Ein Erzfeind zum Verlieben
sollte sie nur hin?
Wenn das alles doch nur zwei Jahre später passiert wäre. Dann hätte sie ihre fünftausend Pfund gehabt und das kleine Cottage am Rande der Stadt, das sie sich dann würde leisten können. Sie würde Kate, Evie und Lady Thurston zu sich einladen und sie als Gäste willkommen heißen. Sie wollte ihren Stolz nicht nur die nächsten zwei Jahre behalten, sondern ihr Leben lang.
Sie wollte so vieles, dachte sie kläglich.
»Wir kriegen Gesellschaft, Mädel.« Wie ein Messer schnitt Christians Stimme durch ihre Grübeleien.
»Was?« Sie richtete sich abrupt auf, kroch zum Rand des Heubodens und sah gerade noch, wie Whit hereinkam. Ganz langsam und vorsichtig duckte sie sich.
»Sie sind Christian, nicht wahr?«, erkundigte sich Whit.
»Aye.«
»Ich suche Miss Browning.«
»Um diese Nachtzeit sehen Sie am besten im Haus nach«, meinte Christian.
»Das habe ich bereits.«
»Dann will die Dame wohl nicht gefunden werden. Sie sind Lord Thurston, oder?«
»Ja.«
»Sie stehen im Ruf, ein Gentleman zu sein.«
»Verdient, wie ich hoffe.«
»Darf ein einfacher Stallbursche fragen, was Sie vorhaben, dass Sie nach einer Dame suchen, während alle schlafen?«
Whit neigte den Kopf. »Ich will ihr nichts Böses. Sie haben mein Wort.«
»Sie redet gut von Ihnen und Ihrer Familie. Wenn sie hier ist, redet sie von nichts anderem.« Christian nickte kurz und zeigte mit dem Daumen in Mirabelles Richtung. »Sie ist auf dem Heuboden.«
Mirabelle schnappte nach Luft und richtete sich auf. »Sie Verräter.«
Christian zuckte nur die Achseln und schlenderte auf die Stalltüren zu. »Wenn Sie nicht wollen, dass er Sie belästigt, lassen Sie einfach die Leiter oben.«
Whit ging durch die Stallgasse, bis er fast unter ihr stand.
»Kommst du herunter, Kobold? Oder soll ich zu dir kommen?«
Sie hielt das Ende der Leiter hoch, sodass er es sehen konnte. »Falls da kein Irrtum besteht und Schweine doch fliegen können, hast du Pech gehabt.«
»Dann komme ich zu dir.«
Er peilte den Heuboden an, der mehrere Fuß außerhalb seiner Reichweite lag. Dann ging er ein paar Schritte rückwärts.
»Was tust du da?«, fragte sie misstrauisch.
Er ignorierte sie. Er duckte sich, nahm Anlauf, sprang und bekam den Heuboden zu ihren Knien zu fassen.
Sie war so verblüfft, dass sie ihn nur anstarren konnte, während er sich an den Händen hochzog, bis er zuerst den einen, dann den anderen Ellbogen aufstemmte. Als ihr der Gedanke kam, dass sie ihn ganz leicht hinunterwerfen könnte – ungefähr in dem Moment, als sie aufhörte, das Spiel der Muskeln unter seinem Hemd zu beobachten –, zog er sich bereits hoch, und die Gelegenheit war dahin.
»Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast«, flüsterte sie verblüfft.
»Du hast es doch gesehen, oder?«
»Ja, aber …« Sie beugte sich vor und spähte über den Rand. Es kam ihr sehr tief vor. »Das müssen vier Meter sein …«
»Höchstens drei«, versicherte er ihr und machte es sich neben ihr im Heu bequem. »Ich bin von Natur aus gelenkig. Warum schläfst du im Stall?«
»Du bist wie eine Sprungfeder«, hauchte sie und sah ihn wieder an.
»Der Stall, Mirabelle. Warum schläfst du hier?«
Sie öffnete den Mund, um eine weitere Bemerkung über seine Beweglichkeit zu machen, kam dann aber zu dem Schluss, dass er sie ohnehin nur ignorieren würde. Sie lehnte sich an einen Heuballen und betrachtete Whit stirnrunzelnd.
»Wenn mir daran gelegen wäre, deine Fragen zu beantworten, hätte ich das im Studierzimmer getan. Außerdem scheinst du deine eigene Vorstellung darüber zu haben, was ich im Stall tun könnte … mit Christian.«
»Ich habe nicht nach deiner Freundschaft mit Christian gefragt, um dich zu kränken«, sagte er. »Ich habe gefragt, weil ich hoffte, du würdest mir sagen, dass du ihm vertraust. Ich wüsste gern, dass du hier jemanden hast, auf den du dich verlassen kannst. Mehr war es nicht, glaub mir.«
»Oh. Nun.« Sie veränderte ihre Position im Heu, unerklärlicherweise verärgert über seine Erklärung. Sie war jetzt nicht in der Stimmung, mit ihm zu streiten, aber auf jeden Fall in der Stimmung, wütend auf ihn zu sein. Und wenn sie jetzt wütend auf ihn wurde, würden sie sich nachher womöglich streiten.
»Ich bitte dich noch nicht, meine Entschuldigung anzunehmen«, fuhr Whit fort, »weil ich vermutlich erneut darum bitten werde, wenn wir hier fertig sind. Es gibt da ein paar Dinge, die ich wissen muss, Mirabelle.«
»Whit …«
Er nahm
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