Ein Erzfeind zum Verlieben
beschützen.
»Wohl wahr. Obwohl es klug gewesen wäre, mir so was wie eine Warnung zukommen zu lassen. Sie haben Glück, dass ich Ihnen keine Kugel in den Leib gejagt habe.«
McAlistair zuckte die Achseln.
Der andere Mann ließ die Schultern kreisen. »Ist wohl bald zu Ende. Wird auch verdammt noch mal Zeit.« Mit dem Kopf deutete er zu der Box am Ende der Stallgasse. »Können im Moment nur warten. Wenn Sie wollen, ich hab hier ’n bisschen gestohlenen Brandy.«
McAlistair dachte darüber nach. »Hätte nichts dagegen.«
22
Benommen lag Mirabelle unter Whit. Das war es also, wovon ihr Onkel und seine Freunde so oft und so derb sprachen. Aus ihren unzensierten Bemerkungen hatte sie entnommen, was zwischen einem Mann und einer Frau hinter geschlossenen Türen vor sich ging, und durch die Art, wie sie darüber gesprochen hatten, hatte sie gewusst, dass ein Mann großes Vergnügen daran fand. Aber sie hatte keine Ahnung gehabt, nicht einmal vermutet …
Außerstande, die Worte zu finden, seufzte sie glücklich.
Whit regte sich und stemmte sich auf die Ellbogen hoch. »Ich erdrücke dich.«
»Nein. Nun ja, schon«, räumte sie ein und lächelte ihn an. »Aber es gefällt mir recht gut.«
Nicht gerade Dichtkunst, aber das Beste, was sie unter den gegenwärtigen Umständen zustande brachte. Er lächelte zurück und schlang die Arme um sie, dann rollte er sich mit ihr in den Armen auf die Seite. Für einen langen Moment blieben sie so liegen und betrachteten einander in zufriedenem Schweigen. Sie könnte, dachte sie, als sich Schläfrigkeit in ihr ausbreitete, für den Rest ihres Lebens in seine blauen Augen schauen.
Das Aufheulen des Windes und das anschließende Knarren von Holz waren ihr eine prompte Mahnung, mit dem Rest ihres Lebens lieber nicht gerade dann zu beginnen, während sie im Haus ihres Onkels neben einem nackten Mann lag. Nicht einmal, wenn es ihr eigenes Zimmer war.
Rasch setzte Mirabelle sich auf und griff nach ihrem Unterkleid. »Wir sollten uns anziehen. Was ist, wenn uns jemand gehört hat? Oder wenn jemand nachsehen kommt? Was, wenn …«
Sie verstummte, weil er sich weder bewegt noch geantwortet hatte. Als sie zu ihm hinüberschaute, lag er reglos da, den Blick auf eine Stelle irgendwo unter ihrem Schlüsselbein gerichtet.
Aus verengten Augen sah sie ihn an. »Was tust du da?«
»Ich nehme mir gerade vor, dich künftig so oft wie möglich zu erschrecken, wenn du nackt bist.«
Sie ergriff sein Hemd und warf es ihm zu. »Anziehen.«
Lachend fing er es auf. »Niemand kann uns gehört haben, Kobold. Der nächste Raum liegt mehrere Türen weiter. Und von den Dienern wäre es keinem so wichtig, dass er nachsehen käme, wenn er etwas gehört hätte – was ich stark bezweifle.« Er bedachte sie mit einem anzüglichen kleinen Lächeln. »Du bist leise, wenn du liebst.«
Mirabelle errötete und schlüpfte in ihr Unterkleid. »Nichtsdestoweniger würde ich mich besser fühlen, wenn wir einfach … anderswo wären. Wir könnten doch in den Stall gehen.«
Whit machte es sich wieder auf dem Bett bequem. »Nein, danke. Die Vorstellung, wie Christian mir einen Dolch in den Leib rammt, behagt mir gar nicht.«
»Warum um alles in der Welt sollte er das tun? Er hat doch keine Ahnung.«
Er legte den Kopf schief und lächelte sie an. »Wirf einen Blick in den Spiegel, Liebling.«
»Den Spiegel?«
Mirabelle kniete sich hin und betrachtete sich im Spiegel auf dem Toilettentisch. Gütiger Gott, war die Frau, die ihr entgegenblickte, wirklich sie? Ihr Unterkleid war bis zur Unkenntlichkeit zerknittert, ihr Haar zerzaust und völlig verfilzt. Ihre Lippen waren angeschwollen, ihre Lider schwer, und ihre Haut glühte förmlich. Kein Wunder, dass Christian sie nicht sehen sollte. Sie wirkte lüstern und berauscht.
Und mit beidem ganz entschieden zufrieden.
Beinahe so zufrieden wie Whit, dachte sie, als sie ihn im Spiegel erblickte. Er hatte sich in die Kissen zurückgelehnt, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, die Decke behaglich um die Hüfte gelegt, und auf seinem Gesicht lag ein zufriedenes Lächeln. Sein Hemd hatte er noch nicht wieder angezogen, und ihr Blick wanderte über die glatten Muskeln seiner Brust und seiner Arme. Sie hatte ihn dort berührt, erinnerte sie sich ein wenig ehrfürchtig. Sie hatte mit Händen und Fingern darübergestrichen, hatte ihn gepackt und … sie kniff die Augen zusammen und besah sich eine Stelle an seiner Schulter genauer.
Waren das etwa Kratzer? Sie drehte
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