Ein Erzfeind zum Verlieben
mehr zu hoffen. Aber für heute würde sie ihre gegenseitige Zuneigung und ihr Verlangen akzeptieren und dankbar dafür sein.
Entschlossen zog sie sich fertig an und verließ ihr Zimmer, um in die Küche zu gehen.
Am heutigen Morgen würde sie das Frühstück zubereiten. Es ging ihr nicht darum, Whit zu betören, versicherte sie sich, als sie unten ankam. Er hatte gestern für sie gekocht, und es war nur gerecht, dass sie nun am Herd an die Reihe kam. Auch wenn ihr nicht ganz klar war, wie er funktionierte. Aber wie schwer konnte das schon sein? Ein bisschen Holz, ein kleines Feuer, die Tür schließen …
»Guten Morgen, meine Liebe.«
Bei der Begrüßung und dem harten Griff, der sich um ihren Unterarm schloss, fuhr Mirabelle zusammen. Sie unterdrückte ein Schaudern, als Mr Hartsinger sie zu sich umdrehte. In seiner Gegenwart fühlte sie sich stets unwohl. Zum Teil wohl deshalb, weil er der einzige Freund ihres Onkels war, bei dem sie sich nicht völlig sicher war, ob sie schneller laufen konnte als er.
Er war groß und spindeldürr, mit fettigem schwarzem Haar, das ihm in schmutzigen Büscheln über die Ohren fiel, wodurch er wie ein uralter Mopp aussah. Er passte nicht recht zu den Herrenabenden ihres Onkels und war dort auch ziemlich neu, denn dies war erst sein dritter Besuch. Anders als die anderen Gäste gab er sich nicht als großer Jäger aus, und auch wenn er dem Wein und Schnaps genauso zusprach wie alle anderen, blieb er während der Gelage oft schweigsam und hielt sich ein wenig abseits.
Das hätte ihm bei Mirabelle Pluspunkte einbringen können, aber er hatte etwas an sich, bei dem sie sich zutiefst unwohl fühlte. Der Griff seiner knochigen Finger war zu hart, und in seinen kleinen, dunklen Augen lag stets ein dunkles, boshaftes Lächeln.
»Mr Hartsinger.« Er ließ ihren Arm los, und innerlich seufzte sie erleichtert. »Sie sind recht früh auf.«
»Ich muss mich noch um einiges kümmern, bevor ich heute Abend abreise. Ich fürchte, ich muss meinen Aufenthalt abkürzen. Meine Pflichten in St. Brigit rufen.«
»Oh, nun …« Dem Himmel sei Dank! »Es tut mir leid, das zu hören.«
»Keine Sorge, meine Liebe. Wir werden einander wiedersehen.«
»Ja, natürlich, mein Onkel ist in seinen Einladungen sehr loyal. Gewiss werden wir uns im Herbst wieder begegnen.« Sie war sich nicht ganz sicher, ob man in seinen Einladungen loyal sein konnte, aber die diplomatische – wenn auch möglicherweise unsinnige – Antwort fiel ihr leichter, als erneut zu lügen.
Ihm schien es jedenfalls nichts auszumachen. Er lachte, ein schrilles Wiehern, bei dem sie eine Gänsehaut bekam. »Im Herbst vielleicht nicht, meine Liebe, da ich sehr beschäftigt bin, aber schon bald, schon bald.«
»Äh … ja.« Darauf fiel Mirabelle keine einzige Entgegnung ein, da in ihren Augen jede künftige Begegnung mit ihm viel zu früh sein würde.
»Sie haben etwas Liebreizendes an sich«, murmelte er, und zu ihrem grenzenlosen Entsetzen strich er ihr mit seinem knochigen Finger über die Wange.
Sie fuhr zurück. »Mr Hartsinger, Sie vergessen sich.«
»Das tue ich allerdings, meine Liebe«, erwiderte er mit demselben unheimlichen Kichern und ließ die Hand sinken. »Das tue ich allerdings. Es wäre mir ein Graus, wenn es mit uns keinen guten Anfang nehmen würde. Sie nehmen doch meine Entschuldigung an?«
Nein. »Gewiss haben Sie es sehr eilig«, murmelte sie und zog sich in Richtung Treppe zurück.
Auf dem Weg nach oben rannte sie zwar nicht, aber viel fehlte nicht dazu. Wie bei den Jagdtrophäen im Studierzimmer ihres Onkels hatte sie das Gefühl, dass Mr Hartsingers dunkle Augen ihr folgten. Whit sollte sich sein Frühstück doch lieber selbst machen, beschloss sie, als sie den Treppenabsatz erreichte und zu ihrem Zimmer eilte.
Ohne stehen zu bleiben, warf sie einen Blick zurück, um sich zu vergewissern, dass er ihr nicht folgte.
Und prallte gegen eine massive Wand aus Hemd und Muskeln.
Sie schrie auf und schlug um sich, doch zwei starke Hände hielten sie fest.
»Mirabelle«, sagte Whit über ihrem Kopf. »Ruhig, nur ruhig. Was ist los?«
Sie presste eine Hand auf ihr Herz, um sich zu beruhigen. »Nichts. Gar nichts. Es ist lächerlich.«
Whits Griff um ihre Arme verstärkte sich. »Sag es mir.«
Mirabelle schüttelte den Kopf und lachte nervös. Sie hatte viel zu heftig reagiert. Der Mann hatte sich lediglich eine kleine und im Wesentlichen harmlose Freiheit herausgenommen. »Ich bin nur töricht. Mr
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