Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Erzfeind zum Verlieben

Ein Erzfeind zum Verlieben

Titel: Ein Erzfeind zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alissa Johnson
Vom Netzwerk:
Hilfe hatte sie sich auf dem Heuboden ein schönes kleines Nest mit Kissen und Decken eingerichtet, wo sie in Frieden schlafen konnte. Sie bezweifelte, dass jemals ein Mensch ihre nächtliche Abwesenheit bemerkt hatte, und falls doch … nun, am nächsten Morgen erinnerten sich die Betreffenden gewiss nicht mehr daran.
    Vielleicht war es feige von ihr, sich vor Whit zu verstecken, aber sie war noch nicht bereit, sich seinen Fragen oder seinen Reaktionen auf ihre Antworten zu stellen. Ihn zu meiden war keine edlere Taktik als alles abzustreiten, aber ihre Möglichkeiten waren, wie sie wusste, begrenzt und wurden zunehmend begrenzter.
    Als sie hereinkam, füllte Christian gerade die Wassereimer in den Ställen, eine Aufgabe, die ihm mit seinem lahmen, schwachen Arm und so ganz allein schwerfallen musste. Sie hätte ihm gern Hilfe angeboten, wusste aber, dass dies seinen Stolz verletzt hätte.
    Er stellte den letzten Eimer ab und kam langsam auf sie zu. Er war ein gebeugter, zerlumpter Mann und hätte einen erschreckenden Anblick geboten, wären da nicht sein schnelles Lächeln und die leuchtend grünen Augen gewesen. Sein Alter ließ sich aufgrund der dauerhaften Schmutzschicht auf seinem Gesicht und wegen der nackten Arme unmöglich bestimmen, aber nach ihrer Schätzung musste er etwa fünfundvierzig Jahre alt sein.
    Er arbeitete erst seit wenigen Jahren für ihren Onkel. Zuerst war sie ihm aus dem Weg gegangen – wie allen Männern im Hause, ob sie nun Diener waren oder nicht –, bis er sie eines Tages auf dem Heuboden gefunden hatte, wo sie sich versteckte, während ihr Onkel wegen einer zerbrochenen Vase im Haus tobte und raste. Er hatte ihr eine Decke gebracht, sich neben sie gesetzt und ihr Geschichten über seine Kindheit in Irland erzählt. Seitdem fühlte sie sich bei ihm sicher.
    »Sind heute Abend ziemlich wild, wie?«, bemerkte Christian, als sie hereinkam.
    »Warum fragen Sie?«, gab sie zurück, als er vor ihr stehen blieb. »Sie waren gerade im Haus.«
    »Aye. Und Sie im Studierzimmer. Möchten Sie darüber reden oder lieber nicht?«
    »Lieber nicht«, beschloss sie. »Für alles andere bin ich zu müde.«
    »Kleiner Streit mit Lord Thurston?«
    »Darüber möchte ich lieber auch nicht sprechen … er kann ein so unglaublicher Mistkerl sein.«
    »Sie haben jetzt ein ganzes Haus voller Mistkerle«, gab er zu bedenken.
    »Ja, aber von denen habe ich es erwartet.«
    »Ah, dann hat er Sie also enttäuscht«, sagte er.
    »Ja. Nein.« Sie warf die Arme hoch. »Ich weiß es nicht.«
    »Dann sollten Sie es vielleicht rausfinden, Mädel.«
    Sie seufzte und ging zu einer Strickleiter, die vom Heuboden herabhing. »Für heute Abend würde ich es lieber einfach ignorieren.«
    »Na gut.«
    Er hielt die Leiter fest, während sie hinaufkletterte. Als sie oben war, zog sie die Leiter hinter sich hoch.
    »Haben Sie dann alles, was Sie brauchen, Mädel?«
    »Ja, danke!«, rief sie hinunter. »Und Sie?«
    »Aye.«
    Sie zog ihr Bettzeug aus einer kleinen Kiste, die im Heu versteckt war. Dann schüttelte sie den schlimmsten Staub ab, bevor sie die Decke ausbreitete, das Kissen daraufwarf und in ihr Notbett kroch.
    In der Vergangenheit hatten sie das leise Schnarchen und Wiehern der Gastpferde und die beruhigenden Schritte von Christian, der durch den Stall schlurfte, immer in den Schlaf gewiegt. Aber heute Abend lag sie mit offenen Augen da und starrte an die Holzdecke.
    Was sollte sie nur tun? Es war erst ein Tag vergangen. Erst ein Tag, und schon hatten ihr Onkel und seine Freunde sie vor Whit gedemütigt. Und um es noch schlimmer zu machen, Whit war offensichtlich wütend.
    Das war nichts Neues, rief sie sich ins Gedächtnis. Whit war in der Vergangenheit fast immer wütend auf sie gewesen. Doch während Lady Thurstons Gesellschaft hatten sich die Dinge verändert – ihrer Meinung nach auf wunderbare Weise. Sie waren Freunde geworden, vielleicht sogar mehr, und jetzt … und jetzt schlief sie auf einem Heuboden, während Whit wahrscheinlich in seinem Zimmer stand und sie verfluchte.
    Sie drehte sich auf die Seite, um es sich bequem zu machen.
    Sie konnte natürlich gehen. Sie konnte es Whit überlassen, sich um den lächerlichen Verdacht der Geldfälscherei zu kümmern. Sie konnte ihrem Onkel sagen, dass er zur Hölle fahren solle, und sie konnte zur Tür hinaus und auf die Straße nach Haldon gehen. Dort war sie willkommen … als Gast. Zumindest bis Whit zurückkehrte und sie wieder hinauswarf.
    Lieber Gott, wo

Weitere Kostenlose Bücher