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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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Freiheitsstatue, die ihre Fackel Richtung Staten Island ausstreckte. Sie war trotz der Sonne in eine kleine Nebelwolke gehüllt. Endlich entdeckte er Garrett.
    Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, führte er in aller Ruhe seinen Hund aus, den Furcht erregenden Cujo, der ein paar Meter vor ihm hertrottete.
    Da er noch ziemlich weit von dem Arzt entfernt war, rief Nathan ihm hinterher:
    »Was soll das bedeuten?«
    Garrett wandte sich um. Er schien nicht sonderlich überrascht, ihn zu sehen, als habe er von jeher gewusst, dass diese Geschichte hier und auf diese Weise enden würde.
    »Nathan, ich glaube, Sie wissen das sehr genau.«
    »Das hatten Sie mir aber nicht gesagt«, protestierte der Anwalt, als er Garrett eingeholt hatte, »Sie hatten behauptet, ich würde sterben.«
    Garrett schüttelte energisch den Kopf.
    »Das habe ich nie behauptet. Sie haben sich das eingebildet.«
    »Weil Sie es gesagt haben. Ich habe doch nicht geträumt.«
    Er erinnerte sich, dass er Goodrich die Frage gestellt hatte: Sind Sie meinetwegen hier?
    Und während er nachdachte, begriff er, dass Garrett Recht hatte: Der Arzt hatte ihm niemals deutlich gesagt, dass er sterben werde. Das einzige Mal, dass er so etwas Ähnliches wie eine Antwort gegeben hatte, war während ihrer Unterhaltung in der Cafeteria des Krankenhauses gewesen. Und da hatte Garrett protestiert: Das habe ich so nicht gesagt . Aber Nathan hatte es vorgezogen, seine Bemerkung nicht zu beachten.
    Jetzt fielen ihm weitere Äußerungen Goodrichs ein.
    Es gibt Menschen, die jene, die sterben werden, auf den großen Sprung in die andere Welt vorbereiten.
    Ihre Rolle besteht darin, die friedliche Trennung von den Lebenden vorzubereiten.
    Es ist eine Art Bruderschaft.
    Die Welt ist voller Boten, aber nur wenige Menschen wissen von ihrer Existenz.
    Ich bin kein Halbgott. Ich bin nur ein Mensch, genau wie Sie.
    Dieser letzte Satz ging ihm unter die Haut.
    Genau wie Sie…
    Nathan zitterte. Er hatte alle Teile des Puzzles vor Augen gehabt, aber er hatte nichts geahnt.
    Er blickte Garrett fest in die Augen.
    »Sie sind also nicht gekommen, um mir meinen Tod anzukündigen.«
    »Das stimmt«, gab der Arzt zu und seine Stimme klang resigniert, »das war nicht der Grund, aus dem ich Kontakt zu Ihnen aufgenommen habe.«
    »Sie wollten mich informieren, dass ich ein Bote werden würde, nicht wahr?«
    Goodrich nickte zustimmend.
    »Ja, ich musste Ihnen diese verborgene Seite der Wirklichkeit enthüllen. Meine Rolle bestand darin, Sie in diese Aufgabe einzuweisen, mich zu vergewissern, dass Sie fähig sein würden, die Rolle zu übernehmen, die Ihnen übertragen wurde.« »Aber warum ich?«
    Garrett breitete schicksalsergeben die Arme aus.
    »Versuchen Sie nicht zu begreifen, was man nicht erklären kann.«
    Der Wind war stärker geworden. Es wurde Zeit für Nathan, die Bestätigung zu erhalten, die er suchte. »Mallory wird sterben, nicht wahr?«
    Garrett legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte sehr sanft:
    »Ja, Nathan, das befürchte ich.«
    Der junge Anwalt stieß die Hand des Arztes, die trösten wollte, schroff zurück.
    »Aber warum?«, rief er verzweifelt.
    Garrett atmete tief durch, bevor er erklärte:
    »Die erste Aufgabe, die auf den neuen Boten wartet, ist schwierig, weil sie darin besteht, die Person zum Tod zu begleiten, die ihm am nächsten steht.«
    »Das ist schändlich«, rief Nathan und ging drohend auf den Arzt zu.
    Einige neugierig gewordene Spaziergänger waren stehen geblieben, um die Szene zu beobachten.
    »Beruhigen Sie sich. Ich habe die Regeln nicht aufgestellt«, erwiderte Goodrich niedergeschlagen. »Ich habe das selbst durchgemacht, Nathan.«
    Sein Blick verriet die Erinnerung an Emily, was Nathans Zorn besänftigte.
    »Warum?«, fragte er resigniert. »Warum muss man den Tod des geliebten Menschen erleben, um diesen Status zu erlangen?«
    »Das war schon immer so. Das ist der Preis, den man zahlen muss, um Bote zu werden.«
    Der Anwalt empörte sich:
    »Aber was für ein Preis? Ich hatte doch nie die Wahl.«
    Auf dieses Argument hatte Garrett gewartet.
    »Das stimmt nicht, Nathan. Sie selbst haben beschlossen, zurückzukommen.«
    »Sie reden Unsinn.«
    Goodrich betrachtete Nathan voller Mitgefühl. Er fühlte sich um fünfundzwanzig Jahre zurückversetzt, in die Zeit, da er als junger Arzt die gleiche Prüfung bestehen musste. Wie gern hätte er ihn getröstet, denn er wusste, wie schwierig es war, diese Enthüllung zu akzeptieren.
    »Erinnern Sie

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