Ein Engel fuer Emily
und warum?«
»Ich weigere mich, das zu glauben«, erwiderte Emily fest. »Donald mag vielleicht keine Intelligenzbestie und ziemlich eingebildet sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er tatsächlich über... über ein Mordkomplott Bescheid weiß. Er wünscht sich meinen Tod ganz sicher nicht.«
»Es sei denn, dein Tod verschafft ihm die größte Story seines Lebens«, gab Michael zurück, dann hob er die Hand und brüllte: »Taxi!« Augenblicklich blieb eines stehen.
»Wohin fahren wir?«, wollte Emily wissen, sobald sie eingestiegen waren.
»Es gibt nur einen Ort, an dem wir sicher sind«, entgegnete Michael, während er Donalds Notebook auf den Schoß nahm.
»O nein«, stöhnte Emily. »Nicht das Madison-Haus.«
»Ich dachte, du magst dieses Haus.«
»Ja, aber ...« Sie brach ab, als sie sein Grinsen sah. »Fall doch tot um ...« Sie wusste nur zu gut, dass er ihre Gedanken las und dass sie sich um ihn ängstigte, weil ihn der zornige Geist in diesem alten Gemäuer bei ihrem letzten Besuch nicht gerade sanft behandelt hatte. Sie durfte sich nicht von ihm in derartige Gefühle verstricken lassen. »Ja, natürlich«, fügte sie nach einer Weile eisig hinzu. »Das Böse ist deine Sache, nicht meine. Aber ich weiß, dass eine Taxifahrt nach Greenbriar zu kostspielig für uns ist. Und wir würden unnötig Aufmerksamkeit auf uns ziehen.«
»Klar«, meinte er grinsend. »Wir nehmen den Zug. Hab’ ich dir erzählt...«
»Ja!«, versetzte sie und wandte sich ab, um aus dem Fenster zu schauen. »Du hast mir alles erzählt.«
»Ich mag dieses Zeug«, sagte Michael. »Was ist das noch mal?«
»Gin. Du solltest das nicht trinken. Ich bin überzeugt, das ist gegen die himmlischen Regeln.«
»Exzess in jeder Beziehung ist ein Verstoß gegen die himmlischen Regeln. Willst du mir nicht verraten, weshalb du so ärgerlich bist?«
Sie saßen in Madisons Haus auf dem Boden - oder eher auf einer doppelten Lage dicker orientalischer Teppiche, die nach Emilys Schätzung ein Vermögen wert sein mussten. Ein Feuer loderte im Kamin, der wahrscheinlich seit hundert Jahren nicht ausgeputzt worden war. Sie hatten marokkanisches Huhn und Schokoladenmousse gegessen. Eines musste sie Michael lassen - er hatte sich schnell an das irdische Leben gewöhnt und in kürzester Zeit eine Menge über menschliche Ernährungsweise gelernt. Mittlerweile ertappte sich Emily immer öfter dabei, dass sie ihn fragte, wie sie etwas machen sollte.
»Einen goldenen Souvereign«, sagte er. Sie runzelte verwirrt die Stirn, schlug jedoch rasch die Augen nieder, weil er im Schein des Feuers noch besser und verführerischer aussah als sonst. Die Dunkelheit um sie herum schien sie einzuhüllen und vermittelte Emily ein Gefühl der Geborgenheit.
»Wie bitte?«, murmelte sie, ehe sie einen Schluck von ihrer Diät-Cola trank. Sie hatte nicht die Absicht, in dieser Situation etwas Alkoholisches anzurühren.
»Ich glaube, ihr sagt immer: 'Einen Penny für deine Gedanken.- Ich biete mehr. Ich biete dir all das Gold an, das im Fundament dieses Hauses versteckt ist.«
Sie starrte ihn kurz aus weit aufgerissenen Augen an. »Ich habe an gar nichts gedacht«, behauptete sie. Sie gestattete sich nicht, ihn um nähere Auskünfte über das Gold zu bitten. »Ich bin nur müde.«
»Emily, du kannst jeden anlügen, nur nicht mich. Was ist los?«
»Du kannst meine Gedanken lesen - sag du’s mir«, erwiderte sie spitz.
»Dein Leben ist ein Trümmerhaufen, und du weißt nicht, wie du die Stücke wieder zu einem Ganzen zusammensetzten kannst«, sagte er ruhig.
Er hatte ins Schwarze getroffen. Sie versuchte, etwas zu sagen, brachte aber kein Wort heraus. Sie wollte tapfer und stark sein und sich einreden, dass alles gut werden würde, doch das gelang ihr nicht mehr. Noch ehe sie wusste, wie ihr geschah, liefen ihr die Tränen über die Wangen.
»Emily«, hauchte Michael. Als er versuchte, sie in die Arme zu nehmen, wehrte sie ihn ab, doch er hielt sie fest. »Es" war nicht fair von dir«, beschwerte sie sich und trommelte mit der Faust gegen seine Brust. Er zuckte nicht mit der Wimper, sondern drückte ihren Kopf an seinen weichen Wollpullover. »Ich war glücklich. Vielleicht ist Donald ein Mistkerl, vielleicht hätte ich als seine Frau ein elendes Leben geführt und vielleicht wollte er mich aus den falschen Gründen heiraten, aber ich hatte keine Ahnung von alldem. Ich war glücklich. Verstehst du?«
»Ja, natürlich.« Er hielt sie und strich ihr sanft
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