Ein Ex, ein Kuss - und neues Glück?
erwiderte nichts darauf, dazu war sie zu wütend. Warum musste Josh schon wieder gegen seinen Bruder angehen? Sie stand vorsichtig mit Posie auf und stützte dabei ihren Kopf. Dann legte sie die Kleine in ihr Bettchen neben dem Sessel.
Posie verzog kurz das Gesicht, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Aber als Grace ihr die Hand auf den Bauch legte, entspannte sie sich wieder. Der Körperkontakt schien sie zu beruhigen.
Sobald das Baby wieder eingeschlafen war, schaltete Grace den Wasserkocher ein – um etwas zu tun zu haben, nicht etwa, weil sie wirklich etwas trinken wollte.
„Ich habe übrigens deine alte Kellerwohnung für dich vorbereitet“, erklärte sie. „Das Bett ist frisch bezogen, und im Kühlschrank sind ein paar Lebensmittel. Du bist bestimmt müde nach dem langen Flug.“
„Ja, aber ich bleibe noch ein bisschen wach. Je schneller ich mich an diese Zeitzone gewöhne, desto besser.“
„Auch gut. Ich würde jetzt übrigens etwas essen, im Ofen steht noch ein Eintopf. Wenn du dich wirklich so schnell wie möglich auf die englischen Ess- und Schlafgewohnheiten umstellen willst, isst du am besten gleich mit.“
Er schüttelte den Kopf. „Danke, aber ich habe keinen Hunger.“
„Tja, seltsamerweise geht es mir ähnlich“, gab sie zurück. „Aber leider kann ich es mir nicht leisten, eine Mahlzeit auszulassen. Ich muss mich schließlich um Posie kümmern.“
Dann hielt sie inne. Das war unfair, sagte sie sich. Josh ist gerade um die halbe Welt geflogen, da hat er es nicht verdient, so angezickt zu werden.
„Möchtest du vielleicht erst mal duschen und dich rasieren?“, schlug sie vor. „Dann kannst du ja immer noch weitersehen.“
Er strich sich über das Kinn. „Der Bart gefällt dir wohl nicht, was?“
„Wie bitte?“ Sie betrachtete ihn lange – endlich hatte sie einen guten Vorwand, das unauffällig zu tun. „Ist das etwa Absicht?“
Einen Augenblick lang zuckte es um seine Mundwinkel. Damals, zu Schulzeiten, hatte er mit seinem Lächeln die Herzen aller Mädchen zum Schmelzen gebracht. Und auch Graces Pulsschlag beschleunigte sich spürbar. Offenbar waren auch vernünftige, erwachsene Frauen nicht gegen seinen Charme gewappnet …
Andererseits war sie sowieso ein mehr als hoffnungsloser Fall, was ihn anging. „Sorry, Josh“, sagte sie schließlich. „Ich dachte wirklich erst, du hättest vergessen, deinen Rasierer einzupacken.“
„Tja, wenn das so wäre, sähe mein Bart jetzt ganz anders aus. Ich habe ja immer noch die Reisetasche dabei, mit der ich schon in China und Nepal war. Hoffentlich hast du noch Platz in deiner Waschmaschi…“
Er hielt inne, als ein leises Wimmern aus dem Kinderbettchen kam. Ein Wimmern, das sich schnell zu einem lauten Weinen entwickelte.
Grace stöhnte. „Ich dachte mir schon, dass sie nicht lange so ruhig bleiben würde“, sagte sie. „In den letzten Tagen war sie sehr aufgewühlt. Ich glaube, sie spürt, dass etwas nicht in Ordnung ist.“
Josh stellte sich ans Bettchen und legte Posie langsam und vorsichtig die Hand auf den Bauch – so, wie er es vorhin bei Grace beobachtet hatte.
Sofort hörte Posie auf zu weinen und betrachtete den großen Mann, der sich über sie beugte, mit weit aufgerissenen Augen. Dann streckte sie eine kleine Faust nach ihrem Onkel aus. Er hockte sich neben das Bettchen und berührte ihre Hand mit dem Zeigefinger.
Grace hielt den Atem an.
Damals war Josh außer sich vor Wut gewesen, als sie ihm gesagt hatte, dass es zu spät sei, ihre Leihmutterschaft zu verhindern. Sie sei bereits schwanger und wolle das Kind für ihre Schwester als Leihmutter austragen.
Inzwischen war Posie drei Monate alt. Grace hatte keinerlei Vorstellung davon gehabt, wie er auf die Kleine reagieren würde. Als junger Mann hatte er immer wieder betont, dass er nie im Leben Vater werden wollte.
Ihr schlug das Herz bis zum Hals, als sie die erste Kontaktaufnahme der beiden beobachtete. Bestimmt würde Josh sie gleich fragen, wie sie so etwas nur hatte tun können. Wie sie es fertiggebracht hatte, neun Monate lang ein Kind im Bauch zu tragen, seine ersten Bewegungen zu spüren, bloß um es am Ende ihrer Schwester und seinem Bruder zu überlassen.
Zumindest hatten andere Leute ihr diese Fragen gestellt. Ihre engsten Freunde nicht, die hatten sie verstanden. Aber eine Lokalreporterin hatte irgendwie etwas von der Geschichte mitbekommen und daraufhin Grace angerufen und sie von vorn bis hinten ausgefragt. Wie es zu dieser
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