde dich entführen... Früher oder später muss dieses Visier ja doch einmal hochgeklappt werden!»
    Seit ein paar Minuten hatte Chirichillo sich von der Balkonbrüstung abgewandt und sich auf die Tür zubewegt, und eben als Celio diese Worte vorbrachte, trat der Inquisitor ein und maß ihn mit einem von seiner ganzen Amtswürde erfüllten Blick. Der junge Mann erbleichte und konnte sich kaum auf den Beinen halten, um vor ihm seine Verbeugung zu machen.
    « Oh, mein lieber Gerichtsschreiber...! Du hier?», sagte mit halb ärgerlicher, halb spöttischer Miene Formiani.«Sag mir doch, was du hier machst? Scheint es dir ratsam, dein galliges Alter so viel der jugendlichen Freude und Kraft zuzugesellen? »
    « Ich habe auf Euer Exzellenz gewartet, um Ihnen die Entscheidung der Accademia dei Magnifici mitzuteilen», antwortete Chirichillo,«die Sie zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannt hat.»
    « Also?», fragte der Cavaliere Morosina leise.
    « Niemals!», antwortete diese mit fester Stimme und trat an die Seite ihres Gatten.
    « Hör zu», fuhr dieser fort,«hör zu, mein Alter! Wenn die Magnifici noch einmal solche Botschaften senden, dann sorg dafür, dass mein Küchenjunge ihnen antwortet, ich hätte an einem Akademiker wie Don Gasparo gerade genug. Denn wenn diese hohen Herren alle solche Mägen haben wie der Meister, dann bräuchte ich die Einkünfte der ganzen Serenissima, um sie satt zu kriegen.»
    Während dieser kleinen Rede, die offenbar nicht ganz zufällig gehalten wurde, hatte Formiani den schlecht verhohlenen Verdruss Celios, den gefassten Ernst seiner Gattin und die demütige Genugtuung Chirichillos bemerkt. Und als er hinzufügte:«Es ist Zeit, zu Tisch zu gehen, meine Herrschaften!», stand ihm das Ergebnis dieser Prüfung so klar und deutlich vor Augen wie dem Gerichtsschreiber seine Prozesse nach der zehnten Verhandlung.
    « Leisten Sie uns Gesellschaft, Cavaliere?», fragte Formiani, als sie schon auf dem Treppenabsatz waren.
    « Nein, Exzellenz», antwortete dieser seufzend mit einem

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